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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Siebendes Buch. Die Ursachen
ihren Durchseihern anländen, vom Blute Abschied neh-
men werden; so werden die dreiekkigen Theile durch die
dreiekkige Löcher, die vierekkigen durch vierseitige, durch
runde Röhren die runden Stoffe hindurchgedrengt wer-
den; und so werden ferner die übrigen Figuren andre
Löcher antreffen, um durch selbige wegen der Verwand-
schaft ihrer änlichen Figurausschnittr zu entwischen.
Es sezzte dieser Autor ferner hinzu, daß die Absondrun-
gen aus der Ursache höchst genau vor sich gingen (a), weil
ein jedes Löchgen einzig und allein Stoffe von seiner Fi-
gur durchlasse, und allen übrigen, die von andrer Figur
wären, den Paß verweigere und sie zurükke stosse.

Menschen sind schon einmal so geartet, daß sie
Freunde von Hipotesen sind, welche durch ihre begreifli-
che Einfalt, theils eine Aufgabe völlig zu entziefern schei-
nen, theils dem Verstande keine Kosten machen. Folg-
lich ergriffen sehr berümte Männer diese Siebhipotese
mit einem geneigten Jubel (b), und sie verbanden die
Grösse mit den Figuren derer Scheidelöcher, so daß man
unter ihren Gönnern Männer von dem ersten Range
findet (c).

Jch habe oft die Erinnerung gegeben, weil ich die
Erfarung von unglükklichen Exempeln vor mir habe,
wie selten Sterbliche das Glükk haben, daß Dinge wahr
sind, wenn sie sich ihrem Verstande ohne alle Schwierig-
keit und von freien Stükken anbieten: so wie ein Kind
sehr selten im Erraten glükklich seyn kann, wenn es sich
unterfinge, die Triebwerke einer sehr verwikkelten Ma-

schine
(a) [Spaltenumbruch] De homine. S. 15. de for-
mato fetu. III. n.
25.
(b) Theodorus craanen de ho-
mine.
S. 274. mit beigefügten
Kupfern, um die Hipotese dadurch
zu erläutern. Phil. verheyen
Anat. L. II.
S. 292. Dominicus
[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]vilielminvs de sanguine. Ma-
[Spaltenumbruch] thaeus georgi de homine. propos.
40. Guilielm. cockbvrne Oeco-
nom. animal.
und ohnlängst Hya-
cinth. vogli in fluidi nervei histo-
ria.
S. 18. 19.
(c) Joh. Alphons. borellvs de
motu animal. L. II. Propos.
138.
140.

Siebendes Buch. Die Urſachen
ihren Durchſeihern anlaͤnden, vom Blute Abſchied neh-
men werden; ſo werden die dreiekkigen Theile durch die
dreiekkige Loͤcher, die vierekkigen durch vierſeitige, durch
runde Roͤhren die runden Stoffe hindurchgedrengt wer-
den; und ſo werden ferner die uͤbrigen Figuren andre
Loͤcher antreffen, um durch ſelbige wegen der Verwand-
ſchaft ihrer aͤnlichen Figurausſchnittr zu entwiſchen.
Es ſezzte dieſer Autor ferner hinzu, daß die Abſondrun-
gen aus der Urſache hoͤchſt genau vor ſich gingen (a), weil
ein jedes Loͤchgen einzig und allein Stoffe von ſeiner Fi-
gur durchlaſſe, und allen uͤbrigen, die von andrer Figur
waͤren, den Paß verweigere und ſie zuruͤkke ſtoſſe.

Menſchen ſind ſchon einmal ſo geartet, daß ſie
Freunde von Hipoteſen ſind, welche durch ihre begreifli-
che Einfalt, theils eine Aufgabe voͤllig zu entziefern ſchei-
nen, theils dem Verſtande keine Koſten machen. Folg-
lich ergriffen ſehr beruͤmte Maͤnner dieſe Siebhipoteſe
mit einem geneigten Jubel (b), und ſie verbanden die
Groͤſſe mit den Figuren derer Scheideloͤcher, ſo daß man
unter ihren Goͤnnern Maͤnner von dem erſten Range
findet (c).

