Finstern die Gestalt von einem leuchtenden Regen an (l). Aber es ist diese Materie in kaltblütigen Thieren eben so wohl zugegen, und doch erzeugt sie keine Wärme. Eine Natter, welche man geschikkt gemacht, einen elektrischen Strom von sich zu lassen, gibt eben so gut Funken von sich, als die Maus, deren Blut doch warm ist. Aber auch der Leichnam gibt die Funken eben so leicht von sich. Folglich scheint die Gegenwart einer elektrischen Materie, bei der Wärme nicht allemal unumgänglich notwendig zu seyn.
Ferner vermisset man in der Hipotese des Robert Douglas in der That das Neue (m), und es mag ge- nung seyn darunter ein einziges Exempel anzufüren. Man hat an Fröschen und Fischen vornämlich diejenigen Versuche gemacht, durch die man versichert worden, daß die kleinsten Gefäschen nicht mehr, als ein einziges Kü- gelchen durchlassen; und dies gilt auch von denen Ver- suchen, durch die man geglaubt zeigen zu können, daß dieses einzige Kügelchen kleiner, als sein Gefäschen sey, und daß es seine Figur ändere, um durchpaßiren zu kön- nen. Dieser Frosch thut daher den Douglasschen For- derungen alles Gnüge; die Bedingungen sind genau er- füllt, welche dieser berümte Mann zur Hervorbringung einer Wärme nötig zu haben glaubt. Und doch ist die- ser Frosch, und der mit ihm verwandte Fisch, von kalter Beschaffenheit. Folglich erfolgt dergleichen Reiben nicht von der Enge der kleinsten Gefässe, da doch dieses Reiben Wärme erzeugt haben sollte. Aber auch die Eingeweide, die mit der Luft nicht zusammengrenzen, sind allezeit um etwas wärmer, als die Haut (n).
Was man wieder die Boerhaavische und gemeine Meinung, von der Erzeugung der Wärme vorbringt, beweiset, aber doch nicht vollkommen genau, Wasser
wür-
(l)[Spaltenumbruch]deshais de hemipleg. per electricit. curata.
(m) Es sagt uns der berümte [Spaltenumbruch]
Mann, er trüge neue und noch von keinem berürte Dinge vor S. 130.
(n)martine Essays S. 338.
Sechſtes Buch. Die Wirkung des
Finſtern die Geſtalt von einem leuchtenden Regen an (l). Aber es iſt dieſe Materie in kaltbluͤtigen Thieren eben ſo wohl zugegen, und doch erzeugt ſie keine Waͤrme. Eine Natter, welche man geſchikkt gemacht, einen elektriſchen Strom von ſich zu laſſen, gibt eben ſo gut Funken von ſich, als die Maus, deren Blut doch warm iſt. Aber auch der Leichnam gibt die Funken eben ſo leicht von ſich. Folglich ſcheint die Gegenwart einer elektriſchen Materie, bei der Waͤrme nicht allemal unumgaͤnglich notwendig zu ſeyn.
Ferner vermiſſet man in der Hipoteſe des Robert Douglas in der That das Neue (m), und es mag ge- nung ſeyn darunter ein einziges Exempel anzufuͤren. Man hat an Froͤſchen und Fiſchen vornaͤmlich diejenigen Verſuche gemacht, durch die man verſichert worden, daß die kleinſten Gefaͤschen nicht mehr, als ein einziges Kuͤ- gelchen durchlaſſen; und dies gilt auch von denen Ver- ſuchen, durch die man geglaubt zeigen zu koͤnnen, daß dieſes einzige Kuͤgelchen kleiner, als ſein Gefaͤschen ſey, und daß es ſeine Figur aͤndere, um durchpaßiren zu koͤn- nen. Dieſer Froſch thut daher den Douglasſchen For- derungen alles Gnuͤge; die Bedingungen ſind genau er- fuͤllt, welche dieſer beruͤmte Mann zur Hervorbringung einer Waͤrme noͤtig zu haben glaubt. Und doch iſt die- ſer Froſch, und der mit ihm verwandte Fiſch, von kalter Beſchaffenheit. Folglich erfolgt dergleichen Reiben nicht von der Enge der kleinſten Gefaͤſſe, da doch dieſes Reiben Waͤrme erzeugt haben ſollte. Aber auch die Eingeweide, die mit der Luft nicht zuſammengrenzen, ſind allezeit um etwas waͤrmer, als die Haut (n).
Was man wieder die Boerhaaviſche und gemeine Meinung, von der Erzeugung der Waͤrme vorbringt, beweiſet, aber doch nicht vollkommen genau, Waſſer
wuͤr-
(l)[Spaltenumbruch]deſhaiſ de hemipleg. per electricit. curata.
(m) Es ſagt uns der beruͤmte [Spaltenumbruch]
Mann, er truͤge neue und noch von keinem beruͤrte Dinge vor S. 130.
(n)martine Eſſays S. 338.
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Sechſtes Buch. Die Wirkung des
Finſtern die Geſtalt von einem leuchtenden Regen an (l).
Aber es iſt dieſe Materie in kaltbluͤtigen Thieren eben ſo
wohl zugegen, und doch erzeugt ſie keine Waͤrme. Eine
Natter, welche man geſchikkt gemacht, einen elektriſchen
Strom von ſich zu laſſen, gibt eben ſo gut Funken von
ſich, als die Maus, deren Blut doch warm iſt. Aber
auch der Leichnam gibt die Funken eben ſo leicht von ſich.
Folglich ſcheint die Gegenwart einer elektriſchen Materie,
bei der Waͤrme nicht allemal unumgaͤnglich notwendig
zu ſeyn.
Ferner vermiſſet man in der Hipoteſe des Robert
Douglas in der That das Neue (m), und es mag ge-
nung ſeyn darunter ein einziges Exempel anzufuͤren.
Man hat an Froͤſchen und Fiſchen vornaͤmlich diejenigen
Verſuche gemacht, durch die man verſichert worden, daß
die kleinſten Gefaͤschen nicht mehr, als ein einziges Kuͤ-
gelchen durchlaſſen; und dies gilt auch von denen Ver-
ſuchen, durch die man geglaubt zeigen zu koͤnnen, daß
dieſes einzige Kuͤgelchen kleiner, als ſein Gefaͤschen ſey,
und daß es ſeine Figur aͤndere, um durchpaßiren zu koͤn-
nen. Dieſer Froſch thut daher den Douglasſchen For-
derungen alles Gnuͤge; die Bedingungen ſind genau er-
fuͤllt, welche dieſer beruͤmte Mann zur Hervorbringung
einer Waͤrme noͤtig zu haben glaubt. Und doch iſt die-
ſer Froſch, und der mit ihm verwandte Fiſch, von kalter
Beſchaffenheit. Folglich erfolgt dergleichen Reiben
nicht von der Enge der kleinſten Gefaͤſſe, da doch dieſes
Reiben Waͤrme erzeugt haben ſollte. Aber auch die
Eingeweide, die mit der Luft nicht zuſammengrenzen,
ſind allezeit um etwas waͤrmer, als die Haut (n).
Was man wieder die Boerhaaviſche und gemeine
Meinung, von der Erzeugung der Waͤrme vorbringt,
beweiſet, aber doch nicht vollkommen genau, Waſſer
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(l)
deſhaiſ de hemipleg. per
electricit. curata.
(m) Es ſagt uns der beruͤmte
Mann, er truͤge neue und noch von
keinem beruͤrte Dinge vor S. 130.
(n) martine Eſſays S. 338.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/514>, abgerufen am 22.11.2024.
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