Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite
Sechstes Buch. Das Fortrükken

Es ergibt sich von selbst, daß an diesen Rechnungen
noch vieles mangelhaft sey. Selbst der Anfürer der
übrigen, Harvei (t), erinnerte, daß das Blut bald trä-
ger, bald schneller durchs Herz durchströme, folglich ge-
schehe nicht bei jedwedem Menschen, oder in allen Thei-
len eines Menschen, beständig zu einerlei Zeit der Um-
lauf des Blutes (u). Daher merkte Nikolaus Fontan
an, daß einige thierische Theile dem Herzen näher lägen,
andre weiter davon entfernt wären, und folglich würde
der Kreislauf in den ersten früher, in den leztern später
verrichtet (x). Eben diese Erinnerungen gibt auch
Keil (y), Schelhammer, Boerhaave (z), Schrei-
ber
(a) und Staehelin (b). Noch ohnlängst fand der
berümte von Sauvages, vermöge einer nicht unwar-
scheinlichen Vermutung, daß sich durchs Eingeweide in
gegebner Zeit mehr Blut hindurchbewege; es sey daselbst
der Weg gebanter, durch Muskeln hingegen rauher, und
schwieriger, indem er sich überredete, daß wenig Was-
ser in diesen Theilen aus den Schlagadern in die Blut-
adern übertrete (c).

Jch habe für meine Person, wenn ich das eingesprizzte
Wachs aller Orten im menschlichen Körper leicht seinen
Kreis beschreiben sahe, dennoch gefunden, daß es verdroß-
ner seine Strasse in den Drüsen, Membranen, aber leich-
ter in den Nieren, dem Pfortenadersifteme, der Lunge,
und im Gehirne, und wenigstens auch in den Gliedmaas-
sen ziemlich leicht verfolgte. Da ich ferner die Erschei-
nungen an lebendigen Thieren in Augenschein nahm, so
sahe ich zuverläßig, daß das Blut in einigen Theilen des
Thieres stillestand (d), oder langsam fols, oder sich ver-

kehrt
(t) [Spaltenumbruch] S. 91.
(u) S. 251.
(x) Ueber vesalii Epitomen.
S. 25.
(y) Anat. abridgement. S. 140.
(z) Instit. re. med. n. 479. und
T. II. S. 306.
(a) Almag.
(b) [Spaltenumbruch] De pulsu S. 17.
(c) Memoir. de l' Academ. de
Berlin
1755. S. 49.
(d) Von den Schlagadern Se-
cond Memoir. exp.
62. 65. 68. 69.
71. 72. 73. 81. 82. 90. 93. von den
Blutadern exp. 119. 122. 123. 125.
128. 129. 130. 137.
Sechſtes Buch. Das Fortruͤkken

Es ergibt ſich von ſelbſt, daß an dieſen Rechnungen
noch vieles mangelhaft ſey. Selbſt der Anfuͤrer der
uͤbrigen, Harvei (t), erinnerte, daß das Blut bald traͤ-
ger, bald ſchneller durchs Herz durchſtroͤme, folglich ge-
ſchehe nicht bei jedwedem Menſchen, oder in allen Thei-
len eines Menſchen, beſtaͤndig zu einerlei Zeit der Um-
lauf des Blutes (u). Daher merkte Nikolaus Fontan
an, daß einige thieriſche Theile dem Herzen naͤher laͤgen,
andre weiter davon entfernt waͤren, und folglich wuͤrde
der Kreislauf in den erſten fruͤher, in den leztern ſpaͤter
verrichtet (x). Eben dieſe Erinnerungen gibt auch
Keil (y), Schelhammer, Boerhaave (z), Schrei-
ber
(a) und Staehelin (b). Noch ohnlaͤngſt fand der
beruͤmte von Sauvages, vermoͤge einer nicht unwar-
ſcheinlichen Vermutung, daß ſich durchs Eingeweide in
gegebner Zeit mehr Blut hindurchbewege; es ſey daſelbſt
der Weg gebanter, durch Muskeln hingegen rauher, und
ſchwieriger, indem er ſich uͤberredete, daß wenig Waſ-
ſer in dieſen Theilen aus den Schlagadern in die Blut-
adern uͤbertrete (c).

