Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite
Sechstes Buch. Der Lauf des Blutes

Folglich verhalten sich in einem weiten Kanale, der
mit einem engen Kanale zusammenhängt, die Geschwin-
digkeiten in beiden Kanälen, umgekehrt, wie ihre Mün-
dungen (i). Folglich fliesset in einem zerästelten Gefässe,
durch dessen Stamm und Aeste man, mittelst eines
Stempels, Wasser durchtreibt, ob die Astmündungen
gleich zusammen eine grössre Summe, als die Stamm-
mündung, machen, dennoch aus den Aesten nicht das
mindeste mehr, als aus dem Stamme herbei (k), ob
die Aeste gleich an sich weiter sind, und in erweiter-
ten Aesten, laut dem Versuche, die Geschwindigkeit des
heraussprizzenden Flüßigen vermindert wird (l). Da
also in einem dergleichen ästigen Sisteme nur ein einzi-
ger Ast erweitert wurde, so nahm sogleich die Geschwin-
digkeit in dem ganzen Sisteme ab (m). Folglich waren
in Röhrchen, deren Durchmesser 372. 185 und 90, oder
beinahe 8. 4. und 2 hielten, die Massen des zu einerlei
Zeit herausfliessenden Wassers 179. 331/2 und 6 1/8 , das ist,
es war die Geschwindigkeit, nach Proportion des weitern
Kanals, kleiner (n) und grösser nach dem Ebenmaasse
des engern. Verstopft man folglich einen unter den
Aesten, so vermeret sich die Menge des Wassers, von
100 zu 109 (n*). So verhielt sich die Sache in harten
und unbelebten Röhren.

Man hat aber auch über belebte Körper einige Ver-
suche aufzuzeigen, welche bestätigen, daß diese Art von
Röhren einerlei Gesezzen unterworfen ist. Auf diese
Weise habe ich offenbar gesehen, wie in Adersäkken, es

mochten
(i) [Spaltenumbruch] orlov. de motu fanguin. per
arter. et venas. n.
35.
(k) Und so flist Wasser in den
Aesten träger, da es doch in gröss-
rer Menge herausflissen müste,
wenn weitere Oefnungen einerlei
Geschwindigkeit übrig behielten.
[Spaltenumbruch] Fr. boissier de l'inflammat. S.
219.
(l) Bryan robinson Essays on
animal oeconomy
S. 65.
(m) Ebendaselbst. S. 80. 81.
(n) Ebendas. S. 31. 32. 33.
(n*) sauvages de pulsu S. 22.
Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes

Folglich verhalten ſich in einem weiten Kanale, der
mit einem engen Kanale zuſammenhaͤngt, die Geſchwin-
digkeiten in beiden Kanaͤlen, umgekehrt, wie ihre Muͤn-
dungen (i). Folglich flieſſet in einem zeraͤſtelten Gefaͤſſe,
durch deſſen Stamm und Aeſte man, mittelſt eines
Stempels, Waſſer durchtreibt, ob die Aſtmuͤndungen
gleich zuſammen eine groͤſſre Summe, als die Stamm-
muͤndung, machen, dennoch aus den Aeſten nicht das
mindeſte mehr, als aus dem Stamme herbei (k), ob
die Aeſte gleich an ſich weiter ſind, und in erweiter-
ten Aeſten, laut dem Verſuche, die Geſchwindigkeit des
herausſprizzenden Fluͤßigen vermindert wird (l). Da
alſo in einem dergleichen aͤſtigen Siſteme nur ein einzi-
ger Aſt erweitert wurde, ſo nahm ſogleich die Geſchwin-
digkeit in dem ganzen Siſteme ab (m). Folglich waren
in Roͤhrchen, deren Durchmeſſer 372. 185 und 90, oder
beinahe 8. 4. und 2 hielten, die Maſſen des zu einerlei
Zeit herausflieſſenden Waſſers 179. 33½ und 6⅛, das iſt,
es war die Geſchwindigkeit, nach Proportion des weitern
Kanals, kleiner (n) und groͤſſer nach dem Ebenmaaſſe
des engern. Verſtopft man folglich einen unter den
Aeſten, ſo vermeret ſich die Menge des Waſſers, von
100 zu 109 (n*). So verhielt ſich die Sache in harten
und unbelebten Roͤhren.

