Brustbeine (t), und der hintern Oberfläche seines ersten Knochens, über dem Ursprunge des Brustmuskels ganz oben weg.
Jch habe gesehen, daß nichts als ein Band die gan- ze Gegend dieses Muskels eingenommen.
Man ist wegen seiner Verrichtungen nicht eins. Man hat längstens schon geleugnet (u), daß er die erste Ribbe erhebe, und es hat diese Meinung nur neulich noch einen angesehenen Gönner gefunden (x). Andre Män- ner von grossem Ansehn haben es in Zweifel gezogen (y).
Endlich so verstatten ihm Schriftsteller, deren Stim- men in diesem Falle den Ausschlag geben müssen (z), eine kleine Kraft die Ribben zu erheben.
Für meine Person zweifle ich gar nicht, daß er nicht die Ribben heben solte (a). Denn da an einem Muskel blos das Fleisch das Zusammenziehen verrichtet, und da er vom Schlüsselbeine fleischig hervorkömmt, aber sehnig wird, wenn er sich auf die Ribbe wirft, so ist beinahe gewis, daß sich der Muskel gegen die Gegend zusam- menziehe, wo sein Fleisch ist, und daß er also die Ribbe erhebe; da er sich an ein beweglicheres Stükk, und nicht wie Vesal schreibt, ans Brustbein anhängt. Das Ribbenerheben aber verstehe ich so, daß die Brust zugleich mit folge, und in die Höhe steige, da die erste Ribbe für sich allein nicht bewegt werden kann (b). Ferner da es selten geschicht, daß zugleich die ganze Brust in die Höhe fährt, so verwendet sich das Amt dieses Muskels vielmehr darauf, daß er die Brust aufhält, damit sie von den Niederziehern gar nicht niedergezogen werden möge, und
daß
(t)[Spaltenumbruch]
Er hatte das Schlüsselbein gegen das Brustbein herabgezogen. vesal. S. 342.
(u)SPIGELIVS. L. IV. c. 9. i. r. c. garengeot. myotom. humaine et canine. T. II. S. 212.
(x)WINSLOW. n. 922. Memoir. de l' Academ. des scienc. 1726. S. 190. 1738. S. 76.
(y)[Spaltenumbruch]RIOLANVS.
(z)FALLOP. observ. S. 94[5] albin. ang. Ort. S. 270. dou- glass. eben angef. Ort.
(a) Diese Meinung war gemein, und auch des Galeni seine bei dem oribasivs. S. 228. auch des vesalli seine. L. II. c. 35. u. f.
(b) Vorherg. §. 4.
I. Abſchnitt. Die Bruſt.
Bruſtbeine (t), und der hintern Oberflaͤche ſeines erſten Knochens, uͤber dem Urſprunge des Bruſtmuskels ganz oben weg.
Jch habe geſehen, daß nichts als ein Band die gan- ze Gegend dieſes Muskels eingenommen.
Man iſt wegen ſeiner Verrichtungen nicht eins. Man hat laͤngſtens ſchon geleugnet (u), daß er die erſte Ribbe erhebe, und es hat dieſe Meinung nur neulich noch einen angeſehenen Goͤnner gefunden (x). Andre Maͤn- ner von groſſem Anſehn haben es in Zweifel gezogen (y).
Endlich ſo verſtatten ihm Schriftſteller, deren Stim- men in dieſem Falle den Ausſchlag geben muͤſſen (z), eine kleine Kraft die Ribben zu erheben.
Fuͤr meine Perſon zweifle ich gar nicht, daß er nicht die Ribben heben ſolte (a). Denn da an einem Muskel blos das Fleiſch das Zuſammenziehen verrichtet, und da er vom Schluͤſſelbeine fleiſchig hervorkoͤmmt, aber ſehnig wird, wenn er ſich auf die Ribbe wirft, ſo iſt beinahe gewis, daß ſich der Muskel gegen die Gegend zuſam- menziehe, wo ſein Fleiſch iſt, und daß er alſo die Ribbe erhebe; da er ſich an ein beweglicheres Stuͤkk, und nicht wie Veſal ſchreibt, ans Bruſtbein anhaͤngt. Das Ribbenerheben aber verſtehe ich ſo, daß die Bruſt zugleich mit folge, und in die Hoͤhe ſteige, da die erſte Ribbe fuͤr ſich allein nicht bewegt werden kann (b). Ferner da es ſelten geſchicht, daß zugleich die ganze Bruſt in die Hoͤhe faͤhrt, ſo verwendet ſich das Amt dieſes Muskels vielmehr darauf, daß er die Bruſt aufhaͤlt, damit ſie von den Niederziehern gar nicht niedergezogen werden moͤge, und
daß
(t)[Spaltenumbruch]
Er hatte das Schluͤſſelbein gegen das Bruſtbein herabgezogen. veſal. S. 342.
