Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Bewegung des Herzens.

Er macht nämlich die ganze von dem fleischigen We-
sen des Herzens hervorgebrachte Bewegung so groß, als
die Summe derer Factoren ist, welche aus allen Queer-
schnitten aller Blutfäden entstanden sind, die man in ih-
re Geschwindigkeiten und Längen gerechnet hat. Die
Summe dieser Schnitte, oder die ganze innere Fläche des
Herzens, ist bei diesem berühmten Manne zehn Quadrat-
zolle gros. Denen Fäden gibt er zwo Zolle zur Länge,
welches noch nicht die volle Länge des Herzens ist. Die
Quantität des Blutes, welches aus der linken Kammer
herausgetrieben wird, sezzet er auf zwo Unzen: den Jnn-
halt der Aortenmündung macht er, nach dem Keil,
=0. 4185. die Zeit, in der das Blut aus dem Herzen
herausgepresset wird, sezzet er auf eine Secunde, und die
Masse des linken Herzens auf acht Unzen. Aus diesen
Gründen folgert er nun, es sey die Kraft der rechten
Kammer sechs Pfunden und drei Unzen, die Kraft der
linken Kammer neun Pfunden und einer Unze, die Kraft
des gesammten Herzens, 15 Pfunden und 4 Unzen gleich:
und die völlige Kraft, welche das Herz gegen das Blut
anwendet, sey gleich dreien Pfunden, die in einer Secun-
de einen Zoll durchlaufen (g). Er füget noch hinzu, es
sey dieses nicht das Maaß von dem grössesten Vermögen
des Herzens, sondern nur von der mittelmäßigen Kraft
desselben, und zwar so lange als dieser vornehmste Mus-
kel ohne Ermüdung arbeite.

Jch halte davor, daß dieser berühmte Mann recht
hat, wenn er die Geschwindigkeit als veränderlich ansie-
het, und dieselbe im Anfange, wenn sich die linke Kam-
mer zusammenziehet, 14 und ein Viertheil Fuß, am En-
de 4 und 1/4 Fuß groß macht. Hingegen scheint derselbe
die inwendige Herzfläche gar zu klein genommen zu haben,
gleichwie er auch die Länge derer zwischen dem Blut be-
findlichen Fäden ebenfalls zu kurz angesezzet hat. Weiter

will
(g) Dissert. cit. S. 49.
Jii
Die Bewegung des Herzens.

Er macht naͤmlich die ganze von dem fleiſchigen We-
ſen des Herzens hervorgebrachte Bewegung ſo groß, als
die Summe derer Factoren iſt, welche aus allen Queer-
ſchnitten aller Blutfaͤden entſtanden ſind, die man in ih-
re Geſchwindigkeiten und Laͤngen gerechnet hat. Die
Summe dieſer Schnitte, oder die ganze innere Flaͤche des
Herzens, iſt bei dieſem beruͤhmten Manne zehn Quadrat-
zolle gros. Denen Faͤden gibt er zwo Zolle zur Laͤnge,
welches noch nicht die volle Laͤnge des Herzens iſt. Die
Quantitaͤt des Blutes, welches aus der linken Kammer
herausgetrieben wird, ſezzet er auf zwo Unzen: den Jnn-
halt der Aortenmuͤndung macht er, nach dem Keil,
=0. 4185. die Zeit, in der das Blut aus dem Herzen
herausgepreſſet wird, ſezzet er auf eine Secunde, und die
Maſſe des linken Herzens auf acht Unzen. Aus dieſen
Gruͤnden folgert er nun, es ſey die Kraft der rechten
Kammer ſechs Pfunden und drei Unzen, die Kraft der
linken Kammer neun Pfunden und einer Unze, die Kraft
des geſammten Herzens, 15 Pfunden und 4 Unzen gleich:
und die voͤllige Kraft, welche das Herz gegen das Blut
anwendet, ſey gleich dreien Pfunden, die in einer Secun-
de einen Zoll durchlaufen (g). Er fuͤget noch hinzu, es
ſey dieſes nicht das Maaß von dem groͤſſeſten Vermoͤgen
des Herzens, ſondern nur von der mittelmaͤßigen Kraft
deſſelben, und zwar ſo lange als dieſer vornehmſte Mus-
kel ohne Ermuͤdung arbeite.

Jch halte davor, daß dieſer beruͤhmte Mann recht
hat, wenn er die Geſchwindigkeit als veraͤnderlich anſie-
het, und dieſelbe im Anfange, wenn ſich die linke Kam-
mer zuſammenziehet, 14 und ein Viertheil Fuß, am En-
de 4 und ¼ Fuß groß macht. Hingegen ſcheint derſelbe
die inwendige Herzflaͤche gar zu klein genommen zu haben,
gleichwie er auch die Laͤnge derer zwiſchen dem Blut be-
findlichen Faͤden ebenfalls zu kurz angeſezzet hat. Weiter

