Es zeigte der berümte Mann durch diese Beispiele, daß die Seele den Augenblick ihre gewöhnliche Verrich- tnngen fahren lasse, so bald die Hirnschwiele Schaden leide, da doch andre aus andern Geschichten, die wir zum Theil erzählt, und noch erzählen wollen, zu erweisen glaubten, daß sich alle übrige Theile des Gehirns, ohne Verletzung der Sinne, oder einen plötzlichen Tod, zer- stören lassen [Spaltenumbruch]l.
Wir finden demnach die Zirbeldrüse nur gar zu oft steinig, obgleich die Sinnen frei denken m, und es sahe sie ein berümter Mann mit dem Hintern und den Hoden faulen, indessen, daß der Kranke, ausser einer Fühllo- sigkeit von geringer Dauer, weiter nichts auszustehen hatte n.
Da hierauf Willis[Spaltenumbruch]n* die gestreiften Körper hoch- zuschätzen anfieng, und auch überhaupt vermöge unsrer Erfahrungen, die Verletzung dieser kleinen Hügel, einen Krampf in den Nerven nach sich zieht, so wendet auch der berümte Gigot diese Wahrnehmungen dazu an, daß er berichtet, gesehen zu haben, wie die gestreiften Körper, welche mit geronnenem Fließwasser angefüllt gewesen, Krämpfe hervorgebracht o, und wie in einem andern Kranken, welcher mit dem schweren Gebrechen behaftet gewesen, und bereits eine Lähmung an der einen Seite bekommen, ein grosser Theil von dem rechten gestreiften Körper zerstört gefunden worden p, ohne daß die Sin- nen verändert worden, und dergleichen hat auch Petit wahrgenommen, indem deren linke gestreifte Körper weich und aufgelöst war, und dagegen die rechte Seite
mit
lMem. de chir. T. I. P. 2. p. 136.
mViridet du bon chyle p. 198. vergl. p. 65.
np. 205. Extr. des mem. de Montp. 1708.
n*De cerebro p. 156. 157.
oExtr. de la Societ. de Montp. 1708.
p 1741 p. 206.
VII. Ab. Erſch. d. leb. Geh. Die Empfind.
Es zeigte der beruͤmte Mann durch dieſe Beiſpiele, daß die Seele den Augenblick ihre gewoͤhnliche Verrich- tnngen fahren laſſe, ſo bald die Hirnſchwiele Schaden leide, da doch andre aus andern Geſchichten, die wir zum Theil erzaͤhlt, und noch erzaͤhlen wollen, zu erweiſen glaubten, daß ſich alle uͤbrige Theile des Gehirns, ohne Verletzung der Sinne, oder einen ploͤtzlichen Tod, zer- ſtoͤren laſſen [Spaltenumbruch]l.
Wir finden demnach die Zirbeldruͤſe nur gar zu oft ſteinig, obgleich die Sinnen frei denken m, und es ſahe ſie ein beruͤmter Mann mit dem Hintern und den Hoden faulen, indeſſen, daß der Kranke, auſſer einer Fuͤhllo- ſigkeit von geringer Dauer, weiter nichts auszuſtehen hatte n.
Da hierauf Willis[Spaltenumbruch]n* die geſtreiften Koͤrper hoch- zuſchaͤtzen anfieng, und auch uͤberhaupt vermoͤge unſrer Erfahrungen, die Verletzung dieſer kleinen Huͤgel, einen Krampf in den Nerven nach ſich zieht, ſo wendet auch der beruͤmte Gigot dieſe Wahrnehmungen dazu an, daß er berichtet, geſehen zu haben, wie die geſtreiften Koͤrper, welche mit geronnenem Fließwaſſer angefuͤllt geweſen, Kraͤmpfe hervorgebracht o, und wie in einem andern Kranken, welcher mit dem ſchweren Gebrechen behaftet geweſen, und bereits eine Laͤhmung an der einen Seite bekommen, ein groſſer Theil von dem rechten geſtreiften Koͤrper zerſtoͤrt gefunden worden p, ohne daß die Sin- nen veraͤndert worden, und dergleichen hat auch Petit wahrgenommen, indem deren linke geſtreifte Koͤrper weich und aufgeloͤſt war, und dagegen die rechte Seite
mit
lMem. de chir. T. I. P. 2. p. 136.
mViridet du bon chyle p. 198. vergl. p. 65.
np. 205. Extr. des mem. de Montp. 1708.
n*De cerebro p. 156. 157.
oExtr. de la Societ. de Montp. 1708.
p 1741 p. 206.
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VII. Ab. Erſch. d. leb. Geh. Die Empfind.
Es zeigte der beruͤmte Mann durch dieſe Beiſpiele,
daß die Seele den Augenblick ihre gewoͤhnliche Verrich-
tnngen fahren laſſe, ſo bald die Hirnſchwiele Schaden
leide, da doch andre aus andern Geſchichten, die wir
zum Theil erzaͤhlt, und noch erzaͤhlen wollen, zu erweiſen
glaubten, daß ſich alle uͤbrige Theile des Gehirns, ohne
Verletzung der Sinne, oder einen ploͤtzlichen Tod, zer-
ſtoͤren laſſen
l.
Wir finden demnach die Zirbeldruͤſe nur gar zu oft
ſteinig, obgleich die Sinnen frei denken m, und es ſahe
ſie ein beruͤmter Mann mit dem Hintern und den Hoden
faulen, indeſſen, daß der Kranke, auſſer einer Fuͤhllo-
ſigkeit von geringer Dauer, weiter nichts auszuſtehen
hatte n.
Da hierauf Willis
n* die geſtreiften Koͤrper hoch-
zuſchaͤtzen anfieng, und auch uͤberhaupt vermoͤge unſrer
Erfahrungen, die Verletzung dieſer kleinen Huͤgel, einen
Krampf in den Nerven nach ſich zieht, ſo wendet auch
der beruͤmte Gigot dieſe Wahrnehmungen dazu an, daß
er berichtet, geſehen zu haben, wie die geſtreiften Koͤrper,
welche mit geronnenem Fließwaſſer angefuͤllt geweſen,
Kraͤmpfe hervorgebracht o, und wie in einem andern
Kranken, welcher mit dem ſchweren Gebrechen behaftet
geweſen, und bereits eine Laͤhmung an der einen Seite
bekommen, ein groſſer Theil von dem rechten geſtreiften
Koͤrper zerſtoͤrt gefunden worden p, ohne daß die Sin-
nen veraͤndert worden, und dergleichen hat auch Petit
wahrgenommen, indem deren linke geſtreifte Koͤrper
weich und aufgeloͤſt war, und dagegen die rechte Seite
mit
l Mem. de chir. T. I. P. 2.
p. 136.
m Viridet du bon chyle p. 198.
vergl. p. 65.
n p. 205. Extr. des mem. de
Montp. 1708.
n* De cerebro p. 156. 157.
o Extr. de la Societ. de Montp.
1708.
p 1741 p. 206.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 539. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/575>, abgerufen am 25.11.2024.
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