Man hat aber auch uͤber belebte Koͤrper einige Ver-
ſuche aufzuzeigen, welche beſtaͤtigen, daß dieſe Art von
Roͤhren einerlei Geſezzen unterworfen iſt. Auf dieſe
Weiſe habe ich offenbar geſehen, wie in Aderſaͤkken, es

mochten
(i) [Spaltenumbruch] orlov. de motu fanguin. per
arter. et venas. n.
35.
(k) Und ſo fliſt Waſſer in den
Aeſten traͤger, da es doch in groͤſſ-
rer Menge herausfliſſen muͤſte,
wenn weitere Oefnungen einerlei
Geſchwindigkeit uͤbrig behielten.
[Spaltenumbruch] Fr. boiſſier de l’inflammat. S.
219.
(l) Bryan robinſon Eſſays on
animal oeconomy
S. 65.
(m) Ebendaſelbſt. S. 80. 81.
(n) Ebendaſ. S. 31. 32. 33.
(n*) ſauvageſ de pulſu S. 22.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0300" n="280"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch. Der Lauf des Blutes</hi> </fw><lb/>
            <p>Folglich verhalten &#x017F;ich in einem weiten Kanale, der<lb/>
mit einem engen Kanale zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngt, die Ge&#x017F;chwin-<lb/>
digkeiten in beiden Kana&#x0364;len, umgekehrt, wie ihre Mu&#x0364;n-<lb/>
dungen <note place="foot" n="(i)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">orlov.</hi> de motu fanguin. per<lb/>
arter. et venas. n.</hi> 35.</note>. Folglich flie&#x017F;&#x017F;et in einem zera&#x0364;&#x017F;telten Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
durch de&#x017F;&#x017F;en Stamm und Ae&#x017F;te man, mittel&#x017F;t eines<lb/>
Stempels, Wa&#x017F;&#x017F;er durchtreibt, ob die A&#x017F;tmu&#x0364;ndungen<lb/>
gleich zu&#x017F;ammen eine gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;re Summe, als die Stamm-<lb/>
mu&#x0364;ndung, machen, dennoch aus den Ae&#x017F;ten nicht das<lb/>
minde&#x017F;te mehr, als aus dem Stamme herbei <note place="foot" n="(k)">Und &#x017F;o fli&#x017F;t Wa&#x017F;&#x017F;er in den<lb/>
Ae&#x017F;ten tra&#x0364;ger, da es doch in gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;-<lb/>
rer Menge herausfli&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;te,<lb/>
wenn weitere Oefnungen einerlei<lb/>
Ge&#x017F;chwindigkeit u&#x0364;brig behielten.<lb/><cb/> <hi rendition="#aq">Fr. <hi rendition="#k">boi&#x017F;&#x017F;ier</hi> de l&#x2019;inflammat.</hi> S.<lb/>
219.</note>, ob<lb/>
die Ae&#x017F;te gleich an &#x017F;ich weiter &#x017F;ind, und in erweiter-<lb/>
ten Ae&#x017F;ten, laut dem Ver&#x017F;uche, die Ge&#x017F;chwindigkeit des<lb/>
heraus&#x017F;prizzenden Flu&#x0364;ßigen vermindert wird <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq">Bryan <hi rendition="#k">robin&#x017F;on</hi> E&#x017F;&#x017F;ays on<lb/>
animal oeconomy</hi> S. 65.</note>. Da<lb/>
al&#x017F;o in einem dergleichen a&#x0364;&#x017F;tigen Si&#x017F;teme nur ein einzi-<lb/>
ger A&#x017F;t erweitert wurde, &#x017F;o nahm &#x017F;ogleich die Ge&#x017F;chwin-<lb/>
digkeit in dem ganzen Si&#x017F;teme ab <note place="foot" n="(m)">Ebenda&#x017F;elb&#x017F;t. S. 80. 81.</note>. Folglich waren<lb/>
in Ro&#x0364;hrchen, deren Durchme&#x017F;&#x017F;er 372. 185 und 90, oder<lb/>
beinahe 8. 4. und 2 hielten, die Ma&#x017F;&#x017F;en des zu einerlei<lb/>
Zeit herausflie&#x017F;&#x017F;enden Wa&#x017F;&#x017F;ers 179. 33½ und 6&#x215B;, das i&#x017F;t,<lb/>
