Viel grösser und dabei felerhaft ist diejenige Selten- heit in den Pulsschlägen, welche man das Aussenbleiben nennt, und die einerlei Ursache zum Grunde hat, näm- lich ebenfalls einen noch wenigeren Vorrat des Blutes in der Aorte, als sonst bei einem seltnen Pulsschlage zu- gegen ist. So bleibt der Puls aussen in Engbrüstigen, in Personen, die an Lungenenzündungen krank liegen (s), und zwar bleibt der Puls in engbrüstigen Personen in so fern mit wenigerer Gefar aus, daß sich dieses Uebel, wenn man eine Blutader öffnet, heben läst (t), da es sonst doch vorher den ärgsten Schrekken einjagte. So fing der Pulsschlag an von dem knochigen Mittelpunkte des Zwerchfells auszubleiben (u): wie auch von einem Fasergewächse, welches die grosse Schlagader verstopft hatte (x); auch von den Klappen, die über der Aorten- mündung Wache halten (y), als welche eine knochige Natur an sich genommen hatten, so daß nicht nur das Blut in die Aorte sparsamer kam, sondern auch genötigt ward, ins Herz selbst zurükkezutreten; ferner fing der Puls auch an aussenzubleiben, als ein Hökker den freien Weg durch die Lunge versperrte (y*). Vielleicht rührt der aussenbleibende Pulsschlag im Alter, von der erwei- terten und knorplig gewordnen Aorte her (z).
Schlimmer ist schon die Ursache, wenn sie von ei- nem geschwächten Herzen herrürt, welches einen kleinen Reiz nicht emfindet. So bleibt in den ärgsten Fiebern, die die Lebenskraft fast ganz und gar zerstören, der Puls- schlag beinahe völlig und so sehr aus, daß fast gar keiner
mehr
(s)[Spaltenumbruch]
Jch habe dieses oft und gar zu häufig gesehen. Jm Seitenste- chen. Ephem. Natur. Curi. Dec. I. ann. 2. obs. 237.
(t) Vergl. damit bartholin Hist. 42. Cent. IV.
(u)Journal des Savans. 1751. Sept.
(x)[Spaltenumbruch]klavnig Nosocom. obs. 4. Daß dieses öfters die Ursache des Pulsausbleibens sey. mavchart de pulsu crepit. n. 21.
(y)cowper Philos. Transacti. n. 299. lvdwig Patholog. S. 135.
(y*)Ludwig ebendas.
(z)Philos. Transacti. n. 406. in einem 130 järigen Menschen.
Sechſtes Buch. Die Seitenbewegung
Viel groͤſſer und dabei felerhaft iſt diejenige Selten- heit in den Pulsſchlaͤgen, welche man das Auſſenbleiben nennt, und die einerlei Urſache zum Grunde hat, naͤm- lich ebenfalls einen noch wenigeren Vorrat des Blutes in der Aorte, als ſonſt bei einem ſeltnen Pulsſchlage zu- gegen iſt. So bleibt der Puls auſſen in Engbruͤſtigen, in Perſonen, die an Lungenenzuͤndungen krank liegen (s), und zwar bleibt der Puls in engbruͤſtigen Perſonen in ſo fern mit wenigerer Gefar aus, daß ſich dieſes Uebel, wenn man eine Blutader oͤffnet, heben laͤſt (t), da es ſonſt doch vorher den aͤrgſten Schrekken einjagte. So fing der Pulsſchlag an von dem knochigen Mittelpunkte des Zwerchfells auszubleiben (u): wie auch von einem Faſergewaͤchſe, welches die groſſe Schlagader verſtopft hatte (x); auch von den Klappen, die uͤber der Aorten- muͤndung Wache halten (y), als welche eine knochige Natur an ſich genommen hatten, ſo daß nicht nur das Blut in die Aorte ſparſamer kam, ſondern auch genoͤtigt ward, ins Herz ſelbſt zuruͤkkezutreten; ferner fing der Puls auch an auſſenzubleiben, als ein Hoͤkker den freien Weg durch die Lunge verſperrte (y*). Vielleicht ruͤhrt der auſſenbleibende Pulsſchlag im Alter, von der erwei- terten und knorplig gewordnen Aorte her (z).
