Endlich so können doch in den Polargewässern, auf denen in der grösten Sommerhizze dennoch ungeheure Eisinseln oben aufschwimmen, die wallfischartigen Fi- sche, selbst unter den drohenden Eisgefilden, ihr Blut flüßig und frei vom Gerinnen, und so gar wärmer, als unser Blut ist, erhalten; denn es ist das Blut in den Meerkälbern nicht um ein geringes wärmer, als das menschliche (b): und gemeiniglich führen diese Thiere ein desto glükkseeligeres Leben, je kälter die Wasser sind, wel- che sie bewonen; indem sie sich zwischen den gefrornen Jnseln und selbst unter den eisigen Wasserstrekken, er- wünschte Zufluchtsörter wälen können. Es ist aber schon an sich so ausgemacht, daß diese Kälte von der Be- wegung und den körperlichen Bemühungen überstanden werden könne, daß selbst die Wilden, welche in dieser eisi- gen Luft leicht dauren können, wenn sie nur dabei jagen, selbst wissen, daß wenn sie aus Furcht, sich vom Wege zu verschlagen, ausruhen wollen, sie sich den Todt ohn- felbar zuziehen (b*).
Es sagen vortrefliche Männer noch, man würde ihre Meinung immer bündiger erwiesen finden, je tiefer man sich in ihre Untersuchung einlassen wollte. Sie hätten gezeigt, daß, wenn die Bewegung im Blute ihre Rich- tigkeit habe, auch die Wärme richtig sey, und sie würden nunmehr auch zeigen, daß sich diese Wärme mit der ver- grösserten Bewegung ebenfalls vergrössere, beide ver- minderten sich zu gleicher Zeit, und beide höben sich zu- gleich einander auf. Da nun die menschliche Lebens- wärme ohngefähr 94 oder 96 farenheitsche Grade be- trüge, so wüchse diese Wärme, so bald die Anzal die Völ- ligkeit der Pulsschläge, und folglich die Schnelligkeit des Blutes zunimmt (c). Es möchte nämlich vom Zorne,
dem
(b)[Spaltenumbruch]
Das Meerkalb ist am Felle 102, im Bauche 103 Grade warm. martine Essays. S. 317. Vergl. damit das 5. Buch. 2. Absch. §. 3.
(b*)[Spaltenumbruch]
Die Oftiaken Isbrand ides itin, S. 45.
(c) 5. Buch. 2. Abschn. §. 3. 6. Buch. 2. Abschn. §. 18. Bei der
grö-
Sechſtes Buch. Die Wirkung des
Endlich ſo koͤnnen doch in den Polargewaͤſſern, auf denen in der groͤſten Sommerhizze dennoch ungeheure Eisinſeln oben aufſchwimmen, die wallfiſchartigen Fi- ſche, ſelbſt unter den drohenden Eisgefilden, ihr Blut fluͤßig und frei vom Gerinnen, und ſo gar waͤrmer, als unſer Blut iſt, erhalten; denn es iſt das Blut in den Meerkaͤlbern nicht um ein geringes waͤrmer, als das menſchliche (b): und gemeiniglich fuͤhren dieſe Thiere ein deſto gluͤkkſeeligeres Leben, je kaͤlter die Waſſer ſind, wel- che ſie bewonen; indem ſie ſich zwiſchen den gefrornen Jnſeln und ſelbſt unter den eiſigen Waſſerſtrekken, er- wuͤnſchte Zufluchtsoͤrter waͤlen koͤnnen. Es iſt aber ſchon an ſich ſo ausgemacht, daß dieſe Kaͤlte von der Be- wegung und den koͤrperlichen Bemuͤhungen uͤberſtanden werden koͤnne, daß ſelbſt die Wilden, welche in dieſer eiſi- gen Luft leicht dauren koͤnnen, wenn ſie nur dabei jagen, ſelbſt wiſſen, daß wenn ſie aus Furcht, ſich vom Wege zu verſchlagen, ausruhen wollen, ſie ſich den Todt ohn- felbar zuziehen (b*).
