blasen muste, indessen daß ich einen dünnen, doch aber mit einiger Farbe angemachten Saft, mittelst einer Sprizze, in die Holader hineintrieb. Denn es lief dieser Saft ungemein leicht, durch die sehr ausgedehnte Lunge, in die linke Kammer und in die Luftröhre hinein. Jn so fern öffnet also das Einatmen dem Blute die Wege durch die Lunge, es beflügelt das Blut, und es würde diese Lunge, ohne den Beistand dieses Einatmens, ein unwegsames Eingeweide für das Blut seyn. Doch es soll diese Betrachtung ihren Plazz anderswo schon finden. Man mus hier noch eine neuere Wirksamkeit des Atemholens berüren, welche einen Blutaderpuls, der aber mit dem Atemholen zugleich verbunden ist, hervorbringt.
Es kam im Jare 1750 ein kleines Werk zum Vor- scheine (m), dessen Verfasser J. Daniel Schlichting war, darinnen er die wechselweise Bewegung des Ge- hirns, wieder den Boerhaave und wieder die Sophi- sten, durch Versuche verteidigte. Da ich mich über das Zutrauen dieses berümten Mannes zu sich selbst wundern muste, welches ich mit dem ungezweifelten Festkleben der harten Gehirnhaut an der Hirnschale nicht zusammen- reimen konnte, so suchte ich diese Zweifel, wiewohl ich keine grosse Erwartung vor mir hatte, dennoch durch Versuche aufzulösen. Diese stellte ich in den Jaren 1751. 1752 und 1753 an, ich las sie im Aprilmonate des Jares 1752 der Versammlung der königlichen Gesell- schaft vor (n), und ohngefehr im Anfange dieses Jares unterhielt ich mich mit einigen Freunden in Frankreich, über diese Materie durch Briefwechsel (o), Es wurden eben diese Versuche im Jare 1753 vom berümten
Wals-
(m)[Spaltenumbruch]
Unter den Memoires des Savans etrangers presentes a l' Academie. T. I.
(n) Unter deren Commentariis sie sich mit befinden. T. II.
(o)[Spaltenumbruch]
Mit dem D. de sauvages unterm 10. December 1751. mit dem von Reaumur, unterm 26. Januar. 1752.
L l 4
des Blutes, in den Blutadern.
blaſen muſte, indeſſen daß ich einen duͤnnen, doch aber mit einiger Farbe angemachten Saft, mittelſt einer Sprizze, in die Holader hineintrieb. Denn es lief dieſer Saft ungemein leicht, durch die ſehr ausgedehnte Lunge, in die linke Kammer und in die Luftroͤhre hinein. Jn ſo fern oͤffnet alſo das Einatmen dem Blute die Wege durch die Lunge, es befluͤgelt das Blut, und es wuͤrde dieſe Lunge, ohne den Beiſtand dieſes Einatmens, ein unwegſames Eingeweide fuͤr das Blut ſeyn. Doch es ſoll dieſe Betrachtung ihren Plazz anderswo ſchon finden. Man mus hier noch eine neuere Wirkſamkeit des Atemholens beruͤren, welche einen Blutaderpuls, der aber mit dem Atemholen zugleich verbunden iſt, hervorbringt.
Es kam im Jare 1750 ein kleines Werk zum Vor- ſcheine (m), deſſen Verfaſſer J. Daniel Schlichting war, darinnen er die wechſelweiſe Bewegung des Ge- hirns, wieder den Boerhaave und wieder die Sophi- ſten, durch Verſuche verteidigte. Da ich mich uͤber das Zutrauen dieſes beruͤmten Mannes zu ſich ſelbſt wundern muſte, welches ich mit dem ungezweifelten Feſtkleben der harten Gehirnhaut an der Hirnſchale nicht zuſammen- reimen konnte, ſo ſuchte ich dieſe Zweifel, wiewohl ich keine groſſe Erwartung vor mir hatte, dennoch durch Verſuche aufzuloͤſen. Dieſe ſtellte ich in den Jaren 1751. 1752 und 1753 an, ich las ſie im Aprilmonate des Jares 1752 der Verſammlung der koͤniglichen Geſell- ſchaft vor (n), und ohngefehr im Anfange dieſes Jares unterhielt ich mich mit einigen Freunden in Frankreich, uͤber dieſe Materie durch Briefwechſel (o), Es wurden eben dieſe Verſuche im Jare 1753 vom beruͤmten
Wals-
(m)[Spaltenumbruch]
Unter den Memoires des Savans etrangers preſentés a l’ Academie. T. I.
(n) Unter deren Commentariis ſie ſich mit befinden. T. II.
(o)[Spaltenumbruch]
Mit dem D. de ſauvageſ unterm 10. December 1751. mit dem von Reaumur, unterm 26. Januar. 1752.
