Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Atemholen. VIII. Buch.
oder so viel als beinahe 2280 Pfund beträgt (r). Wir ha-
ben aber gezeigt, daß dieser Unterscheid, oder auch ein noch
grösserer, leicht vertragen werden könne (s), ohne daß
die Gefässe von dem Drukke verengert würden.

Dagegen empfinden wir bald von einer leichten Luft
Ungemächlichkeiten. Es gehört zwar nicht hieher, zu er-
klären, warum sie die Lunge nicht eben sowol ausdehne.
Wenigstens wird den Gefässen des ganzen Körpers der
Drukk benommen, sie sezzen daher dem Herzen einen ge-
ringern Wiederstand entgegen, und sie zerreissen leicht (t).
Die Gefahr wird auch noch bei einer sehr leichten Luft
dadurch vermehrt, daß sich die innerliche Luft in unsern
Säften ausdehnt (u).

Und daher kömmt es, daß wir die schnellen Verän-
derungen in der Schwere der Luft weniger vertragen,
wenn sich die Luftschwere vermindert (x), weil eine dichte
Luft die Lunge besser ausfüllt, folglich den Durchgang des
Blutes leichter macht, und der linken Herzkammer in ei-
ner gegebnen Zeit mehr Blut zuführt, daß es sich mit
stärkerer Kraft zusammen ziehen kann: und davon kommt
es her, daß das Atemholen, bei zusammen gedrükkter
Luft, langsamer erfolgt (y). Eine leichtere Luft, die die
Lunge unvollkommen ausdehnt, benimmt diesen Reiz, der
sonst das linke Herz, sich zusammen zu ziehen, veranlast.

Als das Queksilber, bis auf acht Linien, herabgefal-
len war, verloren Sperlinge das Leben (z). Ein Gold-
ammer befand sich, ob man gleich in den Gedanken steht,

daß
(r) [Spaltenumbruch] WAINEW. of bathing.
S. 124.
(s) Vorhergeh. §. 6.
(t) SCHREIB. almag. S 234.
(u) Mem. de l'Acad. des scienc.
1747. S. 566.
(x) MVSSCHENBR. ad Ci-
mentinos.
S. 119. Mäuse vertragen
[Spaltenumbruch] viel lieber eine doppelt so schwere, als
doppelt so leichte Luft. Philos. Trans.
n.
204. Jn einer verdunnten Luft
sterben Vögel bald. boyle. Phil.
Trans. n.
63.
(y) MEAD. S. 290.
(z) MENGHINI Bonon. Com.
ment. T. II. P. II.
S. 273.

Das Atemholen. VIII. Buch.
oder ſo viel als beinahe 2280 Pfund betraͤgt (r). Wir ha-
ben aber gezeigt, daß dieſer Unterſcheid, oder auch ein noch
groͤſſerer, leicht vertragen werden koͤnne (s), ohne daß
die Gefaͤſſe von dem Drukke verengert wuͤrden.

Dagegen empfinden wir bald von einer leichten Luft
Ungemaͤchlichkeiten. Es gehoͤrt zwar nicht hieher, zu er-
klaͤren, warum ſie die Lunge nicht eben ſowol ausdehne.
Wenigſtens wird den Gefaͤſſen des ganzen Koͤrpers der
Drukk benommen, ſie ſezzen daher dem Herzen einen ge-
ringern Wiederſtand entgegen, und ſie zerreiſſen leicht (t).
Die Gefahr wird auch noch bei einer ſehr leichten Luft
dadurch vermehrt, daß ſich die innerliche Luft in unſern
Saͤften ausdehnt (u).

Und daher koͤmmt es, daß wir die ſchnellen Veraͤn-
derungen in der Schwere der Luft weniger vertragen,
wenn ſich die Luftſchwere vermindert (x), weil eine dichte
Luft die Lunge beſſer ausfuͤllt, folglich den Durchgang des
Blutes leichter macht, und der linken Herzkammer in ei-
ner gegebnen Zeit mehr Blut zufuͤhrt, daß es ſich mit
ſtaͤrkerer Kraft zuſammen ziehen kann: und davon kommt
es her, daß das Atemholen, bei zuſammen gedruͤkkter
Luft, langſamer erfolgt (y). Eine leichtere Luft, die die
Lunge unvollkommen ausdehnt, benimmt dieſen Reiz, der
ſonſt das linke Herz, ſich zuſammen zu ziehen, veranlaſt.

