Man hat diese Theorie beantwortet, als man zeigte, daß dergleichen Luft ganz und gar nicht vorhanden wäre.
Nachher bediente sich der vortrefliche Boerhaave(r), der Sperrung des Blutumlaufes, die durchs Einat- men hervorgebracht wird; es sammle sich nämlich das Blut in die Blutadern, es gelange nicht in geöhriger Menge, bis zur linken Herzkammer, die Aorte bekom- me davon nichs, das vom Blute beraubte kleine Gehirn werde kraftlos gemacht, es sende den Ribbenmuskeln keine Geister zu, es verlasse die Zwerchfellsmuskeln, folglich entgiengen beiderlei Muskeln die Kräfte, folglich wür- den sie von dem in eins fort wirkenden Spiele der aus- atmenden Gegenmuskeln überwältigt, und von diesen Gegenmuskeln mus ich eine Erklärung geben.
Man hat über diese Hipotese allerlei, vor langer Zeit, und vor mir (s), auf die Bahn gebracht. Nun bestehe ich nicht eben auf dem Punkte, daß das Ausat- men auf das Einatmen folge, ob man gleich keine Em- pfindung von einem geschwächten Gehirne, und keine Entkrästung so vieler andrer Muskeln wahrnimmt; ich bestehe auch gegentheils nicht darauf, daß die Luft im Anstrengen verhalten werde, und daß man die Kraft in der verzögerten Verhaltung derselben suchen müsse; auch nicht, daß der Puls (t), wenn ein gesunder Mensch ein- atmet, verringert, oder matt werde, ob darauf gleich, zu seiner Zeit, die Ausatmungskräfte folgen. Jch behaupte blos, mein Lehrer erkläre nicht, wofern ja das Blut zurükke tritt, und das kleine Gehirn verläst, aus was vor Ursachen die Muskeln des Ausatmens zur Bewegung angereizt werden können; und wenn das Verhalten des
Blut-
(r)[Spaltenumbruch]n. 619. LITTRE Mem. de l'Acad. 1713. S. 7. u. f.
(s)MARTINE. angef. Ort. S. 161. J de GORTER de mot. vital. n. 30. SENAC. S, 380, 387. [Spaltenumbruch]de bremond. angef. Ort. S. 356. Der vortrefl. GVNZ de respirat. S. X. XI. crell. angef. Ort. de respirat. vital. caus. n. 17.
(t)MVLDER de respir.
Das Atemholen. VIII. Buch.
Man hat dieſe Theorie beantwortet, als man zeigte, daß dergleichen Luft ganz und gar nicht vorhanden waͤre.
Nachher bediente ſich der vortrefliche Boerhaave(r), der Sperrung des Blutumlaufes, die durchs Einat- men hervorgebracht wird; es ſammle ſich naͤmlich das Blut in die Blutadern, es gelange nicht in geoͤhriger Menge, bis zur linken Herzkammer, die Aorte bekom- me davon nichs, das vom Blute beraubte kleine Gehirn werde kraftlos gemacht, es ſende den Ribbenmuskeln keine Geiſter zu, es verlaſſe die Zwerchfellsmuskeln, folglich entgiengen beiderlei Muskeln die Kraͤfte, folglich wuͤr- den ſie von dem in eins fort wirkenden Spiele der aus- atmenden Gegenmuskeln uͤberwaͤltigt, und von dieſen Gegenmuskeln mus ich eine Erklaͤrung geben.
