Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Abschn. Die Luft.
allerhand Kräuter hervor (o). Daß die fliegende Pflan-
zensaamen von der Luft umher geführt werden, erwekkt
bei Niemanden eine Verwunderung, so wenig, als daß
das Staubmehl aus den Fächern der Fichten, Tannen,
und Weiden, wie ich gesehen, ganze Wege mit gelbem
Puder bedekkt.

Wunderbar ist es dagegen, daß die schweren Körner
des Schaarbokkrautes, (ficaria) (p), des Epheus, des
Hünerdarms, (alsine), und andrer Pflanzen (q), in
der Luft herumgeführt worden.

Nach den neuerlichen Versuchen des berühmten
Turberville Needham (r) scheint kein Zweifel statt zu
finden, daß nicht fruchtbare Eier von Jnsekten, häufig,
auch so gar mitten in verschlossnen Phiolen, in der Luft
herumfliegen können. Wenn man Fleisch an die Luft
hängt, so erzeugen sich Thierchen darinnen, folglich müssen
in der Luft Eier befindlich seyn (s).

Wenn man dieses alles überlegt, und da so vielerlei
Körperchen von allerlei Art in der Luft umherfliegen, so
darf man sich nicht verwundern, daß Boerhaave über-
haupt in Zweifel gestanden (t), ob auch der wirkliche ela-
stische Luftstoff eine Schwere übrig behalte. Wenn sich
in der Luft Wasser befindet, und die Luft schwer,
als Wasser, von gleichem Jnhalte ist, so wird Nie-
mand zweifeln, daß nicht die ganze Schweere von dem
Wasser herrühre. Und daß dieses wirklich so sei, schloß
unser vortrefliche Lehrer daher, daß sich die Luft, den Ver-
suchen grosser Männer gemäß, nicht über den achthun-
derten Theil von seiner Masse zusammen drükken lasse:
es steht nämlich die ganze Verdichtungskraft stille, wenn

man
(o) [Spaltenumbruch] BOHN influx. aer in sub-
lim.
S. 482.
(p) Zü Zürch vor einigen Jahren.
(q) BOERH. S. 487.
(r) [Spaltenumbruch] In microscopical discoveries.
(s) BOERH. S. 459. 490.
(t) S. 500. Damit stimmt der
ber. felice überein. S. 64.

III. Abſchn. Die Luft.
allerhand Kraͤuter hervor (o). Daß die fliegende Pflan-
zenſaamen von der Luft umher gefuͤhrt werden, erwekkt
bei Niemanden eine Verwunderung, ſo wenig, als daß
das Staubmehl aus den Faͤchern der Fichten, Tannen,
und Weiden, wie ich geſehen, ganze Wege mit gelbem
Puder bedekkt.

Wunderbar iſt es dagegen, daß die ſchweren Koͤrner
des Schaarbokkrautes, (ficaria) (p), des Epheus, des
Huͤnerdarms, (alſine), und andrer Pflanzen (q), in
der Luft herumgefuͤhrt worden.

Nach den neuerlichen Verſuchen des beruͤhmten
Turberville Needham (r) ſcheint kein Zweifel ſtatt zu
finden, daß nicht fruchtbare Eier von Jnſekten, haͤufig,
auch ſo gar mitten in verſchloſſnen Phiolen, in der Luft
herumfliegen koͤnnen. Wenn man Fleiſch an die Luft
haͤngt, ſo erzeugen ſich Thierchen darinnen, folglich muͤſſen
in der Luft Eier befindlich ſeyn (s).