Als das Quekſilber, bis auf acht Linien, herabgefal-
len war, verloren Sperlinge das Leben (z). Ein Gold-
ammer befand ſich, ob man gleich in den Gedanken ſteht,

daß
(r) [Spaltenumbruch] WAINEW. of bathing.
S. 124.
(s) Vorhergeh. §. 6.
(t) SCHREIB. almag. S 234.
(u) Mem. de l’Acad. des ſcienc.
1747. S. 566.
(x) MVSSCHENBR. ad Ci-
mentinos.
S. 119. Maͤuſe vertragen
[Spaltenumbruch] viel lieber eine doppelt ſo ſchwere, als
doppelt ſo leichte Luft. Philoſ. Tranſ.
n.
204. Jn einer verdunnten Luft
ſterben Voͤgel bald. boyle. Phil.
Tranſ. n.
63.
(y) MEAD. S. 290.
(z) MENGHINI Bonon. Com.
ment. T. II. P. II.
S. 273.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0314" n="308"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Atemholen. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
oder &#x017F;o viel als beinahe 2280 Pfund betra&#x0364;gt <note place="foot" n="(r)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">WAINEW.</hi> of bathing.</hi><lb/>
S. 124.</note>. Wir ha-<lb/>
ben aber gezeigt, daß die&#x017F;er Unter&#x017F;cheid, oder auch ein noch<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erer, leicht vertragen werden ko&#x0364;nne <note place="foot" n="(s)">Vorhergeh. §. 6.</note>, ohne daß<lb/>
die Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e von dem Drukke verengert wu&#x0364;rden.</p><lb/>
            <p>Dagegen empfinden wir bald von einer leichten Luft<lb/>
Ungema&#x0364;chlichkeiten. Es geho&#x0364;rt zwar nicht hieher, zu er-<lb/>
kla&#x0364;ren, warum &#x017F;ie die Lunge nicht eben &#x017F;owol ausdehne.<lb/>
Wenig&#x017F;tens wird den Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en des ganzen Ko&#x0364;rpers der<lb/>
Drukk benommen, &#x017F;ie &#x017F;ezzen daher dem Herzen einen ge-<lb/>
ringern Wieder&#x017F;tand entgegen, und &#x017F;ie zerrei&#x017F;&#x017F;en leicht <note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SCHREIB.</hi> almag.</hi> S 234.</note>.<lb/>
Die Gefahr wird auch noch bei einer &#x017F;ehr leichten Luft<lb/>
dadurch vermehrt, daß &#x017F;ich die innerliche Luft in un&#x017F;ern<lb/>
Sa&#x0364;ften ausdehnt <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq">Mem. de l&#x2019;Acad. des &#x017F;cienc.</hi><lb/>
1747. S. 566.</note>.</p><lb/>
            <p>Und daher ko&#x0364;mmt es, daß wir die &#x017F;chnellen Vera&#x0364;n-<lb/>
derungen in der Schwere der Luft weniger vertragen,<lb/>
wenn &#x017F;ich die Luft&#x017F;chwere vermindert <note place="foot" n="(x)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">MVSSCHENBR.</hi> ad Ci-<lb/>
mentinos.</hi> S. 119. Ma&#x0364;u&#x017F;e vertragen<lb/><cb/>
viel lieber eine doppelt &#x017F;o &#x017F;chwere, als<lb/>
doppelt &#x017F;o leichte Luft. <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;. Tran&#x017F;.<lb/>
n.</hi> 204. Jn einer verdunnten Luft<lb/>
&#x017F;terben Vo&#x0364;gel bald. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">boyle.</hi></hi> Phil.<lb/>
Tran&#x017F;. n.</hi> 63.</note>, weil eine dichte<lb/>
Luft die Lunge be&#x017F;&#x017F;er ausfu&#x0364;llt, folglich den Durchgang des<lb/>
