Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Schlagadern.
men, daß das Blut in den kleinsten Blutäderchen nicht
schneller, als in den Schlagadern umlaufe, da das Blut-
aderblut seinen Antrieb von dem Schlagaderhaften
her hat.

Jch wuste es sehr wohl, daß es Leute gebe, welche
eben das einwenden (h), was ich eben jezzt erinnert habe,
daß die Geschwindigkeit nämlich bei dem Gebrauche eines
Linsenglases scheinbar wachse. Zu dem Ende habe ich
eben diese Geschwindigkeit, mit der das Blut in den klein-
sten Gefässen flisset, mit derjenigen Geschwindigkeit zu
vergleichen angefangen, mit der es durch die grössern
Gefässe flisset. Man siehet nämlich ohne Schwierigkeit
ein, daß die Schnelligkeit sowol in grossen, als in kleinen
Gefässen, unter erhaben geschliffnen Gläsern, nach einer-
lei Verhältnisse zunehme. Nun wird aber einzig und
allein die Grösse der Geschwindigkeit gesucht, welche in
grossen Gefässen statt findet, gegen diejenige Geschwin-
digkeit, welche in kleinen übrig ist. Zwoer Grössen
Verhältnis wird aber in nichts geändert, wenn man bei-
de durch einerlei Zal multiplicirt.

Folglich habe ich, so viel es sich ohne Mikrometer
hat thun lassen wollen, diejenige Geschwindigkeit, mit
der das Blut durch die grossen Schlagadern fliesset, mit
derjenigen Geschwindigkeit verglichen, die das Blut in
den kleinsten schlagaderhaften oder Blutadrigen Gefässen
noch übrig behält. Hierauf habe ich auch die unverrükk-
te Dauer der Bewegung, die in grossen Gefässen statt
hat, gegen die Dauer der Bewegung gehalten, die in
kleinen Gefässen gefunden wird. Und so habe ich, als
ein aufrichtiger Augenzeuge, ohne bei mir eine Neigung
zu irgend einem Sisteme aufsteigen zu lassen, nicht selten
gesehen, daß diese Geschwindigkeit in den kleinen Gefäs-
sen kleiner, als in den grossen Schlagadern (i) gewesen:

und
(h) [Spaltenumbruch] Der berümte Jampert in
der Disp. de causis incrementi.
S. 16.
(i) [Spaltenumbruch] Second memoir. sur le mou-
vement du sang
S. 262.
U 4

in den Schlagadern.
men, daß das Blut in den kleinſten Blutaͤderchen nicht
ſchneller, als in den Schlagadern umlaufe, da das Blut-
aderblut ſeinen Antrieb von dem Schlagaderhaften
her hat.

Jch wuſte es ſehr wohl, daß es Leute gebe, welche
eben das einwenden (h), was ich eben jezzt erinnert habe,
daß die Geſchwindigkeit naͤmlich bei dem Gebrauche eines
Linſenglaſes ſcheinbar wachſe. Zu dem Ende habe ich
eben dieſe Geſchwindigkeit, mit der das Blut in den klein-
ſten Gefaͤſſen fliſſet, mit derjenigen Geſchwindigkeit zu
vergleichen angefangen, mit der es durch die groͤſſern
Gefaͤſſe fliſſet. Man ſiehet naͤmlich ohne Schwierigkeit
ein, daß die Schnelligkeit ſowol in groſſen, als in kleinen
Gefaͤſſen, unter erhaben geſchliffnen Glaͤſern, nach einer-
lei Verhaͤltniſſe zunehme. Nun wird aber einzig und
allein die Groͤſſe der Geſchwindigkeit geſucht, welche in
groſſen Gefaͤſſen ſtatt findet, gegen diejenige Geſchwin-
digkeit, welche in kleinen uͤbrig iſt. Zwoer Groͤſſen
Verhaͤltnis wird aber in nichts geaͤndert, wenn man bei-
de durch einerlei Zal multiplicirt.

