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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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der Verschiedenheit der Säfte.
Hanenfus mit den Blättern des Sumfeppichs (ranuncu-
lus palustris apii folio
) oder ein Pulver von zerriebnen
spanischen Fliegen, oder irgend ein Laugensalz einige
Stunden lang, oder nimmt man hiezu Feuer, als das
wirksamste unter allen Reizmitteln, so wird eine über-
mäßige Menge Feuchtigkeit mit unglaublicher Geschwin-
digkeit aus den Gefässen der Haut abgeschieden, welche
wie es scheint, das nicht genung geöffnete Oberhäutchen,
von der Haut zurükke treibet, und es zu halbkügligen
Blasen auftreibt.

Man siehet leicht, um wieviel dieses Absondern
schneller, als die Ausdünstung in gesunden Menschen ge-
schehen müsse. Wenn man annimmt, daß auf der gan-
zen Haut aller Orten Blasen auffaren, welches biswei-
len, auf eine traurige Weise, bei starkem Verbrennen
geschehen ist: wenn man ferner die Höhen von diesen
Blasen von sechs Linien macht, welche in einer Zeit von
acht Minuten von siedendem Wasser entstehen: wenn
man ferner schäzzet, daß die Oberfläche der Haut 15 Fus
beträgt; so wird man 10 Unzen Wasser haben, welches
wenn die Ausdünstung 24 Stunden fortdauret, auf
eine Stunde 75 Unzen macht, da doch zu eben der Zeit
von einem Menschen nicht über drei Unzen ausdünsten.

Um die Ursache und den Sizz dieser erstaunlichen Ge-
walt über die Absonderungen zu untersuchen, so müssen
wir ausser diesem noch andre Beispiele vom Reize in Be-
trachtung ziehen, da zwar an dem ganzen Absonderungs-
werkzeuge keine Veränderung vorgeht und auch kein
Reizmittel von aussen gebraucht wird, und dennoch blos
von der Kraft der Reizung der Auswurf und die Abson-
derung eines Saftes befördert wird. Ein ganz einfa-
ches Beispiel haben wir von dem Zuflusse des Speichels
in gesunden Personen, wenn sie den Geruch von einem
angenemen Gerichte empfinden, oder auch nur den Namen
desselben hören, indem alsdenn der Speichel aus dem

Gan-

der Verſchiedenheit der Saͤfte.
Hanenfus mit den Blaͤttern des Sumfeppichs (ranuncu-
lus paluſtris apii folio
) oder ein Pulver von zerriebnen
ſpaniſchen Fliegen, oder irgend ein Laugenſalz einige
Stunden lang, oder nimmt man hiezu Feuer, als das
wirkſamſte unter allen Reizmitteln, ſo wird eine uͤber-
maͤßige Menge Feuchtigkeit mit unglaublicher Geſchwin-
digkeit aus den Gefaͤſſen der Haut abgeſchieden, welche
wie es ſcheint, das nicht genung geoͤffnete Oberhaͤutchen,
von der Haut zuruͤkke treibet, und es zu halbkuͤgligen
Blaſen auftreibt.

Man ſiehet leicht, um wieviel dieſes Abſondern
ſchneller, als die Ausduͤnſtung in geſunden Menſchen ge-
ſchehen muͤſſe. Wenn man annimmt, daß auf der gan-
zen Haut aller Orten Blaſen auffaren, welches biswei-
len, auf eine traurige Weiſe, bei ſtarkem Verbrennen
geſchehen iſt: wenn man ferner die Hoͤhen von dieſen
Blaſen von ſechs Linien macht, welche in einer Zeit von
acht Minuten von ſiedendem Waſſer entſtehen: wenn
man ferner ſchaͤzzet, daß die Oberflaͤche der Haut 15 Fus
betraͤgt; ſo wird man 10 Unzen Waſſer haben, welches
wenn die Ausduͤnſtung 24 Stunden fortdauret, auf
eine Stunde 75 Unzen macht, da doch zu eben der Zeit
von einem Menſchen nicht uͤber drei Unzen ausduͤnſten.

Um die Urſache und den Sizz dieſer erſtaunlichen Ge-
walt uͤber die Abſonderungen zu unterſuchen, ſo muͤſſen
wir auſſer dieſem noch andre Beiſpiele vom Reize in Be-
trachtung ziehen, da zwar an dem ganzen Abſonderungs-
werkzeuge keine Veraͤnderung vorgeht und auch kein
Reizmittel von auſſen gebraucht wird, und dennoch blos
von der Kraft der Reizung der Auswurf und die Abſon-
derung eines Saftes befoͤrdert wird. Ein ganz einfa-
ches Beiſpiel haben wir von dem Zufluſſe des Speichels
in geſunden Perſonen, wenn ſie den Geruch von einem
angenemen Gerichte empfinden, oder auch nur den Namen
deſſelben hoͤren, indem alsdenn der Speichel aus dem

Gan-
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[717/0737] der Verſchiedenheit der Saͤfte. Hanenfus mit den Blaͤttern des Sumfeppichs (ranuncu- lus paluſtris apii folio) oder ein Pulver von zerriebnen ſpaniſchen Fliegen, oder irgend ein Laugenſalz einige Stunden lang, oder nimmt man hiezu Feuer, als das wirkſamſte unter allen Reizmitteln, ſo wird eine uͤber- maͤßige Menge Feuchtigkeit mit unglaublicher Geſchwin- digkeit aus den Gefaͤſſen der Haut abgeſchieden, welche wie es ſcheint, das nicht genung geoͤffnete Oberhaͤutchen, von der Haut zuruͤkke treibet, und es zu halbkuͤgligen Blaſen auftreibt. Man ſiehet leicht, um wieviel dieſes Abſondern ſchneller, als die Ausduͤnſtung in geſunden Menſchen ge- ſchehen muͤſſe. Wenn man annimmt, daß auf der gan- zen Haut aller Orten Blaſen auffaren, welches biswei- len, auf eine traurige Weiſe, bei ſtarkem Verbrennen geſchehen iſt: wenn man ferner die Hoͤhen von dieſen Blaſen von ſechs Linien macht, welche in einer Zeit von acht Minuten von ſiedendem Waſſer entſtehen: wenn man ferner ſchaͤzzet, daß die Oberflaͤche der Haut 15 Fus betraͤgt; ſo wird man 10 Unzen Waſſer haben, welches wenn die Ausduͤnſtung 24 Stunden fortdauret, auf eine Stunde 75 Unzen macht, da doch zu eben der Zeit von einem Menſchen nicht uͤber drei Unzen ausduͤnſten. Um die Urſache und den Sizz dieſer erſtaunlichen Ge- walt uͤber die Abſonderungen zu unterſuchen, ſo muͤſſen wir auſſer dieſem noch andre Beiſpiele vom Reize in Be- trachtung ziehen, da zwar an dem ganzen Abſonderungs- werkzeuge keine Veraͤnderung vorgeht und auch kein Reizmittel von auſſen gebraucht wird, und dennoch blos von der Kraft der Reizung der Auswurf und die Abſon- derung eines Saftes befoͤrdert wird. Ein ganz einfa- ches Beiſpiel haben wir von dem Zufluſſe des Speichels in geſunden Perſonen, wenn ſie den Geruch von einem angenemen Gerichte empfinden, oder auch nur den Namen deſſelben hoͤren, indem alsdenn der Speichel aus dem Gan-

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 717. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/737>, abgerufen am 22.11.2024.