Blutes leichter macht, und der linken Herzkammer in ei-<lb/>
ner gegebnen Zeit mehr Blut zufu&#x0364;hrt, daß es &#x017F;ich mit<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;rkerer Kraft zu&#x017F;ammen ziehen kann: und davon kommt<lb/>
es her, daß das Atemholen, bei zu&#x017F;ammen gedru&#x0364;kkter<lb/>
Luft, lang&#x017F;amer erfolgt <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">MEAD.</hi></hi> S. 290.</note>. Eine leichtere Luft, die die<lb/>
Lunge unvollkommen ausdehnt, benimmt die&#x017F;en Reiz, der<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t das linke Herz, &#x017F;ich zu&#x017F;ammen zu ziehen, veranla&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Als das Quek&#x017F;ilber, bis auf acht Linien, herabgefal-<lb/>
len war, verloren Sperlinge das Leben <note place="foot" n="(z)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">MENGHINI</hi> Bonon. Com.<lb/>
ment. T. II. P. II.</hi> S. 273.</note>. Ein Gold-<lb/>
ammer befand &#x017F;ich, ob man gleich in den Gedanken &#x017F;teht,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[308/0314] Das Atemholen. VIII. Buch. oder ſo viel als beinahe 2280 Pfund betraͤgt (r). Wir ha- ben aber gezeigt, daß dieſer Unterſcheid, oder auch ein noch groͤſſerer, leicht vertragen werden koͤnne (s), ohne daß die Gefaͤſſe von dem Drukke verengert wuͤrden. Dagegen empfinden wir bald von einer leichten Luft Ungemaͤchlichkeiten. Es gehoͤrt zwar nicht hieher, zu er- klaͤren, warum ſie die Lunge nicht eben ſowol ausdehne. Wenigſtens wird den Gefaͤſſen des ganzen Koͤrpers der Drukk benommen, ſie ſezzen daher dem Herzen einen ge- ringern Wiederſtand entgegen, und ſie zerreiſſen leicht (t). Die Gefahr wird auch noch bei einer ſehr leichten Luft dadurch vermehrt, daß ſich die innerliche Luft in unſern Saͤften ausdehnt (u). Und daher koͤmmt es, daß wir die ſchnellen Veraͤn- derungen in der Schwere der Luft weniger vertragen, wenn ſich die Luftſchwere vermindert (x), weil eine dichte Luft die Lunge beſſer ausfuͤllt, folglich den Durchgang des Blutes leichter macht, und der linken Herzkammer in ei- ner gegebnen Zeit mehr Blut zufuͤhrt, daß es ſich mit ſtaͤrkerer Kraft zuſammen ziehen kann: und davon kommt es her, daß das Atemholen, bei zuſammen gedruͤkkter Luft, langſamer erfolgt (y). Eine leichtere Luft, die die Lunge unvollkommen ausdehnt, benimmt dieſen Reiz, der ſonſt das linke Herz, ſich zuſammen zu ziehen, veranlaſt. Als das Quekſilber, bis auf acht Linien, herabgefal- len war, verloren Sperlinge das Leben (z). Ein Gold- ammer befand ſich, ob man gleich in den Gedanken ſteht, daß (r) WAINEW. of bathing. S. 124. (s) Vorhergeh. §. 6. (t) SCHREIB. almag. S 234. (u) Mem. de l’Acad. des ſcienc. 1747. S. 566. (x) MVSSCHENBR. ad Ci- mentinos. S. 119. Maͤuſe vertragen viel lieber eine doppelt ſo ſchwere, als doppelt ſo leichte Luft. Philoſ. Tranſ. n. 204. Jn einer verdunnten Luft ſterben Voͤgel bald. boyle. Phil. Tranſ. n. 63. (y) MEAD. S. 290. (z) MENGHINI Bonon. Com. ment. T. II. P. II. S. 273.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/314
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/314>, abgerufen am 22.11.2024.