Folglich habe ich, ſo viel es ſich ohne Mikrometer
hat thun laſſen wollen, diejenige Geſchwindigkeit, mit
der das Blut durch die groſſen Schlagadern flieſſet, mit
derjenigen Geſchwindigkeit verglichen, die das Blut in
den kleinſten ſchlagaderhaften oder Blutadrigen Gefaͤſſen
noch uͤbrig behaͤlt. Hierauf habe ich auch die unverruͤkk-
te Dauer der Bewegung, die in groſſen Gefaͤſſen ſtatt
hat, gegen die Dauer der Bewegung gehalten, die in
kleinen Gefaͤſſen gefunden wird. Und ſo habe ich, als
ein aufrichtiger Augenzeuge, ohne bei mir eine Neigung
zu irgend einem Siſteme aufſteigen zu laſſen, nicht ſelten
geſehen, daß dieſe Geſchwindigkeit in den kleinen Gefaͤſ-
ſen kleiner, als in den groſſen Schlagadern (i) geweſen:

und
(h) [Spaltenumbruch] Der beruͤmte Jampert in
der Diſp. de cauſis incrementi.
S. 16.
(i) [Spaltenumbruch] Second memoir. ſur le mou-
vement du ſang
S. 262.
U 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0331" n="311"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Schlagadern.</hi></fw><lb/>
men, daß das Blut in den klein&#x017F;ten Bluta&#x0364;derchen nicht<lb/>
&#x017F;chneller, als in den Schlagadern umlaufe, da das Blut-<lb/>
aderblut &#x017F;einen Antrieb von dem Schlagaderhaften<lb/>
her hat.</p><lb/>
            <p>Jch wu&#x017F;te es &#x017F;ehr wohl, daß es Leute gebe, welche<lb/>
eben das einwenden <note place="foot" n="(h)"><cb/>
Der beru&#x0364;mte <hi rendition="#fr">Jampert</hi> in<lb/>
der <hi rendition="#aq">Di&#x017F;p. de cau&#x017F;is incrementi.</hi><lb/>
S. 16.</note>, was ich eben jezzt erinnert habe,<lb/>
daß die Ge&#x017F;chwindigkeit na&#x0364;mlich bei dem Gebrauche eines<lb/>
Lin&#x017F;engla&#x017F;es &#x017F;cheinbar wach&#x017F;e. Zu dem Ende habe ich<lb/>
eben die&#x017F;e Ge&#x017F;chwindigkeit, mit der das Blut in den klein-<lb/>
&#x017F;ten Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en fli&#x017F;&#x017F;et, mit derjenigen Ge&#x017F;chwindigkeit zu<lb/>
vergleichen angefangen, mit der es durch die gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern<lb/>
Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e fli&#x017F;&#x017F;et. Man &#x017F;iehet na&#x0364;mlich ohne Schwierigkeit<lb/>
ein, daß die Schnelligkeit &#x017F;owol in gro&#x017F;&#x017F;en, als in kleinen<lb/>
Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, unter erhaben ge&#x017F;chliffnen Gla&#x0364;&#x017F;ern, nach einer-<lb/>
lei Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e zunehme. Nun wird aber einzig und<lb/>
allein die Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der Ge&#x017F;chwindigkeit ge&#x017F;ucht, welche in<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tatt findet, gegen diejenige Ge&#x017F;chwin-<lb/>
digkeit, welche in kleinen u&#x0364;brig i&#x017F;t. Zwoer Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Verha&#x0364;ltnis wird aber in nichts gea&#x0364;ndert, wenn man bei-<lb/>
de durch einerlei Zal multiplicirt.</p><lb/>
            <p>Folglich habe ich, &#x017F;o viel es &#x017F;ich ohne Mikrometer<lb/>
hat thun la&#x017F;&#x017F;en wollen, diejenige Ge&#x017F;chwindigkeit, mit<lb/>
der das Blut durch die gro&#x017F;&#x017F;en Schlagadern flie&#x017F;&#x017F;et, mit<lb/>