L l 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0555"n="535"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">des Blutes, in den Blutadern.</hi></fw><lb/>
blaſen muſte, indeſſen daß ich einen duͤnnen, doch aber<lb/>
mit einiger Farbe angemachten Saft, mittelſt einer<lb/>
Sprizze, in die Holader hineintrieb. Denn es lief<lb/>
dieſer Saft ungemein leicht, durch die ſehr ausgedehnte<lb/>
Lunge, in die linke Kammer und in die Luftroͤhre hinein.<lb/>
Jn ſo fern oͤffnet alſo das Einatmen dem Blute die<lb/>
Wege durch die Lunge, es befluͤgelt das Blut, und es<lb/>
wuͤrde dieſe Lunge, ohne den Beiſtand dieſes Einatmens,<lb/>
ein unwegſames Eingeweide fuͤr das Blut ſeyn. Doch<lb/>
es ſoll dieſe Betrachtung ihren Plazz anderswo ſchon<lb/>
finden. Man mus hier noch eine neuere Wirkſamkeit<lb/>
des Atemholens beruͤren, welche einen Blutaderpuls,<lb/>
der aber mit dem Atemholen zugleich verbunden iſt,<lb/>
hervorbringt.</p><lb/><p>Es kam im Jare 1750 ein kleines Werk zum Vor-<lb/>ſcheine <noteplace="foot"n="(m)"><cb/>
Unter den <hirendition="#aq">Memoires des<lb/>
Savans etrangers preſentés a<lb/>
l’ Academie. T. I.</hi></note>, deſſen Verfaſſer J. Daniel <hirendition="#fr">Schlichting</hi><lb/>
war, darinnen er die wechſelweiſe Bewegung des Ge-<lb/>
hirns, wieder den <hirendition="#fr">Boerhaave</hi> und wieder die <hirendition="#fr">Sophi-<lb/>ſten,</hi> durch Verſuche verteidigte. Da ich mich uͤber das<lb/>
Zutrauen dieſes beruͤmten Mannes zu ſich ſelbſt wundern<lb/>
muſte, welches ich mit dem ungezweifelten Feſtkleben der<lb/>
harten Gehirnhaut an der Hirnſchale nicht zuſammen-<lb/>
reimen konnte, ſo ſuchte ich dieſe Zweifel, wiewohl ich<lb/>
keine groſſe Erwartung vor mir hatte, dennoch durch<lb/>
Verſuche aufzuloͤſen. Dieſe ſtellte ich in den Jaren 1751.<lb/>
1752 und 1753 an, ich las ſie im Aprilmonate des<lb/>
Jares 1752 der Verſammlung der koͤniglichen Geſell-<lb/>ſchaft vor <noteplace="foot"n="(n)">Unter deren <hirendition="#aq">Commentariis</hi><lb/>ſie ſich mit befinden. <hirendition="#aq">T. II.</hi></note>, und ohngefehr im Anfange dieſes Jares<lb/>
unterhielt ich mich mit einigen Freunden in Frankreich,<lb/>
uͤber dieſe Materie durch Briefwechſel <noteplace="foot"n="(o)"><cb/>
Mit dem <hirendition="#aq">D. de <hirendition="#k">ſauvageſ</hi></hi><lb/>
unterm 10. December 1751. mit<lb/>
dem von <hirendition="#fr">Reaumur,</hi> unterm 26.<lb/>
Januar. 1752.</note>, Es wurden<lb/>
eben dieſe Verſuche im Jare 1753 vom beruͤmten<lb/><fwplace="bottom"type="sig">L l 4</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Wals-</hi></fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[535/0555]
des Blutes, in den Blutadern.
blaſen muſte, indeſſen daß ich einen duͤnnen, doch aber
mit einiger Farbe angemachten Saft, mittelſt einer
Sprizze, in die Holader hineintrieb. Denn es lief
dieſer Saft ungemein leicht, durch die ſehr ausgedehnte
Lunge, in die linke Kammer und in die Luftroͤhre hinein.
Jn ſo fern oͤffnet alſo das Einatmen dem Blute die
Wege durch die Lunge, es befluͤgelt das Blut, und es
wuͤrde dieſe Lunge, ohne den Beiſtand dieſes Einatmens,
ein unwegſames Eingeweide fuͤr das Blut ſeyn. Doch
es ſoll dieſe Betrachtung ihren Plazz anderswo ſchon
finden. Man mus hier noch eine neuere Wirkſamkeit
des Atemholens beruͤren, welche einen Blutaderpuls,
der aber mit dem Atemholen zugleich verbunden iſt,
hervorbringt.
Es kam im Jare 1750 ein kleines Werk zum Vor-
ſcheine (m), deſſen Verfaſſer J. Daniel Schlichting
war, darinnen er die wechſelweiſe Bewegung des Ge-
hirns, wieder den Boerhaave und wieder die Sophi-
ſten, durch Verſuche verteidigte. Da ich mich uͤber das
Zutrauen dieſes beruͤmten Mannes zu ſich ſelbſt wundern
muſte, welches ich mit dem ungezweifelten Feſtkleben der
harten Gehirnhaut an der Hirnſchale nicht zuſammen-
reimen konnte, ſo ſuchte ich dieſe Zweifel, wiewohl ich
keine groſſe Erwartung vor mir hatte, dennoch durch
Verſuche aufzuloͤſen. Dieſe ſtellte ich in den Jaren 1751.
1752 und 1753 an, ich las ſie im Aprilmonate des
Jares 1752 der Verſammlung der koͤniglichen Geſell-
ſchaft vor (n), und ohngefehr im Anfange dieſes Jares
unterhielt ich mich mit einigen Freunden in Frankreich,
uͤber dieſe Materie durch Briefwechſel (o), Es wurden
eben dieſe Verſuche im Jare 1753 vom beruͤmten
Wals-
(m)
Unter den Memoires des
Savans etrangers preſentés a
l’ Academie. T. I.
(n) Unter deren Commentariis
ſie ſich mit befinden. T. II.
(o)
Mit dem D. de ſauvageſ
unterm 10. December 1751. mit
dem von Reaumur, unterm 26.
Januar. 1752.
L l 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/555>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.