Jch habe fuͤr meine Perſon, wenn ich das eingeſprizzte
Wachs aller Orten im menſchlichen Koͤrper leicht ſeinen
Kreis beſchreiben ſahe, dennoch gefunden, daß es verdroß-
ner ſeine Straſſe in den Druͤſen, Membranen, aber leich-
ter in den Nieren, dem Pfortenaderſifteme, der Lunge,
und im Gehirne, und wenigſtens auch in den Gliedmaaſ-
ſen ziemlich leicht verfolgte. Da ich ferner die Erſchei-
nungen an lebendigen Thieren in Augenſchein nahm, ſo
ſahe ich zuverlaͤßig, daß das Blut in einigen Theilen des
Thieres ſtilleſtand (d), oder langſam fols, oder ſich ver-

kehrt
(t) [Spaltenumbruch] S. 91.
(u) S. 251.
(x) Ueber veſalii Epitomen.
S. 25.
(y) Anat. abridgement. S. 140.
(z) Inſtit. re. med. n. 479. und
T. II. S. 306.
(a) Almag.
(b) [Spaltenumbruch] De pulſu S. 17.
(c) Memoir. de l’ Academ. de
Berlin
1755. S. 49.
(d) Von den Schlagadern Se-
cond Memoir. exp.
62. 65. 68. 69.
71. 72. 73. 81. 82. 90. 93. von den
Blutadern exp. 119. 122. 123. 125.
128. 129. 130. 137.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0582" n="562"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch. Das Fortru&#x0364;kken</hi> </fw><lb/>
            <p>Es ergibt &#x017F;ich von &#x017F;elb&#x017F;t, daß an die&#x017F;en Rechnungen<lb/>
noch vieles mangelhaft &#x017F;ey. Selb&#x017F;t der Anfu&#x0364;rer der<lb/>
u&#x0364;brigen, <hi rendition="#fr">Harvei</hi> <note place="foot" n="(t)"><cb/>
S. 91.</note>, erinnerte, daß das Blut bald tra&#x0364;-<lb/>
ger, bald &#x017F;chneller durchs Herz durch&#x017F;tro&#x0364;me, folglich ge-<lb/>
&#x017F;chehe nicht bei jedwedem Men&#x017F;chen, oder in allen Thei-<lb/>
len eines Men&#x017F;chen, be&#x017F;ta&#x0364;ndig zu einerlei Zeit der Um-<lb/>
lauf des Blutes <note place="foot" n="(u)">S. 251.</note>. Daher merkte Nikolaus <hi rendition="#fr">Fontan</hi><lb/>
an, daß einige thieri&#x017F;che Theile dem Herzen na&#x0364;her la&#x0364;gen,<lb/>
andre weiter davon entfernt wa&#x0364;ren, und folglich wu&#x0364;rde<lb/>
der Kreislauf in den er&#x017F;ten fru&#x0364;her, in den leztern &#x017F;pa&#x0364;ter<lb/>
verrichtet <note place="foot" n="(x)">Ueber <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">ve&#x017F;alii</hi> Epitomen.</hi><lb/>
S. 25.</note>. Eben die&#x017F;e Erinnerungen gibt auch<lb/><hi rendition="#fr">Keil</hi> <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq">Anat. abridgement.</hi> S. 140.</note>, <hi rendition="#fr">Schelhammer, Boerhaave</hi> <note place="foot" n="(z)"><hi rendition="#aq">In&#x017F;tit. re. med. n.</hi> 479. und<lb/><hi rendition="#aq">T. II.</hi> S. 306.</note>, <hi rendition="#fr">Schrei-<lb/>
ber</hi> <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">Almag.</hi></note> und <hi rendition="#fr">Staehelin</hi> <note place="foot" n="(b)"><cb/><hi rendition="#aq">De pul&#x017F;u</hi> S. 17.</note>. Noch ohnla&#x0364;ng&#x017F;t fand der<lb/>
beru&#x0364;mte von <hi rendition="#fr">Sauvages,</hi> vermo&#x0364;ge einer nicht unwar-<lb/>
&#x017F;cheinlichen Vermutung, daß &#x017F;ich durchs Eingeweide in<lb/>
gegebner Zeit mehr Blut hindurchbewege; es &#x017F;ey da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
der Weg gebanter, durch Muskeln hingegen rauher, und<lb/>
&#x017F;chwieriger, indem er &#x017F;ich u&#x0364;berredete, daß wenig Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er in die&#x017F;en Theilen aus den Schlagadern in die Blut-<lb/>
adern u&#x0364;bertrete <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">Memoir. de l&#x2019; Academ. de<lb/>
