Blut von der Luft, wenn diese gleich ansehnlich kalt ist (r), abgekühlt werde. Es wird nämlich überhaupt das Blut von der Luft um so viel abgekühlt, als es ohne Luft warm ist.
Wir haben übrigens gezeigt, daß alles dasjenige übertrieben sey, welches man von der unerträglichen Hizze der Luft, wenn sie der Wärme im Menschenblute gleich kömmt, zu sagen pflegt. Man kann in einer Luft leben, die so warm, als das Blut ist; von dieser läst sich also gewis keine Abkühlung hoffen: man kann in einer Luft leben, welche noch die Wärme des Blutes übertrift. Es lebt nämlich die thierische Frucht, und die menschliche in Mutterleibe, wo sie keine andre Wärme, als von dem Blute, und der Wärme der Mutter her hat. Es lebt das Hünchen im Eie, wenn es die Brütwärme empfindet, die doch viel grösser, als diejenige Wärme ist, welche sein kleines Herze macht, indem es, wenn man es von der Henne entfernt, und es sich, und den Kräften seines Umlaufes allein überläst, so gleich wieder kalt wird. Doch es leben auch die Fische noch in einer Luft, die unendlich viel wärmer, als ihr Blut ist (s). Es hat nämlich der Fisch, oder die Frucht in der Mutter, die Abkühlung von der Luft nicht weniger nöthig, indem eine fehlerhafte Ver- dünnung dem Blutaderblute beigelegt wird, welche doch der Fisch mit den Thieren von warmen Blute, und die Frucht mit dem erwachsnen Thiere gemein hat (t). End- lich so leben sowohl Menschen, als Thiere, in einer so heissen Luft, daß ein Thermometer, welches man aus der freien Luft wegnimmt, und unter den Arm hält (u), nie-
der-
(r)[Spaltenumbruch]
Er sezzt die Luft 10 solcher Grade warm zu seyn, davon das Blut 64 hat.
(s) 5 B. Jn den warmen Bädern zu Pisa, deren Wärme sich zum menschl. Körper verhält, wie 30 zu [Spaltenumbruch]
26, dennoch leben Frösche an freien Orten. cocchi bagni di Pisa. S. 59.
(t)HAMBERG. n. 185. hel- vep. S. 240.
(u) 5 Buch.
Das Atemholen. VIII. Buch.
Blut von der Luft, wenn dieſe gleich anſehnlich kalt iſt (r), abgekuͤhlt werde. Es wird naͤmlich uͤberhaupt das Blut von der Luft um ſo viel abgekuͤhlt, als es ohne Luft warm iſt.
Wir haben uͤbrigens gezeigt, daß alles dasjenige uͤbertrieben ſey, welches man von der unertraͤglichen Hizze der Luft, wenn ſie der Waͤrme im Menſchenblute gleich koͤmmt, zu ſagen pflegt. Man kann in einer Luft leben, die ſo warm, als das Blut iſt; von dieſer laͤſt ſich alſo gewis keine Abkuͤhlung hoffen: man kann in einer Luft leben, welche noch die Waͤrme des Blutes uͤbertrift. Es lebt naͤmlich die thieriſche Frucht, und die menſchliche in Mutterleibe, wo ſie keine andre Waͤrme, als von dem Blute, und der Waͤrme der Mutter her hat. Es lebt das Huͤnchen im Eie, wenn es die Bruͤtwaͤrme empfindet, die doch viel groͤſſer, als diejenige Waͤrme iſt, welche ſein kleines Herze macht, indem es, wenn man es von der Henne entfernt, und es ſich, und den Kraͤften ſeines Umlaufes allein uͤberlaͤſt, ſo gleich wieder kalt wird. Doch es leben auch die Fiſche noch in einer Luft, die unendlich viel waͤrmer, als ihr Blut iſt (s). Es hat naͤmlich der Fiſch, oder die Frucht in der Mutter, die Abkuͤhlung von der Luft nicht weniger noͤthig, indem eine fehlerhafte Ver- duͤnnung dem Blutaderblute beigelegt wird, welche doch der Fiſch mit den Thieren von warmen Blute, und die Frucht mit dem erwachſnen Thiere gemein hat (t). End- lich ſo leben ſowohl Menſchen, als Thiere, in einer ſo heiſſen Luft, daß ein Thermometer, welches man aus der freien Luft wegnimmt, und unter den Arm haͤlt (u), nie-
der-
(r)[Spaltenumbruch]
Er ſezzt die Luft 10 ſolcher Grade warm zu ſeyn, davon das Blut 64 hat.
