mengezogne Schlagader, den Finger mit einem harten Stosse trift, und dennoch dem Herzen so starken Wie- derstand thut, daß sie sich wenig zur Erweiterung beque- men will: so würde ein Pulsschlag beschaffen seyn, den eine knochig gewordne Schlagader hervorbringen würde, wofern nicht Schlagadern, indem sie zu Knochen wer- den, gemeiniglich zu gleicher Zeit auch weiter würden. Ein weicher Puls ist von einem kleinen in dem Stükke unterschieden, daß die Schlagader voll ist; von einem harten, daß das Herz sein Blut nur schwach herbei- wälzt, und die Ader nur schwach erweitert. Es ist der Pulsschlag in der Lungenentzündung weich, weil dar- innen eine fieberhafte Vollblütigkeit herrschet, und den- noch die vom linken Herzen kommende Blutwelle, wegen der Verstopfung in der Lunge, ganz unansenlich ist.
Die übrigen Arten der Pulsschläge werden nicht von der Natur eines einzelnen Pulsschlages hergenom- men, sondern sie entstehen aus der Vergleichung eini- ger hinter einander folgenden Schläge unter sich. So ist ein gleichmäßiger von einem ungleichen darinnen verschieden, weil im erstern viele ordentlich, und nach gleich grossen Zwischenzeiten geschehende Schläge erfol- gen, und dieselbe ebenfalls gros, stark und hart sind, oder wenigstens den Karakter der andern Arten unver- ändert behaupten. So unterscheidet sich ein wechseln- der Puls von einem fortdaurenden darinnen, daß die Zwischenzeiten in diesem den natürlichen Absäzzen näher kommen, und in jenem zu gros sind, es mag nun der Puls ungleich werden und so anhalten, oder er mag zwar gleichlange, aber zu grosse Zwischenzeiten haben. Man erlaube uns einige wenige, und zwar die berümteste unter den ungleichen Pulsschlägen, mit einem Worte zu be- rüren. Zweischlägig (dicrotus) (m) heist ein Puls, wenn sich zwo erweiternde Schlagadern ungemein schnell
einan-
(m)marqvet S. 32.
E e 2
des Blutes, durch die Schlagadern.
mengezogne Schlagader, den Finger mit einem harten Stoſſe trift, und dennoch dem Herzen ſo ſtarken Wie- derſtand thut, daß ſie ſich wenig zur Erweiterung beque- men will: ſo wuͤrde ein Pulsſchlag beſchaffen ſeyn, den eine knochig gewordne Schlagader hervorbringen wuͤrde, wofern nicht Schlagadern, indem ſie zu Knochen wer- den, gemeiniglich zu gleicher Zeit auch weiter wuͤrden. Ein weicher Puls iſt von einem kleinen in dem Stuͤkke unterſchieden, daß die Schlagader voll iſt; von einem harten, daß das Herz ſein Blut nur ſchwach herbei- waͤlzt, und die Ader nur ſchwach erweitert. Es iſt der Pulsſchlag in der Lungenentzuͤndung weich, weil dar- innen eine fieberhafte Vollbluͤtigkeit herrſchet, und den- noch die vom linken Herzen kommende Blutwelle, wegen der Verſtopfung in der Lunge, ganz unanſenlich iſt.
Die uͤbrigen Arten der Pulsſchlaͤge werden nicht von der Natur eines einzelnen Pulsſchlages hergenom- men, ſondern ſie entſtehen aus der Vergleichung eini- ger hinter einander folgenden Schlaͤge unter ſich. So iſt ein gleichmaͤßiger von einem ungleichen darinnen verſchieden, weil im erſtern viele ordentlich, und nach gleich groſſen Zwiſchenzeiten geſchehende Schlaͤge erfol- gen, und dieſelbe ebenfalls gros, ſtark und hart ſind, oder wenigſtens den Karakter der andern Arten unver- aͤndert behaupten. So unterſcheidet ſich ein wechſeln- der Puls von einem fortdaurenden darinnen, daß die Zwiſchenzeiten in dieſem den natuͤrlichen Abſaͤzzen naͤher kommen, und in jenem zu gros ſind, es mag nun der Puls ungleich werden und ſo anhalten, oder er mag zwar gleichlange, aber zu groſſe Zwiſchenzeiten haben. Man erlaube uns einige wenige, und zwar die beruͤmteſte unter den ungleichen Pulsſchlaͤgen, mit einem Worte zu be- ruͤren. Zweiſchlaͤgig (dicrotus) (m) heiſt ein Puls, wenn ſich zwo erweiternde Schlagadern ungemein ſchnell
einan-
(m)marqvet S. 32.