Es ſagen vortrefliche Maͤnner noch, man wuͤrde ihre Meinung immer buͤndiger erwieſen finden, je tiefer man ſich in ihre Unterſuchung einlaſſen wollte. Sie haͤtten gezeigt, daß, wenn die Bewegung im Blute ihre Rich- tigkeit habe, auch die Waͤrme richtig ſey, und ſie wuͤrden nunmehr auch zeigen, daß ſich dieſe Waͤrme mit der ver- groͤſſerten Bewegung ebenfalls vergroͤſſere, beide ver- minderten ſich zu gleicher Zeit, und beide hoͤben ſich zu- gleich einander auf. Da nun die menſchliche Lebens- waͤrme ohngefaͤhr 94 oder 96 farenheitſche Grade be- truͤge, ſo wuͤchſe dieſe Waͤrme, ſo bald die Anzal die Voͤl- ligkeit der Pulsſchlaͤge, und folglich die Schnelligkeit des Blutes zunimmt (c). Es moͤchte naͤmlich vom Zorne,
dem
(b)[Spaltenumbruch]
Das Meerkalb iſt am Felle 102, im Bauche 103 Grade warm. martine Eſſays. S. 317. Vergl. damit das 5. Buch. 2. Abſch. §. 3.
(b*)[Spaltenumbruch]
Die Oftiaken Isbrand ideſ itin, S. 45.
(c) 5. Buch. 2. Abſchn. §. 3. 6. Buch. 2. Abſchn. §. 18. Bei der
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Sechſtes Buch. Die Wirkung des
Endlich ſo koͤnnen doch in den Polargewaͤſſern, auf
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Eisinſeln oben aufſchwimmen, die wallfiſchartigen Fi-
ſche, ſelbſt unter den drohenden Eisgefilden, ihr Blut
fluͤßig und frei vom Gerinnen, und ſo gar waͤrmer, als
unſer Blut iſt, erhalten; denn es iſt das Blut in den
Meerkaͤlbern nicht um ein geringes waͤrmer, als das
menſchliche (b): und gemeiniglich fuͤhren dieſe Thiere ein
deſto gluͤkkſeeligeres Leben, je kaͤlter die Waſſer ſind, wel-
che ſie bewonen; indem ſie ſich zwiſchen den gefrornen
Jnſeln und ſelbſt unter den eiſigen Waſſerſtrekken, er-
wuͤnſchte Zufluchtsoͤrter waͤlen koͤnnen. Es iſt aber
ſchon an ſich ſo ausgemacht, daß dieſe Kaͤlte von der Be-
wegung und den koͤrperlichen Bemuͤhungen uͤberſtanden
werden koͤnne, daß ſelbſt die Wilden, welche in dieſer eiſi-
gen Luft leicht dauren koͤnnen, wenn ſie nur dabei jagen,
ſelbſt wiſſen, daß wenn ſie aus Furcht, ſich vom Wege
zu verſchlagen, ausruhen wollen, ſie ſich den Todt ohn-
felbar zuziehen (b*).
Es ſagen vortrefliche Maͤnner noch, man wuͤrde ihre
Meinung immer buͤndiger erwieſen finden, je tiefer man
ſich in ihre Unterſuchung einlaſſen wollte. Sie haͤtten
gezeigt, daß, wenn die Bewegung im Blute ihre Rich-
tigkeit habe, auch die Waͤrme richtig ſey, und ſie wuͤrden
nunmehr auch zeigen, daß ſich dieſe Waͤrme mit der ver-
groͤſſerten Bewegung ebenfalls vergroͤſſere, beide ver-
minderten ſich zu gleicher Zeit, und beide hoͤben ſich zu-
gleich einander auf. Da nun die menſchliche Lebens-
waͤrme ohngefaͤhr 94 oder 96 farenheitſche Grade be-
truͤge, ſo wuͤchſe dieſe Waͤrme, ſo bald die Anzal die Voͤl-
ligkeit der Pulsſchlaͤge, und folglich die Schnelligkeit des
Blutes zunimmt (c). Es moͤchte naͤmlich vom Zorne,
dem
(b)
Das Meerkalb iſt am Felle
102, im Bauche 103 Grade warm.
martine Eſſays. S. 317. Vergl.
damit das 5. Buch. 2. Abſch. §. 3.
(b*)
Die Oftiaken Isbrand ideſ
itin, S. 45.
(c) 5. Buch. 2. Abſchn. §. 3. 6.
Buch. 2. Abſchn. §. 18. Bei der
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/498>, abgerufen am 22.11.2024.
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