Es erreicht nämlich eine ziemliche Menge dieses Bluts das Gehirn gar nicht. Es gehen von der Wir- belader die Muskeläste ab, und, wenn man dieses gleich gering achten wollte, so muß man sich dennoch erinnern, daß von der Carotis eine Menge Bluts zu den äußern Theilen des Kopfes hingeführt wird. Es war nämlich in einerlei Körper der Durchmesser der Gehirncarotis 19, der Durchmesser aber der äußern Carotis 20. Wenn man also gleich von dem Gehirnblute noch so wenig ab- ziehen will, so werden dennoch kaum über 719 solcher Theile übrig bleiben, deren die niedersteigende Aorte 2559 herbeiführt, oder es wird überhaupt nicht völlig der vier- te Theil vom gesammten Körperblute in der Gehirnmasse anlangen.
Von diesem Blute muß man wieder denienigen Theil abnehmen, welcher zu den Augen und zur harten Gehirnhaut geht. Allein man kann überhaupt bei der- ienigen Berechnung stehen bleiben, die dem Gehirnblute etwas über den fünften Theil des gesammten Blutes zu- gesteht. Es ist dieses aber viel, wofern man sich erin- nern will, daß die Schwere des Gehirns schwerlich über vier Pfunde wiegt; denn es erhellet daraus, daß in ei- nem Menschen, der 160 Pfunde wiegt, in gegebener Zeit, acht mal mehr Blut ins Gehirn komme, als in irgend einem andern Theil des übrigen Körpers.
Es geht auch darum mehr Blut zum Gehirn, weil dieses Blut in diesem Eingeweide, wie wir sogleich zei- gen werden, einen freiern Uebergang aus den Schlag- adern [Spaltenumbruch](h), in die Blutadern antrift; ferner, weil die Schlagaderäste im Gehirn weicher, als irgendwo sind [Spaltenumbruch](i). Es begiebt sich nämlich in die schlaffe Aeste eines gemein- schaftlichen Stammes, aus einem gemeinschaftlichem
Wasser-
(h)SAUVAGES Mem. de l'Acad. de Berlin 1755. S. 49.
(i) S. 127.
Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
Es erreicht naͤmlich eine ziemliche Menge dieſes Bluts das Gehirn gar nicht. Es gehen von der Wir- belader die Muskelaͤſte ab, und, wenn man dieſes gleich gering achten wollte, ſo muß man ſich dennoch erinnern, daß von der Carotis eine Menge Bluts zu den aͤußern Theilen des Kopfes hingefuͤhrt wird. Es war naͤmlich in einerlei Koͤrper der Durchmeſſer der Gehirncarotis 19, der Durchmeſſer aber der aͤußern Carotis 20. Wenn man alſo gleich von dem Gehirnblute noch ſo wenig ab- ziehen will, ſo werden dennoch kaum uͤber 719 ſolcher Theile uͤbrig bleiben, deren die niederſteigende Aorte 2559 herbeifuͤhrt, oder es wird uͤberhaupt nicht voͤllig der vier- te Theil vom geſammten Koͤrperblute in der Gehirnmaſſe anlangen.
Von dieſem Blute muß man wieder denienigen Theil abnehmen, welcher zu den Augen und zur harten Gehirnhaut geht. Allein man kann uͤberhaupt bei der- ienigen Berechnung ſtehen bleiben, die dem Gehirnblute etwas uͤber den fuͤnften Theil des geſammten Blutes zu- geſteht. Es iſt dieſes aber viel, wofern man ſich erin- nern will, daß die Schwere des Gehirns ſchwerlich uͤber vier Pfunde wiegt; denn es erhellet daraus, daß in ei- nem Menſchen, der 160 Pfunde wiegt, in gegebener Zeit, acht mal mehr Blut ins Gehirn komme, als in irgend einem andern Theil des uͤbrigen Koͤrpers.
Es geht auch darum mehr Blut zum Gehirn, weil dieſes Blut in dieſem Eingeweide, wie wir ſogleich zei- gen werden, einen freiern Uebergang aus den Schlag- adern [Spaltenumbruch](h), in die Blutadern antrift; ferner, weil die Schlagaderaͤſte im Gehirn weicher, als irgendwo ſind [Spaltenumbruch](i). Es begiebt ſich naͤmlich in die ſchlaffe Aeſte eines gemein- ſchaftlichen Stammes, aus einem gemeinſchaftlichem
Waſſer-
(h)SAUVAGES Mem. de l’Acad. de Berlin 1755. S. 49.
(i) S. 127.
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Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
Es erreicht naͤmlich eine ziemliche Menge dieſes
Bluts das Gehirn gar nicht. Es gehen von der Wir-
belader die Muskelaͤſte ab, und, wenn man dieſes gleich
gering achten wollte, ſo muß man ſich dennoch erinnern,
daß von der Carotis eine Menge Bluts zu den aͤußern
Theilen des Kopfes hingefuͤhrt wird. Es war naͤmlich
in einerlei Koͤrper der Durchmeſſer der Gehirncarotis 19,
der Durchmeſſer aber der aͤußern Carotis 20. Wenn
man alſo gleich von dem Gehirnblute noch ſo wenig ab-
ziehen will, ſo werden dennoch kaum uͤber 719 ſolcher
Theile uͤbrig bleiben, deren die niederſteigende Aorte 2559
herbeifuͤhrt, oder es wird uͤberhaupt nicht voͤllig der vier-
te Theil vom geſammten Koͤrperblute in der Gehirnmaſſe
anlangen.
Von dieſem Blute muß man wieder denienigen
Theil abnehmen, welcher zu den Augen und zur harten
Gehirnhaut geht. Allein man kann uͤberhaupt bei der-
ienigen Berechnung ſtehen bleiben, die dem Gehirnblute
etwas uͤber den fuͤnften Theil des geſammten Blutes zu-
geſteht. Es iſt dieſes aber viel, wofern man ſich erin-
nern will, daß die Schwere des Gehirns ſchwerlich uͤber
vier Pfunde wiegt; denn es erhellet daraus, daß in ei-
nem Menſchen, der 160 Pfunde wiegt, in gegebener
Zeit, acht mal mehr Blut ins Gehirn komme, als in
irgend einem andern Theil des uͤbrigen Koͤrpers.
Es geht auch darum mehr Blut zum Gehirn, weil
dieſes Blut in dieſem Eingeweide, wie wir ſogleich zei-
gen werden, einen freiern Uebergang aus den Schlag-
adern
(h), in die Blutadern antrift; ferner, weil die
Schlagaderaͤſte im Gehirn weicher, als irgendwo ſind
(i).
Es begiebt ſich naͤmlich in die ſchlaffe Aeſte eines gemein-
ſchaftlichen Stammes, aus einem gemeinſchaftlichem
Waſſer-
(h) SAUVAGES Mem. de
l’Acad. de Berlin 1755. S. 49.
(i) S. 127.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/254>, abgerufen am 22.11.2024.
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