Schlimmer iſt ſchon die Urſache, wenn ſie von ei- nem geſchwaͤchten Herzen herruͤrt, welches einen kleinen Reiz nicht emfindet. So bleibt in den aͤrgſten Fiebern, die die Lebenskraft faſt ganz und gar zerſtoͤren, der Puls- ſchlag beinahe voͤllig und ſo ſehr aus, daß faſt gar keiner
mehr
(s)[Spaltenumbruch]
Jch habe dieſes oft und gar zu haͤufig geſehen. Jm Seitenſte- chen. Ephem. Natur. Curi. Dec. I. ann. 2. obſ. 237.
(t) Vergl. damit bartholin Hiſt. 42. Cent. IV.
(u)Journal des Savans. 1751. Sept.
(x)[Spaltenumbruch]klavnig Noſocom. obſ. 4. Daß dieſes oͤfters die Urſache des Pulsausbleibens ſey. mavchart de pulſu crepit. n. 21.
(y)cowper Philoſ. Transacti. n. 299. lvdwig Patholog. S. 135.
(y*)Ludwig ebendaſ.
(z)Philoſ. Transacti. n. 406. in einem 130 jaͤrigen Menſchen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0434"n="414"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Sechſtes Buch. Die Seitenbewegung</hi></fw><lb/><p>Viel groͤſſer und dabei felerhaft iſt diejenige Selten-<lb/>
heit in den Pulsſchlaͤgen, welche man das Auſſenbleiben<lb/>
nennt, und die einerlei Urſache zum Grunde hat, naͤm-<lb/>
lich ebenfalls einen noch wenigeren Vorrat des Blutes<lb/>
in der Aorte, als ſonſt bei einem ſeltnen Pulsſchlage zu-<lb/>
gegen iſt. So bleibt der Puls auſſen in Engbruͤſtigen,<lb/>
in Perſonen, die an Lungenenzuͤndungen krank liegen <noteplace="foot"n="(s)"><cb/>
Jch habe dieſes oft und gar<lb/>
zu haͤufig geſehen. Jm Seitenſte-<lb/>
chen. <hirendition="#aq">Ephem. Natur. Curi. Dec. I.<lb/>
ann. 2. obſ.</hi> 237.</note>,<lb/>
und zwar bleibt der Puls in engbruͤſtigen Perſonen in ſo<lb/>
fern mit wenigerer Gefar aus, daß ſich dieſes Uebel,<lb/>
wenn man eine Blutader oͤffnet, heben laͤſt <noteplace="foot"n="(t)">Vergl. damit <hirendition="#aq"><hirendition="#k">bartholin</hi><lb/>
Hiſt. 42. Cent. IV.</hi></note>, da es ſonſt<lb/>
doch vorher den aͤrgſten Schrekken einjagte. So fing<lb/>
der Pulsſchlag an von dem knochigen Mittelpunkte des<lb/>
Zwerchfells auszubleiben <noteplace="foot"n="(u)"><hirendition="#aq">Journal des Savans. 1751.<lb/>
Sept.</hi></note>: wie auch von einem<lb/>
Faſergewaͤchſe, welches die groſſe Schlagader verſtopft<lb/>
hatte <noteplace="foot"n="(x)"><cb/><hirendition="#aq"><hirendition="#k">klavnig</hi> Noſocom. obſ.</hi> 4.<lb/>
Daß dieſes oͤfters die Urſache des<lb/>
Pulsausbleibens ſey. <hirendition="#aq"><hirendition="#k">mavchart</hi><lb/>
de pulſu crepit. n.</hi> 21.</note>; auch von den Klappen, die uͤber der Aorten-<lb/>
muͤndung Wache halten <noteplace="foot"n="(y)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">cowper</hi> Philoſ. Transacti.<lb/>
n. 299. <hirendition="#k">lvdwig</hi> Patholog.</hi> S. 135.</note>, als welche eine knochige<lb/>
Natur an ſich genommen hatten, ſo daß nicht nur das<lb/>
Blut in die Aorte ſparſamer kam, ſondern auch genoͤtigt<lb/>
ward, ins Herz ſelbſt zuruͤkkezutreten; ferner fing der<lb/>
Puls auch an auſſenzubleiben, als ein Hoͤkker den freien<lb/>
