Und daher ist die Menge der Ausdünstung nach körper- lichen Uebungen ungeheuer gros.
Von der Geschwindigkeit rührt es her, wenn alles übrige gleich ist, daß das Blut grössere Stoffe gegen die absondernde Mündungen herbeiwälzt. Denn da alle Gefäschen eines belebten Körpers sich zur Erweite- rung bequemen, und biegsam sind, nun aber die ganz kleine Kraft, die die Gefässe erweitert, vergrössert wird, so werden in der That die Mündungen dieser Gefässe, von dem mit stärkrer Geschwindigkeit belebten Safte, weiter gemacht werden, sie werden sich den grössern Stof- fen zu Gefallen öffnen, und es werden sich diese Stoffe, da ihre Gewalt zunimmt, eine grössere Kraft anwenden, um die Mündungen ihres Durchseihers auseinander zu beugen. Folglich begeben sich nunmehr solche Stoffe in die absondernde Mündungen hinein, welche dieses bei einer kleinern Geschwindigkeit nimmermehr thun würden (s). So treibt eine anatomische Sprizze, bei einer mittelmäßigen Gewalt, das Wasser in die kleinsten Gefässe hinein, und sie verrichtet dieses mit dem Talche nur mit der stärksten Gewalt. So wird in körperli- chen Uebungen und in Fiebern, statt einer dünnen Aus- dünstungsmaterie, ein dikker und zäher Schweis, statt eines wäßrigen strohfarbnen Harns, ein roter, schwe- rer, stinkender, und mit Erdtheilen angefüllter Harn, in einerlei Durchseihern abgeschieden. Endlich so dringt so gar das Blut, bei überhand nehmender Geschwin- digkeit, durch alle Gefäschen am menschlichen Körper hindurch (t).
Daher bringt eine stärkre Geschwindigkeit, auf viel- fache Weise, ganz unreine Absonderungen zum Vor- schein, sie treibet Säfte, die voller fremdartiger Stoffe sind, in die Mündungen, welche zum Absondern be-
stimmt
(s)[Spaltenumbruch]Clifton wintringham an- gef. Ort. S. 219. Lamure S. 22.
(t)[Spaltenumbruch]
2. Buch.
Siebendes Buch. Die Urſachen
Und daher iſt die Menge der Ausduͤnſtung nach koͤrper- lichen Uebungen ungeheuer gros.
Von der Geſchwindigkeit ruͤhrt es her, wenn alles uͤbrige gleich iſt, daß das Blut groͤſſere Stoffe gegen die abſondernde Muͤndungen herbeiwaͤlzt. Denn da alle Gefaͤschen eines belebten Koͤrpers ſich zur Erweite- rung bequemen, und biegſam ſind, nun aber die ganz kleine Kraft, die die Gefaͤſſe erweitert, vergroͤſſert wird, ſo werden in der That die Muͤndungen dieſer Gefaͤſſe, von dem mit ſtaͤrkrer Geſchwindigkeit belebten Safte, weiter gemacht werden, ſie werden ſich den groͤſſern Stof- fen zu Gefallen oͤffnen, und es werden ſich dieſe Stoffe, da ihre Gewalt zunimmt, eine groͤſſere Kraft anwenden, um die Muͤndungen ihres Durchſeihers auseinander zu beugen. Folglich begeben ſich nunmehr ſolche Stoffe in die abſondernde Muͤndungen hinein, welche dieſes bei einer kleinern Geſchwindigkeit nimmermehr thun wuͤrden (s). So treibt eine anatomiſche Sprizze, bei einer mittelmaͤßigen Gewalt, das Waſſer in die kleinſten Gefaͤſſe hinein, und ſie verrichtet dieſes mit dem Talche nur mit der ſtaͤrkſten Gewalt. So wird in koͤrperli- chen Uebungen und in Fiebern, ſtatt einer duͤnnen Aus- duͤnſtungsmaterie, ein dikker und zaͤher Schweis, ſtatt eines waͤßrigen ſtrohfarbnen Harns, ein roter, ſchwe- rer, ſtinkender, und mit Erdtheilen angefuͤllter Harn, in einerlei Durchſeihern abgeſchieden. Endlich ſo dringt ſo gar das Blut, bei uͤberhand nehmender Geſchwin- digkeit, durch alle Gefaͤschen am menſchlichen Koͤrper hindurch (t).
Daher bringt eine ſtaͤrkre Geſchwindigkeit, auf viel- fache Weiſe, ganz unreine Abſonderungen zum Vor- ſchein, ſie treibet Saͤfte, die voller fremdartiger Stoffe ſind, in die Muͤndungen, welche zum Abſondern be-
ſtimmt
(s)[Spaltenumbruch]Clifton wintringham an- gef. Ort. S. 219. Lamure S. 22.
(t)[Spaltenumbruch]
2. Buch.
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Siebendes Buch. Die Urſachen
Und daher iſt die Menge der Ausduͤnſtung nach koͤrper-
lichen Uebungen ungeheuer gros.
Von der Geſchwindigkeit ruͤhrt es her, wenn alles
uͤbrige gleich iſt, daß das Blut groͤſſere Stoffe gegen
die abſondernde Muͤndungen herbeiwaͤlzt. Denn da
alle Gefaͤschen eines belebten Koͤrpers ſich zur Erweite-
rung bequemen, und biegſam ſind, nun aber die ganz
kleine Kraft, die die Gefaͤſſe erweitert, vergroͤſſert wird,
ſo werden in der That die Muͤndungen dieſer Gefaͤſſe,
von dem mit ſtaͤrkrer Geſchwindigkeit belebten Safte,
weiter gemacht werden, ſie werden ſich den groͤſſern Stof-
fen zu Gefallen oͤffnen, und es werden ſich dieſe Stoffe,
da ihre Gewalt zunimmt, eine groͤſſere Kraft anwenden,
um die Muͤndungen ihres Durchſeihers auseinander zu
beugen. Folglich begeben ſich nunmehr ſolche Stoffe
in die abſondernde Muͤndungen hinein, welche dieſes
bei einer kleinern Geſchwindigkeit nimmermehr thun
wuͤrden (s). So treibt eine anatomiſche Sprizze, bei
einer mittelmaͤßigen Gewalt, das Waſſer in die kleinſten
Gefaͤſſe hinein, und ſie verrichtet dieſes mit dem Talche
nur mit der ſtaͤrkſten Gewalt. So wird in koͤrperli-
chen Uebungen und in Fiebern, ſtatt einer duͤnnen Aus-
duͤnſtungsmaterie, ein dikker und zaͤher Schweis, ſtatt
eines waͤßrigen ſtrohfarbnen Harns, ein roter, ſchwe-
rer, ſtinkender, und mit Erdtheilen angefuͤllter Harn,
in einerlei Durchſeihern abgeſchieden. Endlich ſo dringt
ſo gar das Blut, bei uͤberhand nehmender Geſchwin-
digkeit, durch alle Gefaͤschen am menſchlichen Koͤrper
hindurch (t).
Daher bringt eine ſtaͤrkre Geſchwindigkeit, auf viel-
fache Weiſe, ganz unreine Abſonderungen zum Vor-
ſchein, ſie treibet Saͤfte, die voller fremdartiger Stoffe
ſind, in die Muͤndungen, welche zum Abſondern be-
ſtimmt
(s)
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 680. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/700>, abgerufen am 22.11.2024.
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