gen erfordern. Ohne Zweifel scheint eine Strasse durch eine freie Röhre viel geschickter dazu, als durch einen Schwamm zu sein. Jn den Pflanzen sind die Gefässe durch ein Zellgewebe abgebrochen, allein der Pflanzen- saft hat auch, in Vergleichung mit den Lebensgeistern, nur einen sehr trägen Lauf zu thun. Ja es hat auch der Nervensaft keine so grosse Subtilität, daß er von dem Verweilen nicht was zu befürchten haben sollte, wozu die queer vor liegende Fäden der Fäden Anlaß geben müssen, indem er offenbar von einer Unterbindung gehemmt wer- den kann [Spaltenumbruch]u.
Jch übergehe den Beweis, welchen man öfters von dem Zwerchfellsnerven hergenommen, da man sagt, daß ein herabgezognes Zwerchfell Krämfe mache, weil die Lebensgeister dahin getrieben werden [Spaltenumbruch]u*; indem die- ser Theil des Versuches der Wahrheit widerspricht.
§. 18. Folglich wird auch das Mark des Gehirns aus Gefässen bestehen.
Es ist das Nervenmark, eine Fortsetzung des Ge- hirnmarkes x, und die Nervenfaser eine Fortsetzung der Markfaser; beide haben, so viel die Sinnen lehren, ei- nerlei Natur an sich. Es besteht aber das Nervenmark aus Gefässen y, folglich muß auch das Mark des Ge- hirns, da es mit demselben einerlei Wesen hat, aus Gefässen bestehen. Diese Vermuthung gibt uns die Analogie an die Hand, und es scheinet solche nicht zu ge-
statten,
u Vergl. was die Vertheidiger der Lebensgeister, für die Nerven- röhrchen hin und wieder vorgetra- gen, dergleichen der neuere Au- tor der Abhandlung vom Ner- vensafte.
u*L. VIII. p. 93. Pitcarne elem. L. 1. c. 5.
xp. 186.
yp. 382.
Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
gen erfordern. Ohne Zweifel ſcheint eine Straſſe durch eine freie Roͤhre viel geſchickter dazu, als durch einen Schwamm zu ſein. Jn den Pflanzen ſind die Gefaͤſſe durch ein Zellgewebe abgebrochen, allein der Pflanzen- ſaft hat auch, in Vergleichung mit den Lebensgeiſtern, nur einen ſehr traͤgen Lauf zu thun. Ja es hat auch der Nervenſaft keine ſo groſſe Subtilitaͤt, daß er von dem Verweilen nicht was zu befuͤrchten haben ſollte, wozu die queer vor liegende Faͤden der Faͤden Anlaß geben muͤſſen, indem er offenbar von einer Unterbindung gehemmt wer- den kann [Spaltenumbruch]u.
Jch uͤbergehe den Beweis, welchen man oͤfters von dem Zwerchfellsnerven hergenommen, da man ſagt, daß ein herabgezognes Zwerchfell Kraͤmfe mache, weil die Lebensgeiſter dahin getrieben werden [Spaltenumbruch]u*; indem die- ſer Theil des Verſuches der Wahrheit widerſpricht.
§. 18. Folglich wird auch das Mark des Gehirns aus Gefaͤſſen beſtehen.
Es iſt das Nervenmark, eine Fortſetzung des Ge- hirnmarkes x, und die Nervenfaſer eine Fortſetzung der Markfaſer; beide haben, ſo viel die Sinnen lehren, ei- nerlei Natur an ſich. Es beſteht aber das Nervenmark aus Gefaͤſſen y, folglich muß auch das Mark des Ge- hirns, da es mit demſelben einerlei Weſen hat, aus Gefaͤſſen beſtehen. Dieſe Vermuthung gibt uns die Analogie an die Hand, und es ſcheinet ſolche nicht zu ge-
ſtatten,
u Vergl. was die Vertheidiger der Lebensgeiſter, fuͤr die Nerven- roͤhrchen hin und wieder vorgetra- gen, dergleichen der neuere Au- tor der Abhandlung vom Ner- venſafte.
u*L. VIII. p. 93. Pitcarne elem. L. 1. c. 5.
xp. 186.
yp. 382.
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Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
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eine freie Roͤhre viel geſchickter dazu, als durch einen
Schwamm zu ſein. Jn den Pflanzen ſind die Gefaͤſſe
durch ein Zellgewebe abgebrochen, allein der Pflanzen-
ſaft hat auch, in Vergleichung mit den Lebensgeiſtern,
nur einen ſehr traͤgen Lauf zu thun. Ja es hat auch der
Nervenſaft keine ſo groſſe Subtilitaͤt, daß er von dem
Verweilen nicht was zu befuͤrchten haben ſollte, wozu die
queer vor liegende Faͤden der Faͤden Anlaß geben muͤſſen,
indem er offenbar von einer Unterbindung gehemmt wer-
den kann
u.
Jch uͤbergehe den Beweis, welchen man oͤfters
von dem Zwerchfellsnerven hergenommen, da man ſagt,
daß ein herabgezognes Zwerchfell Kraͤmfe mache, weil
die Lebensgeiſter dahin getrieben werden
u*; indem die-
ſer Theil des Verſuches der Wahrheit widerſpricht.
§. 18.
Folglich wird auch das Mark des Gehirns aus
Gefaͤſſen beſtehen.
Es iſt das Nervenmark, eine Fortſetzung des Ge-
hirnmarkes x, und die Nervenfaſer eine Fortſetzung der
Markfaſer; beide haben, ſo viel die Sinnen lehren, ei-
nerlei Natur an ſich. Es beſteht aber das Nervenmark
aus Gefaͤſſen y, folglich muß auch das Mark des Ge-
hirns, da es mit demſelben einerlei Weſen hat, aus
Gefaͤſſen beſtehen. Dieſe Vermuthung gibt uns die
Analogie an die Hand, und es ſcheinet ſolche nicht zu ge-
ſtatten,
u Vergl. was die Vertheidiger
der Lebensgeiſter, fuͤr die Nerven-
roͤhrchen hin und wieder vorgetra-
gen, dergleichen der neuere Au-
tor der Abhandlung vom Ner-
venſafte.
u* L. VIII. p. 93. Pitcarne
elem. L. 1. c. 5.
x p. 186.
y p. 382.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/638>, abgerufen am 21.11.2024.
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