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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

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VII. Ab. Ersch. d. leb. Geh. Die Empfind.
von den Wunden des kleinen Gehirns, wobei sich der
Puls gar nicht veränderte [Spaltenumbruch] p*.

Auch an Menschen ziehen die Wunden des kleinen
Gehirns keine grössere Gefahr nach sich. Es ist Gabriel
Fallopius q der erste, welcher eine Wunde am kleinen
Gehirn geheilt hat, nachdem dieses Eingeweide über-
haupt zu zweien malen, solche Stücke verloren hatte, als
ein Wickenkorn groß ist. Eben so heilte man einen
Mohren, welchen Johann Vesling r, nachdem er et-
was vom kleinen Gehirne eingebüßt, nach zwanzig Ta-
gen wiederherstellte. Zacharias Platner s hatte die
Nachricht erhalten, und solche auch in seinen Schriften
eingerückt, daß ein Kranker, dem man ein ansehnliches
Stück vom kleinen Gehirn mit dem Degen weggehauen
hatte, von dem Wundarzte le Maire geheilt worden.
Es starb endlich ein Mensch, aber doch erst nach drei
und vierzig Stunden, dessen Gehirn von einer Flinten-
kugel s* zerrissen war, indessen, daß er frei Athem
holte und seiner Sinne vollkommen mächtig war.

Man hat noch mehr Exempel von langsamen Ge-
brechen des kleinen Gehirns aufzuweisen, mit denen sich
der Kranke viele Tage und ganze Jahre gequält, und
woraus man sieht, daß man dennoch leben könne, ohne
daß dieses Eingeweide eben im besten Zustande sein dörfe.
Jch habe selbst in einem Knaben eine Verhärtung des
kleinen Gehirns angetroffen, und es hat dergleichen
auch der berümte Zinn, und bei langwierigen Kopf-
[Spaltenumbruch]

schmer-
Er lebte noch 80 bis 250 Minuten.
Eine ganze Stunde, Heuermann
oper. T. 3. p.
131. Vier und zwan-
zig Stunden, wovon Chirac. das
einzige Exempel hat, Phil. Trans.
n.
226. u. s. f.
p* Lorry III. p. 383.
q De vulnerib. c. 6. p. 254.
r Epist. 13.
s De vulner. capit. p. 344.
s* Petit lettr. 2. p. 19.
M m 3

VII. Ab. Erſch. d. leb. Geh. Die Empfind.
von den Wunden des kleinen Gehirns, wobei ſich der
Puls gar nicht veraͤnderte [Spaltenumbruch] p*.

Auch an Menſchen ziehen die Wunden des kleinen
Gehirns keine groͤſſere Gefahr nach ſich. Es iſt Gabriel
Fallopius q der erſte, welcher eine Wunde am kleinen
Gehirn geheilt hat, nachdem dieſes Eingeweide uͤber-
haupt zu zweien malen, ſolche Stuͤcke verloren hatte, als
ein Wickenkorn groß iſt. Eben ſo heilte man einen
Mohren, welchen Johann Vesling r, nachdem er et-
was vom kleinen Gehirne eingebuͤßt, nach zwanzig Ta-
gen wiederherſtellte. Zacharias Platner s hatte die
Nachricht erhalten, und ſolche auch in ſeinen Schriften
eingeruͤckt, daß ein Kranker, dem man ein anſehnliches
Stuͤck vom kleinen Gehirn mit dem Degen weggehauen
hatte, von dem Wundarzte le Maire geheilt worden.
Es ſtarb endlich ein Menſch, aber doch erſt nach drei
und vierzig Stunden, deſſen Gehirn von einer Flinten-
kugel s* zerriſſen war, indeſſen, daß er frei Athem
holte und ſeiner Sinne vollkommen maͤchtig war.

Man hat noch mehr Exempel von langſamen Ge-
brechen des kleinen Gehirns aufzuweiſen, mit denen ſich
der Kranke viele Tage und ganze Jahre gequaͤlt, und
woraus man ſieht, daß man dennoch leben koͤnne, ohne
daß dieſes Eingeweide eben im beſten Zuſtande ſein doͤrfe.
Jch habe ſelbſt in einem Knaben eine Verhaͤrtung des
kleinen Gehirns angetroffen, und es hat dergleichen
auch der beruͤmte Zinn, und bei langwierigen Kopf-
[Spaltenumbruch]

ſchmer-
Er lebte noch 80 bis 250 Minuten.
Eine ganze Stunde, Heuermann
oper. T. 3. p.
131. Vier und zwan-
zig Stunden, wovon Chirac. das
einzige Exempel hat, Phil. Trans.
n.
226. u. ſ. f.
p* Lorry III. p. 383.
q De vulnerib. c. 6. p. 254.
r Epiſt. 13.
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[549/0585] VII. Ab. Erſch. d. leb. Geh. Die Empfind. von den Wunden des kleinen Gehirns, wobei ſich der Puls gar nicht veraͤnderte p*. Auch an Menſchen ziehen die Wunden des kleinen Gehirns keine groͤſſere Gefahr nach ſich. Es iſt Gabriel Fallopius q der erſte, welcher eine Wunde am kleinen Gehirn geheilt hat, nachdem dieſes Eingeweide uͤber- haupt zu zweien malen, ſolche Stuͤcke verloren hatte, als ein Wickenkorn groß iſt. Eben ſo heilte man einen Mohren, welchen Johann Vesling r, nachdem er et- was vom kleinen Gehirne eingebuͤßt, nach zwanzig Ta- gen wiederherſtellte. Zacharias Platner s hatte die Nachricht erhalten, und ſolche auch in ſeinen Schriften eingeruͤckt, daß ein Kranker, dem man ein anſehnliches Stuͤck vom kleinen Gehirn mit dem Degen weggehauen hatte, von dem Wundarzte le Maire geheilt worden. Es ſtarb endlich ein Menſch, aber doch erſt nach drei und vierzig Stunden, deſſen Gehirn von einer Flinten- kugel s* zerriſſen war, indeſſen, daß er frei Athem holte und ſeiner Sinne vollkommen maͤchtig war. Man hat noch mehr Exempel von langſamen Ge- brechen des kleinen Gehirns aufzuweiſen, mit denen ſich der Kranke viele Tage und ganze Jahre gequaͤlt, und woraus man ſieht, daß man dennoch leben koͤnne, ohne daß dieſes Eingeweide eben im beſten Zuſtande ſein doͤrfe. Jch habe ſelbſt in einem Knaben eine Verhaͤrtung des kleinen Gehirns angetroffen, und es hat dergleichen auch der beruͤmte Zinn, und bei langwierigen Kopf- ſchmer- p p* Lorry III. p. 383. q De vulnerib. c. 6. p. 254. r Epiſt. 13. s De vulner. capit. p. 344. s* Petit lettr. 2. p. 19. p Er lebte noch 80 bis 250 Minuten. Eine ganze Stunde, Heuermann oper. T. 3. p. 131. Vier und zwan- zig Stunden, wovon Chirac. das einzige Exempel hat, Phil. Trans. n. 226. u. ſ. f. M m 3

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/585>, abgerufen am 26.11.2024.