es war die Ge&#x017F;chwindigkeit, nach Proportion des weitern<lb/>
Kanals, kleiner <note place="foot" n="(n)">Ebenda&#x017F;. S. 31. 32. 33.</note> und gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er nach dem Ebenmaa&#x017F;&#x017F;e<lb/>
des engern. Ver&#x017F;topft man folglich einen unter den<lb/>
Ae&#x017F;ten, &#x017F;o vermeret &#x017F;ich die Menge des Wa&#x017F;&#x017F;ers, von<lb/>
100 zu 109 <note place="foot" n="(n*)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">&#x017F;auvage&#x017F;</hi> de pul&#x017F;u</hi> S. 22.</note>. So verhielt &#x017F;ich die Sache in harten<lb/>
und unbelebten Ro&#x0364;hren.</p><lb/>
            <p>Man hat aber auch u&#x0364;ber belebte Ko&#x0364;rper einige Ver-<lb/>
&#x017F;uche aufzuzeigen, welche be&#x017F;ta&#x0364;tigen, daß die&#x017F;e Art von<lb/>
Ro&#x0364;hren einerlei Ge&#x017F;ezzen unterworfen i&#x017F;t. Auf die&#x017F;e<lb/>
Wei&#x017F;e habe ich offenbar ge&#x017F;ehen, wie in Ader&#x017F;a&#x0364;kken, es<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mochten</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[280/0300] Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes Folglich verhalten ſich in einem weiten Kanale, der mit einem engen Kanale zuſammenhaͤngt, die Geſchwin- digkeiten in beiden Kanaͤlen, umgekehrt, wie ihre Muͤn- dungen (i). Folglich flieſſet in einem zeraͤſtelten Gefaͤſſe, durch deſſen Stamm und Aeſte man, mittelſt eines Stempels, Waſſer durchtreibt, ob die Aſtmuͤndungen gleich zuſammen eine groͤſſre Summe, als die Stamm- muͤndung, machen, dennoch aus den Aeſten nicht das mindeſte mehr, als aus dem Stamme herbei (k), ob die Aeſte gleich an ſich weiter ſind, und in erweiter- ten Aeſten, laut dem Verſuche, die Geſchwindigkeit des herausſprizzenden Fluͤßigen vermindert wird (l). Da alſo in einem dergleichen aͤſtigen Siſteme nur ein einzi- ger Aſt erweitert wurde, ſo nahm ſogleich die Geſchwin- digkeit in dem ganzen Siſteme ab (m). Folglich waren in Roͤhrchen, deren Durchmeſſer 372. 185 und 90, oder beinahe 8. 4. und 2 hielten, die Maſſen des zu einerlei Zeit herausflieſſenden Waſſers 179. 33½ und 6⅛, das iſt, es war die Geſchwindigkeit, nach Proportion des weitern Kanals, kleiner (n) und groͤſſer nach dem Ebenmaaſſe des engern. Verſtopft man folglich einen unter den Aeſten, ſo vermeret ſich die Menge des Waſſers, von 100 zu 109 (n*). So verhielt ſich die Sache in harten und unbelebten Roͤhren. Man hat aber auch uͤber belebte Koͤrper einige Ver- ſuche aufzuzeigen, welche beſtaͤtigen, daß dieſe Art von Roͤhren einerlei Geſezzen unterworfen iſt. Auf dieſe Weiſe habe ich offenbar geſehen, wie in Aderſaͤkken, es mochten (i) orlov. de motu fanguin. per arter. et venas. n. 35. (k) Und ſo fliſt Waſſer in den Aeſten traͤger, da es doch in groͤſſ- rer Menge herausfliſſen muͤſte, wenn weitere Oefnungen einerlei Geſchwindigkeit uͤbrig behielten. Fr. boiſſier de l’inflammat. S. 219. (l) Bryan robinſon Eſſays on animal oeconomy S. 65. (m) Ebendaſelbſt. S. 80. 81. (n) Ebendaſ. S. 31. 32. 33. (n*) ſauvageſ de pulſu S. 22.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/300
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/300>, abgerufen am 02.06.2024.