will
(g) Diſſert. cit. S. 49.
Jii
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0921" n="865"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Bewegung des Herzens.</hi> </fw><lb/>
            <p>Er macht na&#x0364;mlich die ganze von dem flei&#x017F;chigen We-<lb/>
&#x017F;en des Herzens hervorgebrachte Bewegung &#x017F;o groß, als<lb/>
die Summe derer Factoren i&#x017F;t, welche aus allen Queer-<lb/>
&#x017F;chnitten aller Blutfa&#x0364;den ent&#x017F;tanden &#x017F;ind, die man in ih-<lb/>
re Ge&#x017F;chwindigkeiten und La&#x0364;ngen gerechnet hat. Die<lb/>
Summe die&#x017F;er Schnitte, oder die ganze innere Fla&#x0364;che des<lb/>
Herzens, i&#x017F;t bei die&#x017F;em beru&#x0364;hmten Manne zehn Quadrat-<lb/>
zolle gros. Denen Fa&#x0364;den gibt er zwo Zolle zur La&#x0364;nge,<lb/>
welches noch nicht die volle La&#x0364;nge des Herzens i&#x017F;t. Die<lb/>
Quantita&#x0364;t des Blutes, welches aus der linken Kammer<lb/>
herausgetrieben wird, &#x017F;ezzet er auf zwo Unzen: den Jnn-<lb/>
halt der Aortenmu&#x0364;ndung macht er, nach dem <hi rendition="#fr">Keil,</hi><lb/>
=0. 4185. die Zeit, in der das Blut aus dem Herzen<lb/>
herausgepre&#x017F;&#x017F;et wird, &#x017F;ezzet er auf eine Secunde, und die<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;e des linken Herzens auf acht Unzen. Aus die&#x017F;en<lb/>
Gru&#x0364;nden folgert er nun, es &#x017F;ey die Kraft der rechten<lb/>
Kammer &#x017F;echs Pfunden und drei Unzen, die Kraft der<lb/>
linken Kammer neun Pfunden und einer Unze, die Kraft<lb/>
des ge&#x017F;ammten Herzens, 15 Pfunden und 4 Unzen gleich:<lb/>
und die vo&#x0364;llige Kraft, welche das Herz gegen das Blut<lb/>
anwendet, &#x017F;ey gleich dreien Pfunden, die in einer Secun-<lb/>
de einen Zoll durchlaufen <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq">Di&#x017F;&#x017F;ert. cit.</hi> S. 49.</note>. Er fu&#x0364;get noch hinzu, es<lb/>
&#x017F;ey die&#x017F;es nicht das Maaß von dem gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten Vermo&#x0364;gen<lb/>
des Herzens, &#x017F;ondern nur von der mittelma&#x0364;ßigen Kraft<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben, und zwar &#x017F;o lange als die&#x017F;er vornehm&#x017F;te Mus-<lb/>
kel ohne Ermu&#x0364;dung arbeite.</p><lb/>
            <p>Jch halte davor, daß die&#x017F;er beru&#x0364;hmte Mann recht<lb/>
hat, wenn er die Ge&#x017F;chwindigkeit als vera&#x0364;nderlich an&#x017F;ie-<lb/>
het, und die&#x017F;elbe im Anfange, wenn &#x017F;ich die linke Kam-<lb/>
mer zu&#x017F;ammenziehet, 14 und ein Viertheil Fuß, am En-<lb/>
de 4 und ¼ Fuß groß macht. Hingegen &#x017F;cheint der&#x017F;elbe<lb/>
die inwendige Herzfla&#x0364;che gar zu klein genommen zu haben,<lb/>
gleichwie er auch die La&#x0364;nge derer zwi&#x017F;chen dem Blut be-<lb/>
findlichen Fa&#x0364;den ebenfalls zu kurz ange&#x017F;ezzet hat. Weiter<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Jii</fw><fw place="bottom" type="catch">will</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[865/0921] Die Bewegung des Herzens. Er macht naͤmlich die ganze von dem fleiſchigen We- ſen des Herzens hervorgebrachte Bewegung ſo groß, als die Summe derer Factoren iſt, welche aus allen Queer- ſchnitten aller Blutfaͤden entſtanden ſind, die man in ih- re Geſchwindigkeiten und Laͤngen gerechnet hat. Die Summe dieſer Schnitte, oder die ganze innere Flaͤche des Herzens, iſt bei dieſem beruͤhmten Manne zehn Quadrat- zolle gros. Denen Faͤden gibt er zwo Zolle zur Laͤnge, welches noch nicht die volle Laͤnge des Herzens iſt. Die Quantitaͤt des Blutes, welches aus der linken Kammer herausgetrieben wird, ſezzet er auf zwo Unzen: den Jnn- halt der Aortenmuͤndung macht er, nach dem Keil, =0. 4185. die Zeit, in der das Blut aus dem Herzen herausgepreſſet wird, ſezzet er auf eine Secunde, und die Maſſe des linken Herzens auf acht Unzen. Aus dieſen Gruͤnden folgert er nun, es ſey die Kraft der rechten Kammer ſechs Pfunden und drei Unzen, die Kraft der linken Kammer neun Pfunden und einer Unze, die Kraft des geſammten Herzens, 15 Pfunden und 4 Unzen gleich: und die voͤllige Kraft, welche das Herz gegen das Blut anwendet, ſey gleich dreien Pfunden, die in einer Secun- de einen Zoll durchlaufen (g). Er fuͤget noch hinzu, es ſey dieſes nicht das Maaß von dem groͤſſeſten Vermoͤgen des Herzens, ſondern nur von der mittelmaͤßigen Kraft deſſelben, und zwar ſo lange als dieſer vornehmſte Mus- kel ohne Ermuͤdung arbeite. Jch halte davor, daß dieſer beruͤhmte Mann recht hat, wenn er die Geſchwindigkeit als veraͤnderlich anſie- het, und dieſelbe im Anfange, wenn ſich die linke Kam- mer zuſammenziehet, 14 und ein Viertheil Fuß, am En- de 4 und ¼ Fuß groß macht. Hingegen ſcheint derſelbe die inwendige Herzflaͤche gar zu klein genommen zu haben, gleichwie er auch die Laͤnge derer zwiſchen dem Blut be- findlichen Faͤden ebenfalls zu kurz angeſezzet hat. Weiter will (g) Diſſert. cit. S. 49. Jii

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/921
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 865. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/921>, abgerufen am 22.11.2024.