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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Sechstes Buch. Der Lauf des Blutes
chen nicht geschwinder bewegt hätte (e). Wir lesen fer-
ner beim Anton v. Leeuwenhoek (e*) fast in unzälba-
ren Stellen, er habe diese Bewegung in Schlagadern
und Blutadern höchst schnell befunden. Wir wollen
dessen Zeugnis aber nicht misbrauchen, da wir leicht ein-
sehen können, daß zurükgelegte Räume das eigentliche
Maas der Geschwindigkeit sind: kann mans also dahin
bringen, daß uns diese Räume grösser vorkommen, so
kan man auch in der That machen, daß uns die Geschwin-
digkeit schneller, und sechszigmal grösser zn sein scheint,
wofern ein Linsenglas den Durchmesser eines Körperchens
um sechszigmal vergrössert (f).

§. 30.
Was hierinnen Versuche vor Licht geben.

Nunmehr nähere ich mich den Versuchen, welche
man über warmblütige Thiere freilich nicht auszudehnen
vermag, hingegen an kalten angestellt hat, und die in so
fern gelten müssen, daß wir uns dabei erinnern, wie das
Blut von einem wärmern Herzen der grossen Thiere auch
mit grösserer Geschwindigkeit fortgetrieben werden müsse.

Jch habe demnach gesehen, ohne mich eben dabei der
erhabensten oder kleinsten Linsengläser zu bedienen, daß
das Blut in den kleinsten, haarfeinen, und blos zu einem
Kügelchen bestimmten Blutadern, geschwinde und so
schnell fortbewegt werde (g), daß das Auge kaum den
flüchtigen Kügelchen auf dem Fusse nachfolgen kann,
wenn dieselben durch die krummen Windungen der klein-
sten Blutäderchen, gleichsam mit gedrengten, in einander
geschlängelten Wellen strömen, und beständig in einem
neuen Lager und mit neuem Glanze aufblizzen. Nun
wird ein billiger Richter der Erscheinungen leicht einräu-

men,
(e) [Spaltenumbruch] Posthum. S. 92.
(e*) Contin. arcanor. natur. S.
131.
(f) poliniere Cours d' experien-
[Spaltenumbruch] ce
S. 545 baker microscope ma-
de easy
S. 63.
(g) Exp. 129. 122. 124. 125. 126.
127. 128. 132. 138. 143. 144.

Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes
chen nicht geſchwinder bewegt haͤtte (e). Wir leſen fer-
ner beim Anton v. Leeuwenhoek (e*) faſt in unzaͤlba-
ren Stellen, er habe dieſe Bewegung in Schlagadern
und Blutadern hoͤchſt ſchnell befunden. Wir wollen
deſſen Zeugnis aber nicht misbrauchen, da wir leicht ein-
ſehen koͤnnen, daß zuruͤkgelegte Raͤume das eigentliche
Maas der Geſchwindigkeit ſind: kann mans alſo dahin
bringen, daß uns dieſe Raͤume groͤſſer vorkommen, ſo
kan man auch in der That machen, daß uns die Geſchwin-
digkeit ſchneller, und ſechszigmal groͤſſer zn ſein ſcheint,
wofern ein Linſenglas den Durchmeſſer eines Koͤrperchens
um ſechszigmal vergroͤſſert (f).

§. 30.
Was hierinnen Verſuche vor Licht geben.

Nunmehr naͤhere ich mich den Verſuchen, welche
man uͤber warmbluͤtige Thiere freilich nicht auszudehnen
vermag, hingegen an kalten angeſtellt hat, und die in ſo
fern gelten muͤſſen, daß wir uns dabei erinnern, wie das
Blut von einem waͤrmern Herzen der groſſen Thiere auch
mit groͤſſerer Geſchwindigkeit fortgetrieben werden muͤſſe.

Jch habe demnach geſehen, ohne mich eben dabei der
erhabenſten oder kleinſten Linſenglaͤſer zu bedienen, daß
das Blut in den kleinſten, haarfeinen, und blos zu einem
Kuͤgelchen beſtimmten Blutadern, geſchwinde und ſo
ſchnell fortbewegt werde (g), daß das Auge kaum den
fluͤchtigen Kuͤgelchen auf dem Fuſſe nachfolgen kann,
wenn dieſelben durch die krummen Windungen der klein-
ſten Blutaͤderchen, gleichſam mit gedrengten, in einander
geſchlaͤngelten Wellen ſtroͤmen, und beſtaͤndig in einem
neuen Lager und mit neuem Glanze aufblizzen. Nun
wird ein billiger Richter der Erſcheinungen leicht einraͤu-

men,
(e) [Spaltenumbruch] Poſthum. S. 92.
(e*) Contin. arcanor. natur. S.
131.
(f) poliniere Cours d’ experien-
[Spaltenumbruch] ce
S. 545 baker microſcope ma-
de eaſy
S. 63.
(g) Exp. 129. 122. 124. 125. 126.
127. 128. 132. 138. 143. 144.
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[310/0330] Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes chen nicht geſchwinder bewegt haͤtte (e). Wir leſen fer- ner beim Anton v. Leeuwenhoek (e*) faſt in unzaͤlba- ren Stellen, er habe dieſe Bewegung in Schlagadern und Blutadern hoͤchſt ſchnell befunden. Wir wollen deſſen Zeugnis aber nicht misbrauchen, da wir leicht ein- ſehen koͤnnen, daß zuruͤkgelegte Raͤume das eigentliche Maas der Geſchwindigkeit ſind: kann mans alſo dahin bringen, daß uns dieſe Raͤume groͤſſer vorkommen, ſo kan man auch in der That machen, daß uns die Geſchwin- digkeit ſchneller, und ſechszigmal groͤſſer zn ſein ſcheint, wofern ein Linſenglas den Durchmeſſer eines Koͤrperchens um ſechszigmal vergroͤſſert (f). §. 30. Was hierinnen Verſuche vor Licht geben. Nunmehr naͤhere ich mich den Verſuchen, welche man uͤber warmbluͤtige Thiere freilich nicht auszudehnen vermag, hingegen an kalten angeſtellt hat, und die in ſo fern gelten muͤſſen, daß wir uns dabei erinnern, wie das Blut von einem waͤrmern Herzen der groſſen Thiere auch mit groͤſſerer Geſchwindigkeit fortgetrieben werden muͤſſe. Jch habe demnach geſehen, ohne mich eben dabei der erhabenſten oder kleinſten Linſenglaͤſer zu bedienen, daß das Blut in den kleinſten, haarfeinen, und blos zu einem Kuͤgelchen beſtimmten Blutadern, geſchwinde und ſo ſchnell fortbewegt werde (g), daß das Auge kaum den fluͤchtigen Kuͤgelchen auf dem Fuſſe nachfolgen kann, wenn dieſelben durch die krummen Windungen der klein- ſten Blutaͤderchen, gleichſam mit gedrengten, in einander geſchlaͤngelten Wellen ſtroͤmen, und beſtaͤndig in einem neuen Lager und mit neuem Glanze aufblizzen. Nun wird ein billiger Richter der Erſcheinungen leicht einraͤu- men, (e) Poſthum. S. 92. (e*) Contin. arcanor. natur. S. 131. (f) poliniere Cours d’ experien- ce S. 545 baker microſcope ma- de eaſy S. 63. (g) Exp. 129. 122. 124. 125. 126. 127. 128. 132. 138. 143. 144.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/330>, abgerufen am 26.11.2024.