Johann Tabor schäzzet die Kraft des Herzens nach der Gewalt, welche erfordert wird, wenn die halbmon- denförmigen Klappen, die sich vor der Aortenmündung befinden, sollen zerrissen werden. Er fand aber, vermit- telst eines Versuches, daß diese Kraft 63 Pfunden gleich sey (l). Und hieraus leitet er die Aehnlichkeit her, daß sich die Kraft, welche die Klappen verengert, zu dem Widerstande verhalte, wie der Jnhalt der Grundfläche der Kammer zu dem Jnhalte der Aorte, nämlich wie 4 zu 1, und er fand also, daß die Kraft des linken Herzens allerdings hundert und funfzig Pfunde betrage. Man ersiehet hieraus eben so leicht, daß die Kraft, von wel- cher man voraussezt, daß sie das in der Aorte befindliche Blut gegen die Klappen äussere, höchstens die Helfte (m) von dem Vermögen betrage, wodurch dieses Blut bewe- get wird, und daß folglich diese ganze Rechnung mit der Wahrheit nicht übereintreffe.
§. 47. Des Stephan Hales Berechnung.
Nach diesen hat Stephan Hales, ein in Versuchen höchst fleißiger Mann, eben diese Arbeit übernommen. Er suchte daher das Gewichte ausfindig zu machen, wel- ches sich dem Herzen entgegensezt, so oft dieser Muskel sein Blut ausschüttet; denn dieses Gewichte ist eigentlich selbst die Kraft des Herzens. Er erforschte in der Ab- sicht, durch Versuche, die Höhen des Blutstrals, der aus der verwundeten Halsschlagader an verschiedenen Thieren herausspringt. An einem Hunde fand er diese Höhe sechs Fuß acht Zoll (n): an einem Widder eben so viel Fuß, und sechstehalb Zolle (o): an einem Pferde neun Fuß acht
Zolle
(l)[Spaltenumbruch]Exercit. medic. cap. 5. n. 7.
(m) Vergleiche den Michelot- [tu]sde separat. fluidorum S. 95.
(n)[Spaltenumbruch]Haemastatiks Exp. 8. S. 38.
(o)Exp. 5. S. 27.
Jii 2
Die Bewegung des Herzens.
Johann Tabor ſchaͤzzet die Kraft des Herzens nach der Gewalt, welche erfordert wird, wenn die halbmon- denfoͤrmigen Klappen, die ſich vor der Aortenmuͤndung befinden, ſollen zerriſſen werden. Er fand aber, vermit- telſt eines Verſuches, daß dieſe Kraft 63 Pfunden gleich ſey (l). Und hieraus leitet er die Aehnlichkeit her, daß ſich die Kraft, welche die Klappen verengert, zu dem Widerſtande verhalte, wie der Jnhalt der Grundflaͤche der Kammer zu dem Jnhalte der Aorte, naͤmlich wie 4 zu 1, und er fand alſo, daß die Kraft des linken Herzens allerdings hundert und funfzig Pfunde betrage. Man erſiehet hieraus eben ſo leicht, daß die Kraft, von wel- cher man vorausſezt, daß ſie das in der Aorte befindliche Blut gegen die Klappen aͤuſſere, hoͤchſtens die Helfte (m) von dem Vermoͤgen betrage, wodurch dieſes Blut bewe- get wird, und daß folglich dieſe ganze Rechnung mit der Wahrheit nicht uͤbereintreffe.
§. 47. Des Stephan Hales Berechnung.
Nach dieſen hat Stephan Hales, ein in Verſuchen hoͤchſt fleißiger Mann, eben dieſe Arbeit uͤbernommen. Er ſuchte daher das Gewichte ausfindig zu machen, wel- ches ſich dem Herzen entgegenſezt, ſo oft dieſer Muskel ſein Blut ausſchuͤttet; denn dieſes Gewichte iſt eigentlich ſelbſt die Kraft des Herzens. Er erforſchte in der Ab- ſicht, durch Verſuche, die Hoͤhen des Blutſtrals, der aus der verwundeten Halsſchlagader an verſchiedenen Thieren herausſpringt. An einem Hunde fand er dieſe Hoͤhe ſechs Fuß acht Zoll (n): an einem Widder eben ſo viel Fuß, und ſechſtehalb Zolle (o): an einem Pferde neun Fuß acht
Zolle
(l)[Spaltenumbruch]Exercit. medic. cap. 5. n. 7.
(m) Vergleiche den Michelot- [tu]sde ſeparat. fluidorum S. 95.
(n)[Spaltenumbruch]Hæmaſtatiks Exp. 8. S. 38.
(o)Exp. 5. S. 27.
Jii 2
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Die Bewegung des Herzens.
Johann Tabor ſchaͤzzet die Kraft des Herzens nach
der Gewalt, welche erfordert wird, wenn die halbmon-
denfoͤrmigen Klappen, die ſich vor der Aortenmuͤndung
befinden, ſollen zerriſſen werden. Er fand aber, vermit-
telſt eines Verſuches, daß dieſe Kraft 63 Pfunden gleich
ſey (l). Und hieraus leitet er die Aehnlichkeit her, daß
ſich die Kraft, welche die Klappen verengert, zu dem
Widerſtande verhalte, wie der Jnhalt der Grundflaͤche
der Kammer zu dem Jnhalte der Aorte, naͤmlich wie 4
zu 1, und er fand alſo, daß die Kraft des linken Herzens
allerdings hundert und funfzig Pfunde betrage. Man
erſiehet hieraus eben ſo leicht, daß die Kraft, von wel-
cher man vorausſezt, daß ſie das in der Aorte befindliche
Blut gegen die Klappen aͤuſſere, hoͤchſtens die Helfte (m)
von dem Vermoͤgen betrage, wodurch dieſes Blut bewe-
get wird, und daß folglich dieſe ganze Rechnung mit der
Wahrheit nicht uͤbereintreffe.
§. 47.
Des Stephan Hales Berechnung.
Nach dieſen hat Stephan Hales, ein in Verſuchen
hoͤchſt fleißiger Mann, eben dieſe Arbeit uͤbernommen.
Er ſuchte daher das Gewichte ausfindig zu machen, wel-
ches ſich dem Herzen entgegenſezt, ſo oft dieſer Muskel
ſein Blut ausſchuͤttet; denn dieſes Gewichte iſt eigentlich
ſelbſt die Kraft des Herzens. Er erforſchte in der Ab-
ſicht, durch Verſuche, die Hoͤhen des Blutſtrals, der aus
der verwundeten Halsſchlagader an verſchiedenen Thieren
herausſpringt. An einem Hunde fand er dieſe Hoͤhe ſechs
Fuß acht Zoll (n): an einem Widder eben ſo viel Fuß,
und ſechſtehalb Zolle (o): an einem Pferde neun Fuß acht
Zolle
(l)
Exercit. medic. cap. 5. n. 7.
(m) Vergleiche den Michelot-
tus de ſeparat. fluidorum S. 95.
(n)
Hæmaſtatiks Exp. 8. S. 38.
(o) Exp. 5. S. 27.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 867. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/923>, abgerufen am 23.11.2024.
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