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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Siebendes Buch. Die Ursachen
ruthe und der weiblichen Schaam mit ihrem Boden
nach unten hinab.

Bisweilen drükket ein hartes Zellgewebe, als ob sich
gleichsam eine dichte Mauer herumgelagert hätte, den
Auswurfsgang zusammen, so wie die Vorsteherdrüse die
Saamengänge verengert. Oder es legt sich ein solches
Zellgewebe zwischen die Häute einer Röhre schief ein, da-
mit sie von dem Drukke des, in der grossen Höle der Röhre
enthaltnen Saftes, zusammengedrükkt werde, wovon
der Gallen und Gekrösegang Exempel geben. Oder es
ziehet sich der Gang hinter einer eignen Warze zurükke
mit der Mündung, bis mit der Zeit eine neue Kraft die
Warze ausstrekkt und die Mündung gerade dehnt, wo-
von der whartonische Speichelgang ein Beispiel gibt.

An andren Orten kömmt der Auswurfsgang zwi-
schen Muskelfasern zum Vorschein, und er wird von
ihrer Aufsicht so lange in Schranken gehalten, bis sich
eine wiedrige Gelegenheit eräugnet. So glaubt man
gemeiniglich, daß sich die Sache bei der Mündung der
Harnröhre, wo diese aus der Blase herauskömmt, ver-
halte, und so wird auch das Gedärme, dieses gröste Be-
hältnis unter allen Behältern, offenbar durch den Schlies-
muskel verschlossen.

Ob man nun gleich nicht allemal im Stande ist
die verschnürende Muskeln an den übrigen Auswurfs-
kanälen zu zeigen, so hat man doch eben so tüchtige
Gründe für ihr Daseyn. So findet man an der Haut
nichts Muskelhaftes, und es wird die reizbare Natur
derselben, durch keinen einzigen anatomischen Versuch
bestätigt (i). Jndessen weis es doch jedermann, daß die
Haut von der Kälte und vom Schrekken dergestalt zu-
sammengezogen wird, daß sie sich vom gehemmten
Schweisse und zurükke gehaltner Ausdünstung ganz
und gar in Bläschen erhebt, welche man, in der Spra-

che
(i) Exper. sur les part. irritabl. S. 45.

Siebendes Buch. Die Urſachen
ruthe und der weiblichen Schaam mit ihrem Boden
nach unten hinab.

Bisweilen druͤkket ein hartes Zellgewebe, als ob ſich
gleichſam eine dichte Mauer herumgelagert haͤtte, den
Auswurfsgang zuſammen, ſo wie die Vorſteherdruͤſe die
Saamengaͤnge verengert. Oder es legt ſich ein ſolches
Zellgewebe zwiſchen die Haͤute einer Roͤhre ſchief ein, da-
mit ſie von dem Drukke des, in der groſſen Hoͤle der Roͤhre
enthaltnen Saftes, zuſammengedruͤkkt werde, wovon
der Gallen und Gekroͤſegang Exempel geben. Oder es
ziehet ſich der Gang hinter einer eignen Warze zuruͤkke
mit der Muͤndung, bis mit der Zeit eine neue Kraft die
Warze ausſtrekkt und die Muͤndung gerade dehnt, wo-
von der whartoniſche Speichelgang ein Beiſpiel gibt.

An andren Orten koͤmmt der Auswurfsgang zwi-
ſchen Muskelfaſern zum Vorſchein, und er wird von
ihrer Aufſicht ſo lange in Schranken gehalten, bis ſich
eine wiedrige Gelegenheit eraͤugnet. So glaubt man
gemeiniglich, daß ſich die Sache bei der Muͤndung der
Harnroͤhre, wo dieſe aus der Blaſe herauskoͤmmt, ver-
halte, und ſo wird auch das Gedaͤrme, dieſes groͤſte Be-
haͤltnis unter allen Behaͤltern, offenbar durch den Schlies-
muskel verſchloſſen.

Ob man nun gleich nicht allemal im Stande iſt
die verſchnuͤrende Muskeln an den uͤbrigen Auswurfs-
kanaͤlen zu zeigen, ſo hat man doch eben ſo tuͤchtige
Gruͤnde fuͤr ihr Daſeyn. So findet man an der Haut
nichts Muskelhaftes, und es wird die reizbare Natur
derſelben, durch keinen einzigen anatomiſchen Verſuch
beſtaͤtigt (i). Jndeſſen weis es doch jedermann, daß die
Haut von der Kaͤlte und vom Schrekken dergeſtalt zu-
ſammengezogen wird, daß ſie ſich vom gehemmten
Schweiſſe und zuruͤkke gehaltner Ausduͤnſtung ganz
und gar in Blaͤschen erhebt, welche man, in der Spra-

che
(i) Exper. ſur les part. irritabl. S. 45.
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[730/0750] Siebendes Buch. Die Urſachen ruthe und der weiblichen Schaam mit ihrem Boden nach unten hinab. Bisweilen druͤkket ein hartes Zellgewebe, als ob ſich gleichſam eine dichte Mauer herumgelagert haͤtte, den Auswurfsgang zuſammen, ſo wie die Vorſteherdruͤſe die Saamengaͤnge verengert. Oder es legt ſich ein ſolches Zellgewebe zwiſchen die Haͤute einer Roͤhre ſchief ein, da- mit ſie von dem Drukke des, in der groſſen Hoͤle der Roͤhre enthaltnen Saftes, zuſammengedruͤkkt werde, wovon der Gallen und Gekroͤſegang Exempel geben. Oder es ziehet ſich der Gang hinter einer eignen Warze zuruͤkke mit der Muͤndung, bis mit der Zeit eine neue Kraft die Warze ausſtrekkt und die Muͤndung gerade dehnt, wo- von der whartoniſche Speichelgang ein Beiſpiel gibt. An andren Orten koͤmmt der Auswurfsgang zwi- ſchen Muskelfaſern zum Vorſchein, und er wird von ihrer Aufſicht ſo lange in Schranken gehalten, bis ſich eine wiedrige Gelegenheit eraͤugnet. So glaubt man gemeiniglich, daß ſich die Sache bei der Muͤndung der Harnroͤhre, wo dieſe aus der Blaſe herauskoͤmmt, ver- halte, und ſo wird auch das Gedaͤrme, dieſes groͤſte Be- haͤltnis unter allen Behaͤltern, offenbar durch den Schlies- muskel verſchloſſen. Ob man nun gleich nicht allemal im Stande iſt die verſchnuͤrende Muskeln an den uͤbrigen Auswurfs- kanaͤlen zu zeigen, ſo hat man doch eben ſo tuͤchtige Gruͤnde fuͤr ihr Daſeyn. So findet man an der Haut nichts Muskelhaftes, und es wird die reizbare Natur derſelben, durch keinen einzigen anatomiſchen Verſuch beſtaͤtigt (i). Jndeſſen weis es doch jedermann, daß die Haut von der Kaͤlte und vom Schrekken dergeſtalt zu- ſammengezogen wird, daß ſie ſich vom gehemmten Schweiſſe und zuruͤkke gehaltner Ausduͤnſtung ganz und gar in Blaͤschen erhebt, welche man, in der Spra- che (i) Exper. ſur les part. irritabl. S. 45.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 730. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/750>, abgerufen am 22.11.2024.