(u)SPIGELIVS. L. IV. c. 9. i. r. c. garengeot. myotom. humaine et canine. T. II. S. 212.
(x)WINSLOW. n. 922. Memoir. de l’ Academ. des ſcienc. 1726. S. 190. 1738. S. 76.
(y)[Spaltenumbruch]RIOLANVS.
(z)FALLOP. obſerv. S. 94[5] albin. ang. Ort. S. 270. dou- glaſſ. eben angef. Ort.
(a) Dieſe Meinung war gemein, und auch des Galeni ſeine bei dem oribaſivſ. S. 228. auch des veſalli ſeine. L. II. c. 35. u. f.
(b) Vorherg. §. 4.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0081"n="75"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">I.</hi> Abſchnitt. Die Bruſt.</hi></fw><lb/>
Bruſtbeine <noteplace="foot"n="(t)"><cb/>
Er hatte das Schluͤſſelbein<lb/>
gegen das Bruſtbein herabgezogen.<lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g"><hirendition="#k">veſal.</hi></hi></hi> S. 342.</note>, und der hintern Oberflaͤche ſeines erſten<lb/>
Knochens, uͤber dem Urſprunge des Bruſtmuskels ganz<lb/>
oben weg.</p><lb/><p>Jch habe geſehen, daß nichts als ein Band die gan-<lb/>
ze Gegend dieſes Muskels eingenommen.</p><lb/><p>Man iſt wegen ſeiner Verrichtungen nicht eins.<lb/>
Man hat laͤngſtens ſchon geleugnet <noteplace="foot"n="(u)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">SPIGELIVS.</hi> L. IV. c. 9.<lb/><hirendition="#k">i. r. c. <hirendition="#g">garengeot.</hi></hi> myotom.<lb/>
humaine et canine. T. II.</hi> S. 212.</note>, daß er die erſte<lb/>
Ribbe erhebe, und es hat dieſe Meinung nur neulich noch<lb/>
einen angeſehenen Goͤnner gefunden <noteplace="foot"n="(x)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">WINSLOW.</hi> n. 922.<lb/>
Memoir. de l’ Academ. des ſcienc.</hi><lb/>
1726. S. 190. 1738. S. 76.</note>. Andre Maͤn-<lb/>
ner von groſſem Anſehn haben es in Zweifel gezogen <noteplace="foot"n="(y)"><cb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">RIOLANVS.</hi></hi></note>.</p><lb/><p>Endlich ſo verſtatten ihm Schriftſteller, deren Stim-<lb/>
men in dieſem Falle den Ausſchlag geben muͤſſen <noteplace="foot"n="(z)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">FALLOP.</hi> obſerv.</hi> S. 94<supplied>5</supplied><lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g"><hirendition="#k">albin.</hi></hi></hi> ang. Ort. S. 270. <hirendition="#aq"><hirendition="#g"><hirendition="#k">dou-<lb/>
glaſſ.</hi></hi></hi> eben angef. Ort.</note>,<lb/>
eine kleine Kraft die Ribben zu erheben.</p><lb/><p>Fuͤr meine Perſon zweifle ich gar nicht, daß er nicht<lb/>
die Ribben heben ſolte <noteplace="foot"n="(a)">Dieſe Meinung war gemein,<lb/>
und auch des <hirendition="#fr">Galeni</hi>ſeine bei<lb/>
dem <hirendition="#aq"><hirendition="#g"><hirendition="#k">oribaſivſ.</hi></hi></hi> S. 228. auch<lb/>
des <hirendition="#aq"><hirendition="#g"><hirendition="#k">veſalli</hi></hi></hi>ſeine. <hirendition="#aq">L. II. c.</hi> 35. u. f.</note>. Denn da an einem Muskel<lb/>
blos das Fleiſch das Zuſammenziehen verrichtet, und da<lb/>
er vom Schluͤſſelbeine fleiſchig hervorkoͤmmt, aber ſehnig<lb/>
wird, wenn er ſich auf die Ribbe wirft, ſo iſt beinahe<lb/>
