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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

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Das Gehirn | und die Nerven. X. Buch.
stich und ein faules Eitergeschwür im Gehirn, blieb bis
zum neunzehnten Tage ohne schwere Zufälle [Spaltenumbruch] f. Ohne
schlimme Zufälle fand man einige aufgeschwollene
Schwämme, welche aus der Hirnschaale herauswuchsen,
die man wegnahm, und wobei von der Substanz des
Gehirns zween Löffel voll verloren giengen g. Man be-
richtet, daß man im Kerkerfieber, ein Geschwür im Ge-
hirn und in den Kammern Eiter angetroffen, ohne daß
die Sinne einige Veränderung erlitten hätten h.

Bei einem starken Bruche der Hirnschaale blieb
dennoch der Zustanb der Seele ungestört i, ob sich gleich
ein Theil des Gehirns in eine Art von Brei verwandelt
hatte, und das ganze Gehirn zerquetscht war. Nach
einem übermäßigen Verluste des Gehirns, und da ie-
mand ein Stück von einem Griffel fünf ganzer Jahre
im Gehirne trug, erfolgten dennoch keine andere Zufälle,
ausser Kopfschmerzen [Spaltenumbruch] k.

Es war eine Flintenkugel mitten ins Mark hinein-
gedrungen, und es erfolgte zwar am achtzehnten Tage
der Tod darauf, vorher war aber dennoch kein Zufall
vorangegangen l. Bei einer Gehirnwunde gieng ein
Theil Gehirn, wie ein Ei groß, verloren, ohne daß das
Gemüth dabei gelitten hatte, und man heilte die Wun-
de vollkommen n.

Man hat Berichte von Personen, die ohne Nach-
theil einen ziemlichen Theil des Gehirns verloren o. An
einer unbeschädigten Seite des Gehirns wuchs zu wie-
derholten malen ein Schwamm, so groß als ein Gänseei,
heraus, der Kranke starb nach sechs und dreißig Tagen,
und dennoch war derselbe vollkommen bei Sinnen geblie-

ben.
f Iourn. de medec. 1756. avril.
g La Peyronie p. 202.
h Pringle diseas of the army
p. 309. conf. p.
27. 28. 29.
i Duverney mem. 1703 p. 268.
k Rhodius| obs. 32. c. 1.
l Planque biblioth. de medec.
T. III. p.
77.
n Genga anat. chir. p. 42.
o P. de Marchett. obs. 1. 2. 3. 5.

Das Gehirn | und die Nerven. X. Buch.
ſtich und ein faules Eitergeſchwuͤr im Gehirn, blieb bis
zum neunzehnten Tage ohne ſchwere Zufaͤlle [Spaltenumbruch] f. Ohne
ſchlimme Zufaͤlle fand man einige aufgeſchwollene
Schwaͤmme, welche aus der Hirnſchaale herauswuchſen,
die man wegnahm, und wobei von der Subſtanz des
Gehirns zween Loͤffel voll verloren giengen g. Man be-
richtet, daß man im Kerkerfieber, ein Geſchwuͤr im Ge-
hirn und in den Kammern Eiter angetroffen, ohne daß
die Sinne einige Veraͤnderung erlitten haͤtten h.

Bei einem ſtarken Bruche der Hirnſchaale blieb
dennoch der Zuſtanb der Seele ungeſtoͤrt i, ob ſich gleich
ein Theil des Gehirns in eine Art von Brei verwandelt
hatte, und das ganze Gehirn zerquetſcht war. Nach
einem uͤbermaͤßigen Verluſte des Gehirns, und da ie-
mand ein Stuͤck von einem Griffel fuͤnf ganzer Jahre
im Gehirne trug, erfolgten dennoch keine andere Zufaͤlle,
auſſer Kopfſchmerzen [Spaltenumbruch] k.

Es war eine Flintenkugel mitten ins Mark hinein-
gedrungen, und es erfolgte zwar am achtzehnten Tage
der Tod darauf, vorher war aber dennoch kein Zufall
vorangegangen l. Bei einer Gehirnwunde gieng ein
Theil Gehirn, wie ein Ei groß, verloren, ohne daß das
Gemuͤth dabei gelitten hatte, und man heilte die Wun-
de vollkommen n.

Man hat Berichte von Perſonen, die ohne Nach-
theil einen ziemlichen Theil des Gehirns verloren o. An
einer unbeſchaͤdigten Seite des Gehirns wuchs zu wie-
derholten malen ein Schwamm, ſo groß als ein Gaͤnſeei,
heraus, der Kranke ſtarb nach ſechs und dreißig Tagen,
und dennoch war derſelbe vollkommen bei Sinnen geblie-

ben.
f Iourn. de medec. 1756. avril.
g La Peyronie p. 202.
h Pringle diſeas of the army
p. 309. conf. p.
27. 28. 29.
i Duverney mem. 1703 p. 268.
k Rhodius| obſ. 32. c. 1.
l Planque biblioth. de medec.
T. III. p.
77.
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[532/0568] Das Gehirn | und die Nerven. X. Buch. ſtich und ein faules Eitergeſchwuͤr im Gehirn, blieb bis zum neunzehnten Tage ohne ſchwere Zufaͤlle f. Ohne ſchlimme Zufaͤlle fand man einige aufgeſchwollene Schwaͤmme, welche aus der Hirnſchaale herauswuchſen, die man wegnahm, und wobei von der Subſtanz des Gehirns zween Loͤffel voll verloren giengen g. Man be- richtet, daß man im Kerkerfieber, ein Geſchwuͤr im Ge- hirn und in den Kammern Eiter angetroffen, ohne daß die Sinne einige Veraͤnderung erlitten haͤtten h. Bei einem ſtarken Bruche der Hirnſchaale blieb dennoch der Zuſtanb der Seele ungeſtoͤrt i, ob ſich gleich ein Theil des Gehirns in eine Art von Brei verwandelt hatte, und das ganze Gehirn zerquetſcht war. Nach einem uͤbermaͤßigen Verluſte des Gehirns, und da ie- mand ein Stuͤck von einem Griffel fuͤnf ganzer Jahre im Gehirne trug, erfolgten dennoch keine andere Zufaͤlle, auſſer Kopfſchmerzen k. Es war eine Flintenkugel mitten ins Mark hinein- gedrungen, und es erfolgte zwar am achtzehnten Tage der Tod darauf, vorher war aber dennoch kein Zufall vorangegangen l. Bei einer Gehirnwunde gieng ein Theil Gehirn, wie ein Ei groß, verloren, ohne daß das Gemuͤth dabei gelitten hatte, und man heilte die Wun- de vollkommen n. Man hat Berichte von Perſonen, die ohne Nach- theil einen ziemlichen Theil des Gehirns verloren o. An einer unbeſchaͤdigten Seite des Gehirns wuchs zu wie- derholten malen ein Schwamm, ſo groß als ein Gaͤnſeei, heraus, der Kranke ſtarb nach ſechs und dreißig Tagen, und dennoch war derſelbe vollkommen bei Sinnen geblie- ben. f Iourn. de medec. 1756. avril. g La Peyronie p. 202. h Pringle diſeas of the army p. 309. conf. p. 27. 28. 29. i Duverney mem. 1703 p. 268. k Rhodius| obſ. 32. c. 1. l Planque biblioth. de medec. T. III. p. 77. n Genga anat. chir. p. 42. o P. de Marchett. obſ. 1. 2. 3. 5.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/568>, abgerufen am 24.11.2024.