Weg durch die Lunge verſperrte <noteplace="foot"n="(y*)"><hirendition="#fr">Ludwig</hi> ebendaſ.</note>. Vielleicht ruͤhrt<lb/>
der auſſenbleibende Pulsſchlag im Alter, von der erwei-<lb/>
terten und knorplig gewordnen Aorte her <noteplace="foot"n="(z)"><hirendition="#aq">Philoſ. Transacti. n.</hi> 406. in<lb/>
einem 130 jaͤrigen Menſchen.</note>.</p><lb/><p>Schlimmer iſt ſchon die Urſache, wenn ſie von ei-<lb/>
nem geſchwaͤchten Herzen herruͤrt, welches einen kleinen<lb/>
Reiz nicht emfindet. So bleibt in den aͤrgſten Fiebern,<lb/>
die die Lebenskraft faſt ganz und gar zerſtoͤren, der Puls-<lb/>ſchlag beinahe voͤllig und ſo ſehr aus, daß faſt gar keiner<lb/><fwplace="bottom"type="catch">mehr</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[414/0434]
Sechſtes Buch. Die Seitenbewegung
Viel groͤſſer und dabei felerhaft iſt diejenige Selten-
heit in den Pulsſchlaͤgen, welche man das Auſſenbleiben
nennt, und die einerlei Urſache zum Grunde hat, naͤm-
lich ebenfalls einen noch wenigeren Vorrat des Blutes
in der Aorte, als ſonſt bei einem ſeltnen Pulsſchlage zu-
gegen iſt. So bleibt der Puls auſſen in Engbruͤſtigen,
in Perſonen, die an Lungenenzuͤndungen krank liegen (s),
und zwar bleibt der Puls in engbruͤſtigen Perſonen in ſo
fern mit wenigerer Gefar aus, daß ſich dieſes Uebel,
wenn man eine Blutader oͤffnet, heben laͤſt (t), da es ſonſt
doch vorher den aͤrgſten Schrekken einjagte. So fing
der Pulsſchlag an von dem knochigen Mittelpunkte des
Zwerchfells auszubleiben (u): wie auch von einem
Faſergewaͤchſe, welches die groſſe Schlagader verſtopft
hatte (x); auch von den Klappen, die uͤber der Aorten-
muͤndung Wache halten (y), als welche eine knochige
Natur an ſich genommen hatten, ſo daß nicht nur das
Blut in die Aorte ſparſamer kam, ſondern auch genoͤtigt
ward, ins Herz ſelbſt zuruͤkkezutreten; ferner fing der
Puls auch an auſſenzubleiben, als ein Hoͤkker den freien
Weg durch die Lunge verſperrte (y*). Vielleicht ruͤhrt
der auſſenbleibende Pulsſchlag im Alter, von der erwei-
terten und knorplig gewordnen Aorte her (z).
Schlimmer iſt ſchon die Urſache, wenn ſie von ei-
nem geſchwaͤchten Herzen herruͤrt, welches einen kleinen
Reiz nicht emfindet. So bleibt in den aͤrgſten Fiebern,
die die Lebenskraft faſt ganz und gar zerſtoͤren, der Puls-
ſchlag beinahe voͤllig und ſo ſehr aus, daß faſt gar keiner
mehr
(s)
Jch habe dieſes oft und gar
zu haͤufig geſehen. Jm Seitenſte-
chen. Ephem. Natur. Curi. Dec. I.
ann. 2. obſ. 237.
(t) Vergl. damit bartholin
Hiſt. 42. Cent. IV.
(u) Journal des Savans. 1751.
Sept.
(x)
klavnig Noſocom. obſ. 4.
Daß dieſes oͤfters die Urſache des
Pulsausbleibens ſey. mavchart
de pulſu crepit. n. 21.
(y) cowper Philoſ. Transacti.
n. 299. lvdwig Patholog. S. 135.
(y*) Ludwig ebendaſ.
(z) Philoſ. Transacti. n. 406. in
einem 130 jaͤrigen Menſchen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/434>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.