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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

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Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
mit dem rechten Auge lahm geworden war [Spaltenumbruch] q. Endlich
hat so gar der berümte Deidier r, wofern dieses nicht
zu viel ist, den linken gestreiften Körper knochig, und
doch ohne schlimme Zufälle gefunden.

§. 34.
Warum diese Meinung keinen Grund zu haben
scheine.

Allein diese Schlüsse sind, von vielfachen Seiten be-
trachtet, in der That übertrieben. Es erhellet | nämlich
ohne Umstände, daß man der Natur der Sache zuwi-
der, zwar den Sitz der Empfindung in der Hirnschwiele
fest setze, aber dieses mit der Bewegung nicht auch vor-
nehme a, da doch die Nerven nicht nur die Empfindun-
gen ins Gehirn leiten, sondern auch von demselben ihre
bewegende Kräfte hernehmen; und folglich scheint man
den Quell der Bewegung nicht von dem Sitze der Em-
pfindung trennen zu können.

Es würde aber auch nicht leichtlich angehen, die
Enden der Nerven bis zur Hirnschwiele hinzuleiten [Spaltenumbruch] b,
und man muß der Seele keine Stelle zum Hoflager ein-
räumen, die doch überhaupt den Vögeln, diesen gewiß
nicht ungelehrigen Thieren, völlig mangelt.

Da endlich der berümte la Peyronie die Wunden
an der Hirnschwiele, noch viel tödlicher, als selbst am
kleinen Gehirne, macht c, so stimmen wenigstens die
Versuche damit nicht überein, und es hat der berümte
Heuermann d die Wunden der Hirnschwiele nicht so
gar gefährlich, und ohne besondere grosse Zufälle gefun-

den
q L. I p. 7.
r Des tumeurs p. 351. consult.
T. III. p.
148.
a Der berümte la Peyronie art.
5. Petit p.
7.
b Gorter chirurg. p. 168.
c Mem. de chirurg. T. I. P. 2.
p.
136.
d Oper. T. III. p. 241.

Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
mit dem rechten Auge lahm geworden war [Spaltenumbruch] q. Endlich
hat ſo gar der beruͤmte Deidier r, wofern dieſes nicht
zu viel iſt, den linken geſtreiften Koͤrper knochig, und
doch ohne ſchlimme Zufaͤlle gefunden.

§. 34.
Warum dieſe Meinung keinen Grund zu haben
ſcheine.

Allein dieſe Schluͤſſe ſind, von vielfachen Seiten be-
trachtet, in der That uͤbertrieben. Es erhellet | naͤmlich
ohne Umſtaͤnde, daß man der Natur der Sache zuwi-
der, zwar den Sitz der Empfindung in der Hirnſchwiele
feſt ſetze, aber dieſes mit der Bewegung nicht auch vor-
nehme a, da doch die Nerven nicht nur die Empfindun-
gen ins Gehirn leiten, ſondern auch von demſelben ihre
bewegende Kraͤfte hernehmen; und folglich ſcheint man
den Quell der Bewegung nicht von dem Sitze der Em-
pfindung trennen zu koͤnnen.

Es wuͤrde aber auch nicht leichtlich angehen, die
Enden der Nerven bis zur Hirnſchwiele hinzuleiten [Spaltenumbruch] b,
und man muß der Seele keine Stelle zum Hoflager ein-
raͤumen, die doch uͤberhaupt den Voͤgeln, dieſen gewiß
nicht ungelehrigen Thieren, voͤllig mangelt.

Da endlich der beruͤmte la Peyronie die Wunden
an der Hirnſchwiele, noch viel toͤdlicher, als ſelbſt am
kleinen Gehirne, macht c, ſo ſtimmen wenigſtens die
Verſuche damit nicht uͤberein, und es hat der beruͤmte
Heuermann d die Wunden der Hirnſchwiele nicht ſo
gar gefaͤhrlich, und ohne beſondere groſſe Zufaͤlle gefun-

den
q L. I p. 7.
r Des tumeurs p. 351. conſult.
T. III. p.
148.
a Der beruͤmte la Peyronie art.
5. Petit p.
7.
b Gorter chirurg. p. 168.
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136.
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[540/0576] Das Gehirn und die Nerven. X. Buch. mit dem rechten Auge lahm geworden war q. Endlich hat ſo gar der beruͤmte Deidier r, wofern dieſes nicht zu viel iſt, den linken geſtreiften Koͤrper knochig, und doch ohne ſchlimme Zufaͤlle gefunden. §. 34. Warum dieſe Meinung keinen Grund zu haben ſcheine. Allein dieſe Schluͤſſe ſind, von vielfachen Seiten be- trachtet, in der That uͤbertrieben. Es erhellet | naͤmlich ohne Umſtaͤnde, daß man der Natur der Sache zuwi- der, zwar den Sitz der Empfindung in der Hirnſchwiele feſt ſetze, aber dieſes mit der Bewegung nicht auch vor- nehme a, da doch die Nerven nicht nur die Empfindun- gen ins Gehirn leiten, ſondern auch von demſelben ihre bewegende Kraͤfte hernehmen; und folglich ſcheint man den Quell der Bewegung nicht von dem Sitze der Em- pfindung trennen zu koͤnnen. Es wuͤrde aber auch nicht leichtlich angehen, die Enden der Nerven bis zur Hirnſchwiele hinzuleiten b, und man muß der Seele keine Stelle zum Hoflager ein- raͤumen, die doch uͤberhaupt den Voͤgeln, dieſen gewiß nicht ungelehrigen Thieren, voͤllig mangelt. Da endlich der beruͤmte la Peyronie die Wunden an der Hirnſchwiele, noch viel toͤdlicher, als ſelbſt am kleinen Gehirne, macht c, ſo ſtimmen wenigſtens die Verſuche damit nicht uͤberein, und es hat der beruͤmte Heuermann d die Wunden der Hirnſchwiele nicht ſo gar gefaͤhrlich, und ohne beſondere groſſe Zufaͤlle gefun- den q L. I p. 7. r Des tumeurs p. 351. conſult. T. III. p. 148. a Der beruͤmte la Peyronie art. 5. Petit p. 7. b Gorter chirurg. p. 168. c Mem. de chirurg. T. I. P. 2. p. 136. d Oper. T. III. p. 241.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/576>, abgerufen am 25.11.2024.