Man hat uͤber dieſe Hipoteſe allerlei, vor langer Zeit, und vor mir (s), auf die Bahn gebracht. Nun beſtehe ich nicht eben auf dem Punkte, daß das Ausat- men auf das Einatmen folge, ob man gleich keine Em- pfindung von einem geſchwaͤchten Gehirne, und keine Entkraͤſtung ſo vieler andrer Muskeln wahrnimmt; ich beſtehe auch gegentheils nicht darauf, daß die Luft im Anſtrengen verhalten werde, und daß man die Kraft in der verzoͤgerten Verhaltung derſelben ſuchen muͤſſe; auch nicht, daß der Puls (t), wenn ein geſunder Menſch ein- atmet, verringert, oder matt werde, ob darauf gleich, zu ſeiner Zeit, die Ausatmungskraͤfte folgen. Jch behaupte blos, mein Lehrer erklaͤre nicht, wofern ja das Blut zuruͤkke tritt, und das kleine Gehirn verlaͤſt, aus was vor Urſachen die Muskeln des Ausatmens zur Bewegung angereizt werden koͤnnen; und wenn das Verhalten des
Blut-
(r)[Spaltenumbruch]n. 619. LITTRE Mem. de l’Acad. 1713. S. 7. u. f.
(s)MARTINE. angef. Ort. S. 161. J de GORTER de mot. vital. n. 30. SENAC. S, 380, 387. [Spaltenumbruch]de bremond. angef. Ort. S. 356. Der vortrefl. GVNZ de reſpirat. S. X. XI. crell. angef. Ort. de reſpirat. vital. cauſ. n. 17.
(t)MVLDER de reſpir.
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Das Atemholen. VIII. Buch.
Man hat dieſe Theorie beantwortet, als man zeigte, daß
dergleichen Luft ganz und gar nicht vorhanden waͤre.
Nachher bediente ſich der vortrefliche Boerhaave (r),
der Sperrung des Blutumlaufes, die durchs Einat-
men hervorgebracht wird; es ſammle ſich naͤmlich das
Blut in die Blutadern, es gelange nicht in geoͤhriger
Menge, bis zur linken Herzkammer, die Aorte bekom-
me davon nichs, das vom Blute beraubte kleine Gehirn
werde kraftlos gemacht, es ſende den Ribbenmuskeln
keine Geiſter zu, es verlaſſe die Zwerchfellsmuskeln, folglich
entgiengen beiderlei Muskeln die Kraͤfte, folglich wuͤr-
den ſie von dem in eins fort wirkenden Spiele der aus-
atmenden Gegenmuskeln uͤberwaͤltigt, und von dieſen
Gegenmuskeln mus ich eine Erklaͤrung geben.
Man hat uͤber dieſe Hipoteſe allerlei, vor langer
Zeit, und vor mir (s), auf die Bahn gebracht. Nun
beſtehe ich nicht eben auf dem Punkte, daß das Ausat-
men auf das Einatmen folge, ob man gleich keine Em-
pfindung von einem geſchwaͤchten Gehirne, und keine
Entkraͤſtung ſo vieler andrer Muskeln wahrnimmt; ich
beſtehe auch gegentheils nicht darauf, daß die Luft im
Anſtrengen verhalten werde, und daß man die Kraft in
der verzoͤgerten Verhaltung derſelben ſuchen muͤſſe; auch
nicht, daß der Puls (t), wenn ein geſunder Menſch ein-
atmet, verringert, oder matt werde, ob darauf gleich, zu
ſeiner Zeit, die Ausatmungskraͤfte folgen. Jch behaupte
blos, mein Lehrer erklaͤre nicht, wofern ja das Blut
zuruͤkke tritt, und das kleine Gehirn verlaͤſt, aus was
vor Urſachen die Muskeln des Ausatmens zur Bewegung
angereizt werden koͤnnen; und wenn das Verhalten des
Blut-
(r)
n. 619. LITTRE Mem.
de l’Acad. 1713. S. 7. u. f.
(s) MARTINE. angef. Ort.
S. 161. J de GORTER de mot.
vital. n. 30. SENAC. S, 380, 387.
de bremond. angef. Ort. S. 356.
Der vortrefl. GVNZ de reſpirat.
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de reſpirat. vital. cauſ. n. 17.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/416>, abgerufen am 22.11.2024.
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