derjenigen Ge&#x017F;chwindigkeit verglichen, die das Blut in<lb/>
den klein&#x017F;ten &#x017F;chlagaderhaften oder Blutadrigen Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
noch u&#x0364;brig beha&#x0364;lt. Hierauf habe ich auch die unverru&#x0364;kk-<lb/>
te Dauer der Bewegung, die in gro&#x017F;&#x017F;en Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tatt<lb/>
hat, gegen die Dauer der Bewegung gehalten, die in<lb/>
kleinen Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en gefunden wird. Und &#x017F;o habe ich, als<lb/>
ein aufrichtiger Augenzeuge, ohne bei mir eine Neigung<lb/>
zu irgend einem Si&#x017F;teme auf&#x017F;teigen zu la&#x017F;&#x017F;en, nicht &#x017F;elten<lb/>
ge&#x017F;ehen, daß die&#x017F;e Ge&#x017F;chwindigkeit in den kleinen Gefa&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en kleiner, als in den gro&#x017F;&#x017F;en Schlagadern <note place="foot" n="(i)"><cb/><hi rendition="#aq">Second memoir. &#x017F;ur le mou-<lb/>
vement du &#x017F;ang</hi> S. 262.</note> gewe&#x017F;en:<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U 4</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[311/0331] in den Schlagadern. men, daß das Blut in den kleinſten Blutaͤderchen nicht ſchneller, als in den Schlagadern umlaufe, da das Blut- aderblut ſeinen Antrieb von dem Schlagaderhaften her hat. Jch wuſte es ſehr wohl, daß es Leute gebe, welche eben das einwenden (h), was ich eben jezzt erinnert habe, daß die Geſchwindigkeit naͤmlich bei dem Gebrauche eines Linſenglaſes ſcheinbar wachſe. Zu dem Ende habe ich eben dieſe Geſchwindigkeit, mit der das Blut in den klein- ſten Gefaͤſſen fliſſet, mit derjenigen Geſchwindigkeit zu vergleichen angefangen, mit der es durch die groͤſſern Gefaͤſſe fliſſet. Man ſiehet naͤmlich ohne Schwierigkeit ein, daß die Schnelligkeit ſowol in groſſen, als in kleinen Gefaͤſſen, unter erhaben geſchliffnen Glaͤſern, nach einer- lei Verhaͤltniſſe zunehme. Nun wird aber einzig und allein die Groͤſſe der Geſchwindigkeit geſucht, welche in groſſen Gefaͤſſen ſtatt findet, gegen diejenige Geſchwin- digkeit, welche in kleinen uͤbrig iſt. Zwoer Groͤſſen Verhaͤltnis wird aber in nichts geaͤndert, wenn man bei- de durch einerlei Zal multiplicirt. Folglich habe ich, ſo viel es ſich ohne Mikrometer hat thun laſſen wollen, diejenige Geſchwindigkeit, mit der das Blut durch die groſſen Schlagadern flieſſet, mit derjenigen Geſchwindigkeit verglichen, die das Blut in den kleinſten ſchlagaderhaften oder Blutadrigen Gefaͤſſen noch uͤbrig behaͤlt. Hierauf habe ich auch die unverruͤkk- te Dauer der Bewegung, die in groſſen Gefaͤſſen ſtatt hat, gegen die Dauer der Bewegung gehalten, die in kleinen Gefaͤſſen gefunden wird. Und ſo habe ich, als ein aufrichtiger Augenzeuge, ohne bei mir eine Neigung zu irgend einem Siſteme aufſteigen zu laſſen, nicht ſelten geſehen, daß dieſe Geſchwindigkeit in den kleinen Gefaͤſ- ſen kleiner, als in den groſſen Schlagadern (i) geweſen: und (h) Der beruͤmte Jampert in der Diſp. de cauſis incrementi. S. 16. (i) Second memoir. ſur le mou- vement du ſang S. 262. U 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/331
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/331>, abgerufen am 26.11.2024.