gewis, daß ſich der Muskel gegen die Gegend zuſam-<lb/>
menziehe, wo ſein Fleiſch iſt, und daß er alſo die Ribbe<lb/>
erhebe; da er ſich an ein beweglicheres Stuͤkk, und nicht<lb/>
wie <hirendition="#fr">Veſal</hi>ſchreibt, ans Bruſtbein anhaͤngt. Das<lb/>
Ribbenerheben aber verſtehe ich ſo, daß die Bruſt zugleich<lb/>
mit folge, und in die Hoͤhe ſteige, da die erſte Ribbe fuͤr<lb/>ſich allein nicht bewegt werden kann <noteplace="foot"n="(b)">Vorherg. §. 4.</note>. Ferner da es<lb/>ſelten geſchicht, daß zugleich die ganze Bruſt in die Hoͤhe<lb/>
faͤhrt, ſo verwendet ſich das Amt dieſes Muskels vielmehr<lb/>
darauf, daß er die Bruſt aufhaͤlt, damit ſie von den<lb/>
Niederziehern gar nicht niedergezogen werden moͤge, und<lb/><fwplace="bottom"type="catch">daß</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[75/0081]
I. Abſchnitt. Die Bruſt.
Bruſtbeine (t), und der hintern Oberflaͤche ſeines erſten
Knochens, uͤber dem Urſprunge des Bruſtmuskels ganz
oben weg.
Jch habe geſehen, daß nichts als ein Band die gan-
ze Gegend dieſes Muskels eingenommen.
Man iſt wegen ſeiner Verrichtungen nicht eins.
Man hat laͤngſtens ſchon geleugnet (u), daß er die erſte
Ribbe erhebe, und es hat dieſe Meinung nur neulich noch
einen angeſehenen Goͤnner gefunden (x). Andre Maͤn-
ner von groſſem Anſehn haben es in Zweifel gezogen (y).
Endlich ſo verſtatten ihm Schriftſteller, deren Stim-
men in dieſem Falle den Ausſchlag geben muͤſſen (z),
eine kleine Kraft die Ribben zu erheben.
Fuͤr meine Perſon zweifle ich gar nicht, daß er nicht
die Ribben heben ſolte (a). Denn da an einem Muskel
blos das Fleiſch das Zuſammenziehen verrichtet, und da
er vom Schluͤſſelbeine fleiſchig hervorkoͤmmt, aber ſehnig
wird, wenn er ſich auf die Ribbe wirft, ſo iſt beinahe
gewis, daß ſich der Muskel gegen die Gegend zuſam-
menziehe, wo ſein Fleiſch iſt, und daß er alſo die Ribbe
erhebe; da er ſich an ein beweglicheres Stuͤkk, und nicht
wie Veſal ſchreibt, ans Bruſtbein anhaͤngt. Das
Ribbenerheben aber verſtehe ich ſo, daß die Bruſt zugleich
mit folge, und in die Hoͤhe ſteige, da die erſte Ribbe fuͤr
ſich allein nicht bewegt werden kann (b). Ferner da es
ſelten geſchicht, daß zugleich die ganze Bruſt in die Hoͤhe
faͤhrt, ſo verwendet ſich das Amt dieſes Muskels vielmehr
darauf, daß er die Bruſt aufhaͤlt, damit ſie von den
Niederziehern gar nicht niedergezogen werden moͤge, und
daß
(t)
Er hatte das Schluͤſſelbein
gegen das Bruſtbein herabgezogen.
veſal. S. 342.
(u) SPIGELIVS. L. IV. c. 9.
i. r. c. garengeot. myotom.
humaine et canine. T. II. S. 212.
(x) WINSLOW. n. 922.
Memoir. de l’ Academ. des ſcienc.
1726. S. 190. 1738. S. 76.
(y)
RIOLANVS.
(z) FALLOP. obſerv. S. 945
albin. ang. Ort. S. 270. dou-
glaſſ. eben angef. Ort.
(a) Dieſe Meinung war gemein,
und auch des Galeni ſeine bei
dem oribaſivſ. S. 228. auch
des veſalli ſeine. L. II. c. 35. u. f.
(b) Vorherg. §. 4.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/81>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.