selbst gar nicht geneigt war neue aufzuführen. An denen Berechnungen des Jurins und Stephan Hales(g) tadelt er, daß sie zu der Grundfläche des Cilinders nicht den Jnhalt der Aorte, sondern die Fläche des Herzens an- nähmen, und daß sie solchergestalt das Blutgewicht, wel- ches von dem Herzen unterstüzzet wird, vergrösserten. Er läugnet, daß das Herz ein dichter Körper sey, der das Blut fortstosse, wie es Jurin vorstellt (h); er läugnet, daß man die Blutmasse durch ihr Gewichte gehörig an- deute; er läugnet, daß es recht sey, wenn man zwo Un- zen für das Gewicht einer Blutwelle annimmt, welche aus der linken Kammer herausgetrieben wird; und endlich läugnet er, daß die ganze Kammer völlig ausgeleeret werde. An dem Hales tadelt er, daß er den Stral des springenden Blutes nicht an der Aorte, sondern an der Halsschlagader eines Hundes gemessen, und ihn also zu klein bestimmet hätte (i); und endlich macht er den Schluß, es sey die Kraft des Herzens ungewiß, aber sehr groß, wie man an dem Sprunge selbst sehen könnte, ingleichen auch an den Schlagadersäkken, deren ungemein dikke Häute durch die Kraft des Herzens zerrissen werden, und daß es auch aus dem Gewichte von 50 Pfunden erhelle, welches, wenn es an den Fuß angehängt worden, mit jedem Pulsschlage in die Höhe steigt. Nach diesem Ver- suche, da das Gewichte in einer so grossen Entfernung von dem Ruhepunkte angehängt, und dennoch von dem Herzen, welches sich näher am Ruhepunkte befindet, in die Höhe gehoben wird, schäzzet er die Kraft des Herzens, welches das Blut durch die Schienbeinschlagader treibt, auf vierhundert Pfunde (k). Jch habe übrigens viele
von
(g)[Spaltenumbruch]
Am angef. Ort S. 468. 475.
(h) S. 471.
(i) S. 474. 482. 484. Eben die- [Spaltenumbruch]
se Klage führt auch der berühmte J. Rudolph Stähelin, in der Di- sputat. de Pulsibus S. 5.
(k)T. II. S. 153.
Viertes Buch. Das Herz.
ſelbſt gar nicht geneigt war neue aufzufuͤhren. An denen Berechnungen des Jurins und Stephan Hales(g) tadelt er, daß ſie zu der Grundflaͤche des Cilinders nicht den Jnhalt der Aorte, ſondern die Flaͤche des Herzens an- naͤhmen, und daß ſie ſolchergeſtalt das Blutgewicht, wel- ches von dem Herzen unterſtuͤzzet wird, vergroͤſſerten. Er laͤugnet, daß das Herz ein dichter Koͤrper ſey, der das Blut fortſtoſſe, wie es Jurin vorſtellt (h); er laͤugnet, daß man die Blutmaſſe durch ihr Gewichte gehoͤrig an- deute; er laͤugnet, daß es recht ſey, wenn man zwo Un- zen fuͤr das Gewicht einer Blutwelle annimmt, welche aus der linken Kammer herausgetrieben wird; und endlich laͤugnet er, daß die ganze Kammer voͤllig ausgeleeret werde. An dem Hales tadelt er, daß er den Stral des ſpringenden Blutes nicht an der Aorte, ſondern an der Halsſchlagader eines Hundes gemeſſen, und ihn alſo zu klein beſtimmet haͤtte (i); und endlich macht er den Schluß, es ſey die Kraft des Herzens ungewiß, aber ſehr groß, wie man an dem Sprunge ſelbſt ſehen koͤnnte, ingleichen auch an den Schlagaderſaͤkken, deren ungemein dikke Haͤute durch die Kraft des Herzens zerriſſen werden, und daß es auch aus dem Gewichte von 50 Pfunden erhelle, welches, wenn es an den Fuß angehaͤngt worden, mit jedem Pulsſchlage in die Hoͤhe ſteigt. Nach dieſem Ver- ſuche, da das Gewichte in einer ſo groſſen Entfernung von dem Ruhepunkte angehaͤngt, und dennoch von dem Herzen, welches ſich naͤher am Ruhepunkte befindet, in die Hoͤhe gehoben wird, ſchaͤzzet er die Kraft des Herzens, welches das Blut durch die Schienbeinſchlagader treibt, auf vierhundert Pfunde (k). Jch habe uͤbrigens viele
von
(g)[Spaltenumbruch]
Am angef. Ort S. 468. 475.
(h) S. 471.
(i) S. 474. 482. 484. Eben die- [Spaltenumbruch]
ſe Klage fuͤhrt auch der beruͤhmte J. Rudolph Stähelin, in der Di- ſputat. de Pulſibus S. 5.
(k)T. II. S. 153.
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[874/0930]
Viertes Buch. Das Herz.
ſelbſt gar nicht geneigt war neue aufzufuͤhren. An denen
Berechnungen des Jurins und Stephan Hales (g)
tadelt er, daß ſie zu der Grundflaͤche des Cilinders nicht
den Jnhalt der Aorte, ſondern die Flaͤche des Herzens an-
naͤhmen, und daß ſie ſolchergeſtalt das Blutgewicht, wel-
ches von dem Herzen unterſtuͤzzet wird, vergroͤſſerten. Er
laͤugnet, daß das Herz ein dichter Koͤrper ſey, der das
Blut fortſtoſſe, wie es Jurin vorſtellt (h); er laͤugnet,
daß man die Blutmaſſe durch ihr Gewichte gehoͤrig an-
deute; er laͤugnet, daß es recht ſey, wenn man zwo Un-
zen fuͤr das Gewicht einer Blutwelle annimmt, welche
aus der linken Kammer herausgetrieben wird; und endlich
laͤugnet er, daß die ganze Kammer voͤllig ausgeleeret
werde. An dem Hales tadelt er, daß er den Stral des
ſpringenden Blutes nicht an der Aorte, ſondern an der
Halsſchlagader eines Hundes gemeſſen, und ihn alſo zu
klein beſtimmet haͤtte (i); und endlich macht er den Schluß,
es ſey die Kraft des Herzens ungewiß, aber ſehr groß,
wie man an dem Sprunge ſelbſt ſehen koͤnnte, ingleichen
auch an den Schlagaderſaͤkken, deren ungemein dikke
Haͤute durch die Kraft des Herzens zerriſſen werden, und
daß es auch aus dem Gewichte von 50 Pfunden erhelle,
welches, wenn es an den Fuß angehaͤngt worden, mit
jedem Pulsſchlage in die Hoͤhe ſteigt. Nach dieſem Ver-
ſuche, da das Gewichte in einer ſo groſſen Entfernung
von dem Ruhepunkte angehaͤngt, und dennoch von dem
Herzen, welches ſich naͤher am Ruhepunkte befindet, in die
Hoͤhe gehoben wird, ſchaͤzzet er die Kraft des Herzens,
welches das Blut durch die Schienbeinſchlagader treibt,
auf vierhundert Pfunde (k). Jch habe uͤbrigens viele
von
(g)
Am angef. Ort S. 468. 475.
(h) S. 471.
(i) S. 474. 482. 484. Eben die-
ſe Klage fuͤhrt auch der beruͤhmte
J. Rudolph Stähelin, in der Di-
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(k) T. II. S. 153.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 874. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/930>, abgerufen am 16.07.2024.
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