(s) 5 B. Jn den warmen Baͤdern zu Piſa, deren Waͤrme ſich zum menſchl. Koͤrper verhaͤlt, wie 30 zu [Spaltenumbruch]
26, dennoch leben Froͤſche an freien Orten. cocchi bagni di Piſa. S. 59.
(t)HAMBERG. n. 185. hel- vep. S. 240.
(u) 5 Buch.
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[540[542]/0548]
Das Atemholen. VIII. Buch.
Blut von der Luft, wenn dieſe gleich anſehnlich kalt iſt (r),
abgekuͤhlt werde. Es wird naͤmlich uͤberhaupt das Blut
von der Luft um ſo viel abgekuͤhlt, als es ohne Luft
warm iſt.
Wir haben uͤbrigens gezeigt, daß alles dasjenige
uͤbertrieben ſey, welches man von der unertraͤglichen Hizze
der Luft, wenn ſie der Waͤrme im Menſchenblute gleich
koͤmmt, zu ſagen pflegt. Man kann in einer Luft leben,
die ſo warm, als das Blut iſt; von dieſer laͤſt ſich alſo
gewis keine Abkuͤhlung hoffen: man kann in einer Luft
leben, welche noch die Waͤrme des Blutes uͤbertrift. Es
lebt naͤmlich die thieriſche Frucht, und die menſchliche in
Mutterleibe, wo ſie keine andre Waͤrme, als von dem
Blute, und der Waͤrme der Mutter her hat. Es lebt
das Huͤnchen im Eie, wenn es die Bruͤtwaͤrme empfindet,
die doch viel groͤſſer, als diejenige Waͤrme iſt, welche
ſein kleines Herze macht, indem es, wenn man es von
der Henne entfernt, und es ſich, und den Kraͤften ſeines
Umlaufes allein uͤberlaͤſt, ſo gleich wieder kalt wird. Doch
es leben auch die Fiſche noch in einer Luft, die unendlich
viel waͤrmer, als ihr Blut iſt (s). Es hat naͤmlich der
Fiſch, oder die Frucht in der Mutter, die Abkuͤhlung von
der Luft nicht weniger noͤthig, indem eine fehlerhafte Ver-
duͤnnung dem Blutaderblute beigelegt wird, welche doch
der Fiſch mit den Thieren von warmen Blute, und die
Frucht mit dem erwachſnen Thiere gemein hat (t). End-
lich ſo leben ſowohl Menſchen, als Thiere, in einer ſo
heiſſen Luft, daß ein Thermometer, welches man aus der
freien Luft wegnimmt, und unter den Arm haͤlt (u), nie-
der-
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Er ſezzt die Luft 10 ſolcher
Grade warm zu ſeyn, davon das
Blut 64 hat.
(s) 5 B. Jn den warmen Baͤdern
zu Piſa, deren Waͤrme ſich zum
menſchl. Koͤrper verhaͤlt, wie 30 zu
26, dennoch leben Froͤſche an freien
Orten. cocchi bagni di Piſa.
S. 59.
(t) HAMBERG. n. 185. hel-
vep. S. 240.
(u) 5 Buch.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 540[542]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/548>, abgerufen am 22.11.2024.
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