Wenn man dieſes alles uͤberlegt, und da ſo vielerlei
Koͤrperchen von allerlei Art in der Luft umherfliegen, ſo
darf man ſich nicht verwundern, daß Boerhaave uͤber-
haupt in Zweifel geſtanden (t), ob auch der wirkliche ela-
ſtiſche Luftſtoff eine Schwere uͤbrig behalte. Wenn ſich
in der Luft Waſſer befindet, und die Luft ſchwer,
als Waſſer, von gleichem Jnhalte iſt, ſo wird Nie-
mand zweifeln, daß nicht die ganze Schweere von dem
Waſſer herruͤhre. Und daß dieſes wirklich ſo ſei, ſchloß
unſer vortrefliche Lehrer daher, daß ſich die Luft, den Ver-
ſuchen groſſer Maͤnner gemaͤß, nicht uͤber den achthun-
derten Theil von ſeiner Maſſe zuſammen druͤkken laſſe:
es ſteht naͤmlich die ganze Verdichtungskraft ſtille, wenn

man
(o) [Spaltenumbruch] BOHN influx. aer in ſub-
lim.
S. 482.
(p) Zuͤ Zuͤrch vor einigen Jahren.
(q) BOERH. S. 487.
(r) [Spaltenumbruch] In microſcopical diſcoveries.
(s) BOERH. S. 459. 490.
(t) S. 500. Damit ſtimmt der
ber. felice uͤberein. S. 64.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0355" n="349"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ab&#x017F;chn. Die Luft.</hi></fw><lb/>
allerhand Kra&#x0364;uter hervor <note place="foot" n="(o)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BOHN</hi> influx. aer in &#x017F;ub-<lb/>
lim.</hi> S. 482.</note>. Daß die fliegende Pflan-<lb/>
zen&#x017F;aamen von der Luft umher gefu&#x0364;hrt werden, erwekkt<lb/>
bei Niemanden eine Verwunderung, &#x017F;o wenig, als daß<lb/>
das Staubmehl aus den Fa&#x0364;chern der Fichten, Tannen,<lb/>
und Weiden, wie ich ge&#x017F;ehen, ganze Wege mit gelbem<lb/>
Puder bedekkt.</p><lb/>
            <p>Wunderbar i&#x017F;t es dagegen, daß die &#x017F;chweren Ko&#x0364;rner<lb/>
des Schaarbokkrautes, (<hi rendition="#aq">ficaria</hi>) <note place="foot" n="(p)">Zu&#x0364; Zu&#x0364;rch vor einigen Jahren.</note>, des Epheus, des<lb/>
Hu&#x0364;nerdarms, (<hi rendition="#aq">al&#x017F;ine</hi>), und andrer Pflanzen <note place="foot" n="(q)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BOERH.</hi></hi> S. 487.</note>, in<lb/>
der Luft herumgefu&#x0364;hrt worden.</p><lb/>
            <p>Nach den neuerlichen Ver&#x017F;uchen des beru&#x0364;hmten<lb/><hi rendition="#fr">Turberville Needham</hi> <note place="foot" n="(r)"><cb/><hi rendition="#aq">In micro&#x017F;copical di&#x017F;coveries.</hi></note> &#x017F;cheint kein Zweifel &#x017F;tatt zu<lb/>
finden, daß nicht fruchtbare Eier von Jn&#x017F;ekten, ha&#x0364;ufig,<lb/>
auch &#x017F;o gar mitten in ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;nen Phiolen, in der Luft<lb/>
herumfliegen ko&#x0364;nnen. Wenn man Flei&#x017F;ch an die Luft<lb/>
ha&#x0364;ngt, &#x017F;o erzeugen &#x017F;ich Thierchen darinnen, folglich mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
in der Luft Eier befindlich &#x017F;eyn <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BOERH.</hi></hi> S. 459. 490.</note>.</p><lb/>
            <p>Wenn man die&#x017F;es alles u&#x0364;berlegt, und da &#x017F;o vielerlei<lb/>
Ko&#x0364;rperchen von allerlei Art in der Luft umherfliegen, &#x017F;o<lb/>
darf man &#x017F;ich nicht verwundern, daß <hi rendition="#fr">Boerhaave</hi> u&#x0364;ber-<lb/>