E e 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0455"n="435"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">des Blutes, durch die Schlagadern.</hi></fw><lb/>
mengezogne Schlagader, den Finger mit einem harten<lb/>
Stoſſe trift, und dennoch dem Herzen ſo ſtarken Wie-<lb/>
derſtand thut, daß ſie ſich wenig zur Erweiterung beque-<lb/>
men will: ſo wuͤrde ein Pulsſchlag beſchaffen ſeyn, den<lb/>
eine knochig gewordne Schlagader hervorbringen wuͤrde,<lb/>
wofern nicht Schlagadern, indem ſie zu Knochen wer-<lb/>
den, gemeiniglich zu gleicher Zeit auch weiter wuͤrden.<lb/>
Ein weicher Puls iſt von einem kleinen in dem Stuͤkke<lb/>
unterſchieden, daß die Schlagader voll iſt; von einem<lb/>
harten, daß das Herz ſein Blut nur ſchwach herbei-<lb/>
waͤlzt, und die Ader nur ſchwach erweitert. Es iſt der<lb/>
Pulsſchlag in der Lungenentzuͤndung weich, weil dar-<lb/>
innen eine fieberhafte Vollbluͤtigkeit herrſchet, und den-<lb/>
noch die vom linken Herzen kommende Blutwelle, wegen<lb/>
der Verſtopfung in der Lunge, ganz unanſenlich iſt.</p><lb/><p>Die uͤbrigen Arten der Pulsſchlaͤge werden nicht<lb/>
von der Natur eines einzelnen Pulsſchlages hergenom-<lb/>
men, ſondern ſie entſtehen aus der Vergleichung eini-<lb/>
ger hinter einander folgenden Schlaͤge unter ſich. So<lb/>
iſt ein <hirendition="#fr">gleichmaͤßiger</hi> von einem ungleichen darinnen<lb/>
verſchieden, weil im erſtern viele ordentlich, und nach<lb/>
gleich groſſen Zwiſchenzeiten geſchehende Schlaͤge erfol-<lb/>
gen, und dieſelbe ebenfalls gros, ſtark und hart ſind,<lb/>
oder wenigſtens den Karakter der andern Arten unver-<lb/>
aͤndert behaupten. So unterſcheidet ſich ein <hirendition="#fr">wechſeln-<lb/>
der</hi> Puls von einem fortdaurenden darinnen, daß die<lb/>
Zwiſchenzeiten in dieſem den natuͤrlichen Abſaͤzzen naͤher<lb/>
kommen, und in jenem zu gros ſind, es mag nun der<lb/>
Puls ungleich werden und ſo anhalten, oder er mag zwar<lb/>
gleichlange, aber zu groſſe Zwiſchenzeiten haben. Man<lb/>
erlaube uns einige wenige, und zwar die beruͤmteſte unter<lb/>
den ungleichen Pulsſchlaͤgen, mit einem Worte zu be-<lb/>
ruͤren. <hirendition="#fr">Zweiſchlaͤgig</hi> (<hirendition="#aq">dicrotus</hi>) <noteplace="foot"n="(m)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">marqvet</hi></hi> S. 32.</note> heiſt ein Puls,<lb/>
wenn ſich zwo erweiternde Schlagadern ungemein ſchnell<lb/><fwplace="bottom"type="sig">E e 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">einan-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[435/0455]
des Blutes, durch die Schlagadern.
mengezogne Schlagader, den Finger mit einem harten
Stoſſe trift, und dennoch dem Herzen ſo ſtarken Wie-
derſtand thut, daß ſie ſich wenig zur Erweiterung beque-
men will: ſo wuͤrde ein Pulsſchlag beſchaffen ſeyn, den
eine knochig gewordne Schlagader hervorbringen wuͤrde,
wofern nicht Schlagadern, indem ſie zu Knochen wer-
den, gemeiniglich zu gleicher Zeit auch weiter wuͤrden.
Ein weicher Puls iſt von einem kleinen in dem Stuͤkke
unterſchieden, daß die Schlagader voll iſt; von einem
harten, daß das Herz ſein Blut nur ſchwach herbei-
waͤlzt, und die Ader nur ſchwach erweitert. Es iſt der
Pulsſchlag in der Lungenentzuͤndung weich, weil dar-
innen eine fieberhafte Vollbluͤtigkeit herrſchet, und den-
noch die vom linken Herzen kommende Blutwelle, wegen
der Verſtopfung in der Lunge, ganz unanſenlich iſt.
Die uͤbrigen Arten der Pulsſchlaͤge werden nicht
von der Natur eines einzelnen Pulsſchlages hergenom-
men, ſondern ſie entſtehen aus der Vergleichung eini-
ger hinter einander folgenden Schlaͤge unter ſich. So
iſt ein gleichmaͤßiger von einem ungleichen darinnen
verſchieden, weil im erſtern viele ordentlich, und nach
gleich groſſen Zwiſchenzeiten geſchehende Schlaͤge erfol-
gen, und dieſelbe ebenfalls gros, ſtark und hart ſind,
oder wenigſtens den Karakter der andern Arten unver-
aͤndert behaupten. So unterſcheidet ſich ein wechſeln-
der Puls von einem fortdaurenden darinnen, daß die
Zwiſchenzeiten in dieſem den natuͤrlichen Abſaͤzzen naͤher
kommen, und in jenem zu gros ſind, es mag nun der
Puls ungleich werden und ſo anhalten, oder er mag zwar
gleichlange, aber zu groſſe Zwiſchenzeiten haben. Man
erlaube uns einige wenige, und zwar die beruͤmteſte unter
den ungleichen Pulsſchlaͤgen, mit einem Worte zu be-
ruͤren. Zweiſchlaͤgig (dicrotus) (m) heiſt ein Puls,
wenn ſich zwo erweiternde Schlagadern ungemein ſchnell
einan-
(m) marqvet S. 32.
E e 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/455>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.