Man darf im geringsten nicht auch diejenige hem- mende Ursache ausser Acht lassen, woran die Zähigkeit des Blutes Schuld hat. Es ist nämlich kein Zweifel übrig, daß nicht die flüßige Natur des Blutes, schon von der blossen fortrükkenden Bewegung ihre Dauer erhalten sollte (p), indem in Menschen und andern grossen Thieren noch mehr (q) ein aus den Gefässen gelaßnes Blut in ganz kurzer Zeit, oder so gleich zu einem festen Gallerte gerinnt. Wenn nun diese Bewegung des Blu- tes die Unterhändlerin ist, damit dieser Lebenssaft nicht geliefern möge, so mus notwendig ein Theil dieser Be- wegung von der Zähigkeit selbst aufgerieben werden, als deren Thätigkeit die fortrükkende Bewegung aufhebt, oder, um einfacher die Sache zu erklären, es mus ein Theil von der Bewegung, welche sich bestrebt, die Blut- stoße von einander zu halten, von der Anziehungskraft verzert werden, vermöge der die Kügelchen ein Bestreben haben, sich einander zu berüren, und welche von dem Fortrükken überwältigt wird. Denn es erhellt aus Ver- suchen, daß wenn der Lauf des Bluts in lebendigen Thie- ren kraftlos (r) oder gar unterbrochen wird (s), die Kü- gelchen den Augenblik, wie es scheint, nach ihrer einge- büsten Kugelfigur, in einander laufen: und daß sie von neuem frei werden, und die erstere Gestalt deutlicher Kügelchen wieder erlangen, sobald die Bewegung wie- derhergestellt ist (t). Es ist ferner eine höchst bekante Sache, daß sich an kalten Thieren die Schlagaderwun- den mit einem roten Safte, der mit einem weissen Nebel
umge-
(p)[Spaltenumbruch]
5 Buch.
(q) Wie am Pferde. birch Hi- story of the royal Society T. IV. S. 292.
(r)Exp. 93.
(s)Exp. 6. 7. 18. 19. 60. 93. 155.
(t)[Spaltenumbruch]Exp. 6. 7. 18. 255. Vandel, der neulich diesen Erfolg bestritt, wird sich, nach wiederholtem Ver- suche, ohne Zweifel wieder mit uns aussöhnen. Epist. I. S. LXVII.
Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes
§. 27. Die Zaͤhigkeit des Blutes.
Man darf im geringſten nicht auch diejenige hem- mende Urſache auſſer Acht laſſen, woran die Zaͤhigkeit des Blutes Schuld hat. Es iſt naͤmlich kein Zweifel uͤbrig, daß nicht die fluͤßige Natur des Blutes, ſchon von der bloſſen fortruͤkkenden Bewegung ihre Dauer erhalten ſollte (p), indem in Menſchen und andern groſſen Thieren noch mehr (q) ein aus den Gefaͤſſen gelaßnes Blut in ganz kurzer Zeit, oder ſo gleich zu einem feſten Gallerte gerinnt. Wenn nun dieſe Bewegung des Blu- tes die Unterhaͤndlerin iſt, damit dieſer Lebensſaft nicht geliefern moͤge, ſo mus notwendig ein Theil dieſer Be- wegung von der Zaͤhigkeit ſelbſt aufgerieben werden, als deren Thaͤtigkeit die fortruͤkkende Bewegung aufhebt, oder, um einfacher die Sache zu erklaͤren, es mus ein Theil von der Bewegung, welche ſich beſtrebt, die Blut- ſtoße von einander zu halten, von der Anziehungskraft verzert werden, vermoͤge der die Kuͤgelchen ein Beſtreben haben, ſich einander zu beruͤren, und welche von dem Fortruͤkken uͤberwaͤltigt wird. Denn es erhellt aus Ver- ſuchen, daß wenn der Lauf des Bluts in lebendigen Thie- ren kraftlos (r) oder gar unterbrochen wird (s), die Kuͤ- gelchen den Augenblik, wie es ſcheint, nach ihrer einge- buͤſten Kugelfigur, in einander laufen: und daß ſie von neuem frei werden, und die erſtere Geſtalt deutlicher Kuͤgelchen wieder erlangen, ſobald die Bewegung wie- derhergeſtellt iſt (t). Es iſt ferner eine hoͤchſt bekante Sache, daß ſich an kalten Thieren die Schlagaderwun- den mit einem roten Safte, der mit einem weiſſen Nebel
umge-
(p)[Spaltenumbruch]
5 Buch.
(q) Wie am Pferde. birch Hi- ſtory of the royal Society T. IV. S. 292.
(r)Exp. 93.
(s)Exp. 6. 7. 18. 19. 60. 93. 155.
(t)[Spaltenumbruch]Exp. 6. 7. 18. 255. Vandel, der neulich dieſen Erfolg beſtritt, wird ſich, nach wiederholtem Ver- ſuche, ohne Zweifel wieder mit uns ausſoͤhnen. Epiſt. I. S. LXVII.
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Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes
§. 27.
Die Zaͤhigkeit des Blutes.
Man darf im geringſten nicht auch diejenige hem-
mende Urſache auſſer Acht laſſen, woran die Zaͤhigkeit
des Blutes Schuld hat. Es iſt naͤmlich kein Zweifel
uͤbrig, daß nicht die fluͤßige Natur des Blutes, ſchon
von der bloſſen fortruͤkkenden Bewegung ihre Dauer
erhalten ſollte (p), indem in Menſchen und andern groſſen
Thieren noch mehr (q) ein aus den Gefaͤſſen gelaßnes
Blut in ganz kurzer Zeit, oder ſo gleich zu einem feſten
Gallerte gerinnt. Wenn nun dieſe Bewegung des Blu-
tes die Unterhaͤndlerin iſt, damit dieſer Lebensſaft nicht
geliefern moͤge, ſo mus notwendig ein Theil dieſer Be-
wegung von der Zaͤhigkeit ſelbſt aufgerieben werden, als
deren Thaͤtigkeit die fortruͤkkende Bewegung aufhebt,
oder, um einfacher die Sache zu erklaͤren, es mus ein
Theil von der Bewegung, welche ſich beſtrebt, die Blut-
ſtoße von einander zu halten, von der Anziehungskraft
verzert werden, vermoͤge der die Kuͤgelchen ein Beſtreben
haben, ſich einander zu beruͤren, und welche von dem
Fortruͤkken uͤberwaͤltigt wird. Denn es erhellt aus Ver-
ſuchen, daß wenn der Lauf des Bluts in lebendigen Thie-
ren kraftlos (r) oder gar unterbrochen wird (s), die Kuͤ-
gelchen den Augenblik, wie es ſcheint, nach ihrer einge-
buͤſten Kugelfigur, in einander laufen: und daß ſie von
neuem frei werden, und die erſtere Geſtalt deutlicher
Kuͤgelchen wieder erlangen, ſobald die Bewegung wie-
derhergeſtellt iſt (t). Es iſt ferner eine hoͤchſt bekante
Sache, daß ſich an kalten Thieren die Schlagaderwun-
den mit einem roten Safte, der mit einem weiſſen Nebel
umge-
(p)
5 Buch.
(q) Wie am Pferde. birch Hi-
ſtory of the royal Society T. IV.
S. 292.
(r) Exp. 93.
(s) Exp. 6. 7. 18. 19. 60. 93. 155.
(t)
Exp. 6. 7. 18. 255. Vandel,
der neulich dieſen Erfolg beſtritt,
wird ſich, nach wiederholtem Ver-
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/322>, abgerufen am 26.11.2024.
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