Berlin</hi> 1755. S. 49.</note>.</p><lb/>
            <p>Jch habe fu&#x0364;r meine Per&#x017F;on, wenn ich das einge&#x017F;prizzte<lb/>
Wachs aller Orten im men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rper leicht &#x017F;einen<lb/>
Kreis be&#x017F;chreiben &#x017F;ahe, dennoch gefunden, daß es verdroß-<lb/>
ner &#x017F;eine Stra&#x017F;&#x017F;e in den Dru&#x0364;&#x017F;en, Membranen, aber leich-<lb/>
ter in den Nieren, dem Pfortenader&#x017F;ifteme, der Lunge,<lb/>
und im Gehirne, und wenig&#x017F;tens auch in den Gliedmaa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en ziemlich leicht verfolgte. Da ich ferner die Er&#x017F;chei-<lb/>
nungen an lebendigen Thieren in Augen&#x017F;chein nahm, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ahe ich zuverla&#x0364;ßig, daß das Blut in einigen Theilen des<lb/>
Thieres &#x017F;tille&#x017F;tand <note place="foot" n="(d)">Von den Schlagadern <hi rendition="#aq">Se-<lb/>
cond Memoir. exp.</hi> 62. 65. 68. 69.<lb/>
71. 72. 73. 81. 82. 90. 93. von den<lb/>
Blutadern <hi rendition="#aq">exp.</hi> 119. 122. 123. 125.<lb/>
128. 129. 130. 137.</note>, oder lang&#x017F;am fols, oder &#x017F;ich ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kehrt</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[562/0582] Sechſtes Buch. Das Fortruͤkken Es ergibt ſich von ſelbſt, daß an dieſen Rechnungen noch vieles mangelhaft ſey. Selbſt der Anfuͤrer der uͤbrigen, Harvei (t), erinnerte, daß das Blut bald traͤ- ger, bald ſchneller durchs Herz durchſtroͤme, folglich ge- ſchehe nicht bei jedwedem Menſchen, oder in allen Thei- len eines Menſchen, beſtaͤndig zu einerlei Zeit der Um- lauf des Blutes (u). Daher merkte Nikolaus Fontan an, daß einige thieriſche Theile dem Herzen naͤher laͤgen, andre weiter davon entfernt waͤren, und folglich wuͤrde der Kreislauf in den erſten fruͤher, in den leztern ſpaͤter verrichtet (x). Eben dieſe Erinnerungen gibt auch Keil (y), Schelhammer, Boerhaave (z), Schrei- ber (a) und Staehelin (b). Noch ohnlaͤngſt fand der beruͤmte von Sauvages, vermoͤge einer nicht unwar- ſcheinlichen Vermutung, daß ſich durchs Eingeweide in gegebner Zeit mehr Blut hindurchbewege; es ſey daſelbſt der Weg gebanter, durch Muskeln hingegen rauher, und ſchwieriger, indem er ſich uͤberredete, daß wenig Waſ- ſer in dieſen Theilen aus den Schlagadern in die Blut- adern uͤbertrete (c). Jch habe fuͤr meine Perſon, wenn ich das eingeſprizzte Wachs aller Orten im menſchlichen Koͤrper leicht ſeinen Kreis beſchreiben ſahe, dennoch gefunden, daß es verdroß- ner ſeine Straſſe in den Druͤſen, Membranen, aber leich- ter in den Nieren, dem Pfortenaderſifteme, der Lunge, und im Gehirne, und wenigſtens auch in den Gliedmaaſ- ſen ziemlich leicht verfolgte. Da ich ferner die Erſchei- nungen an lebendigen Thieren in Augenſchein nahm, ſo ſahe ich zuverlaͤßig, daß das Blut in einigen Theilen des Thieres ſtilleſtand (d), oder langſam fols, oder ſich ver- kehrt (t) S. 91. (u) S. 251. (x) Ueber veſalii Epitomen. S. 25. (y) Anat. abridgement. S. 140. (z) Inſtit. re. med. n. 479. und T. II. S. 306. (a) Almag. (b) De pulſu S. 17. (c) Memoir. de l’ Academ. de Berlin 1755. S. 49. (d) Von den Schlagadern Se- cond Memoir. exp. 62. 65. 68. 69. 71. 72. 73. 81. 82. 90. 93. von den Blutadern exp. 119. 122. 123. 125. 128. 129. 130. 137.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/582
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 562. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/582>, abgerufen am 22.11.2024.