Jch habe oft die Erinnerung gegeben, weil ich die
Erfarung von ungluͤkklichen Exempeln vor mir habe,
wie ſelten Sterbliche das Gluͤkk haben, daß Dinge wahr
ſind, wenn ſie ſich ihrem Verſtande ohne alle Schwierig-
keit und von freien Stuͤkken anbieten: ſo wie ein Kind
ſehr ſelten im Erraten gluͤkklich ſeyn kann, wenn es ſich
unterfinge, die Triebwerke einer ſehr verwikkelten Ma-

ſchine
(a) [Spaltenumbruch] De homine. S. 15. de for-
mato fetu. III. n.
25.
(b) Theodorus craanen de ho-
mine.
S. 274. mit beigefuͤgten
Kupfern, um die Hipoteſe dadurch
zu erlaͤutern. Phil. verheyen
Anat. L. II.
S. 292. Dominicus
[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]vilielminvſ de ſanguine. Ma-
[Spaltenumbruch] thaeus georgi de homine. propoſ.
40. Guilielm. cockbvrne Oeco-
nom. animal.
und ohnlaͤngſt Hya-
cinth. vogli in fluidi nervei hiſto-
ria.
S. 18. 19.
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motu animal. L. II. Propoſ.
138.
140.
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[768/0788] Siebendes Buch. Die Urſachen ihren Durchſeihern anlaͤnden, vom Blute Abſchied neh- men werden; ſo werden die dreiekkigen Theile durch die dreiekkige Loͤcher, die vierekkigen durch vierſeitige, durch runde Roͤhren die runden Stoffe hindurchgedrengt wer- den; und ſo werden ferner die uͤbrigen Figuren andre Loͤcher antreffen, um durch ſelbige wegen der Verwand- ſchaft ihrer aͤnlichen Figurausſchnittr zu entwiſchen. Es ſezzte dieſer Autor ferner hinzu, daß die Abſondrun- gen aus der Urſache hoͤchſt genau vor ſich gingen (a), weil ein jedes Loͤchgen einzig und allein Stoffe von ſeiner Fi- gur durchlaſſe, und allen uͤbrigen, die von andrer Figur waͤren, den Paß verweigere und ſie zuruͤkke ſtoſſe. Menſchen ſind ſchon einmal ſo geartet, daß ſie Freunde von Hipoteſen ſind, welche durch ihre begreifli- che Einfalt, theils eine Aufgabe voͤllig zu entziefern ſchei- nen, theils dem Verſtande keine Koſten machen. Folg- lich ergriffen ſehr beruͤmte Maͤnner dieſe Siebhipoteſe mit einem geneigten Jubel (b), und ſie verbanden die Groͤſſe mit den Figuren derer Scheideloͤcher, ſo daß man unter ihren Goͤnnern Maͤnner von dem erſten Range findet (c). Jch habe oft die Erinnerung gegeben, weil ich die Erfarung von ungluͤkklichen Exempeln vor mir habe, wie ſelten Sterbliche das Gluͤkk haben, daß Dinge wahr ſind, wenn ſie ſich ihrem Verſtande ohne alle Schwierig- keit und von freien Stuͤkken anbieten: ſo wie ein Kind ſehr ſelten im Erraten gluͤkklich ſeyn kann, wenn es ſich unterfinge, die Triebwerke einer ſehr verwikkelten Ma- ſchine (a) De homine. S. 15. de for- mato fetu. III. n. 25. (b) Theodorus craanen de ho- mine. S. 274. mit beigefuͤgten Kupfern, um die Hipoteſe dadurch zu erlaͤutern. Phil. verheyen Anat. L. II. S. 292. Dominicus _vilielminvſ de ſanguine. Ma- thaeus georgi de homine. propoſ. 40. Guilielm. cockbvrne Oeco- nom. animal. und ohnlaͤngſt Hya- cinth. vogli in fluidi nervei hiſto- ria. S. 18. 19. (c) Joh. Alphonſ. borellvſ de motu animal. L. II. Propoſ. 138. 140.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 768. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/788>, abgerufen am 21.11.2024.