haupt in Zweifel ge&#x017F;tanden <note place="foot" n="(t)">S. 500. Damit &#x017F;timmt der<lb/>
ber. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">felice</hi></hi></hi> u&#x0364;berein. S. 64.</note>, ob auch der wirkliche ela-<lb/>
&#x017F;ti&#x017F;che Luft&#x017F;toff eine Schwere u&#x0364;brig behalte. Wenn &#x017F;ich<lb/>
in der Luft <formula notation="TeX">\frac{1}{850}</formula> Wa&#x017F;&#x017F;er befindet, und die Luft &#x017F;chwer,<lb/>
als <formula notation="TeX">\frac{1}{850}</formula> Wa&#x017F;&#x017F;er, von gleichem Jnhalte i&#x017F;t, &#x017F;o wird Nie-<lb/>
mand zweifeln, daß nicht die ganze Schweere von dem<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er herru&#x0364;hre. Und daß die&#x017F;es wirklich &#x017F;o &#x017F;ei, &#x017F;chloß<lb/>
un&#x017F;er vortrefliche Lehrer daher, daß &#x017F;ich die Luft, den Ver-<lb/>
&#x017F;uchen gro&#x017F;&#x017F;er Ma&#x0364;nner gema&#x0364;ß, nicht u&#x0364;ber den achthun-<lb/>
derten Theil von &#x017F;einer Ma&#x017F;&#x017F;e zu&#x017F;ammen dru&#x0364;kken la&#x017F;&#x017F;e:<lb/>
es &#x017F;teht na&#x0364;mlich die ganze Verdichtungskraft &#x017F;tille, wenn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">man</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[349/0355] III. Abſchn. Die Luft. allerhand Kraͤuter hervor (o). Daß die fliegende Pflan- zenſaamen von der Luft umher gefuͤhrt werden, erwekkt bei Niemanden eine Verwunderung, ſo wenig, als daß das Staubmehl aus den Faͤchern der Fichten, Tannen, und Weiden, wie ich geſehen, ganze Wege mit gelbem Puder bedekkt. Wunderbar iſt es dagegen, daß die ſchweren Koͤrner des Schaarbokkrautes, (ficaria) (p), des Epheus, des Huͤnerdarms, (alſine), und andrer Pflanzen (q), in der Luft herumgefuͤhrt worden. Nach den neuerlichen Verſuchen des beruͤhmten Turberville Needham (r) ſcheint kein Zweifel ſtatt zu finden, daß nicht fruchtbare Eier von Jnſekten, haͤufig, auch ſo gar mitten in verſchloſſnen Phiolen, in der Luft herumfliegen koͤnnen. Wenn man Fleiſch an die Luft haͤngt, ſo erzeugen ſich Thierchen darinnen, folglich muͤſſen in der Luft Eier befindlich ſeyn (s). Wenn man dieſes alles uͤberlegt, und da ſo vielerlei Koͤrperchen von allerlei Art in der Luft umherfliegen, ſo darf man ſich nicht verwundern, daß Boerhaave uͤber- haupt in Zweifel geſtanden (t), ob auch der wirkliche ela- ſtiſche Luftſtoff eine Schwere uͤbrig behalte. Wenn ſich in der Luft [FORMEL] Waſſer befindet, und die Luft ſchwer, als [FORMEL] Waſſer, von gleichem Jnhalte iſt, ſo wird Nie- mand zweifeln, daß nicht die ganze Schweere von dem Waſſer herruͤhre. Und daß dieſes wirklich ſo ſei, ſchloß unſer vortrefliche Lehrer daher, daß ſich die Luft, den Ver- ſuchen groſſer Maͤnner gemaͤß, nicht uͤber den achthun- derten Theil von ſeiner Maſſe zuſammen druͤkken laſſe: es ſteht naͤmlich die ganze Verdichtungskraft ſtille, wenn man (o) BOHN influx. aer in ſub- lim. S. 482. (p) Zuͤ Zuͤrch vor einigen Jahren. (q) BOERH. S. 487. (r) In microſcopical diſcoveries. (s) BOERH. S. 459. 490. (t) S. 500. Damit ſtimmt der ber. felice uͤberein. S. 64.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/355
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/355>, abgerufen am 22.11.2024.