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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

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Vom Gehirne X. Buch.
genennet worden. Sie ist es, welche einzig und allein,
aller Orten und berührend, das Gehirn, das kleine Gehirn
und Rükkenmark bekleidet, und so oft das Gehirn von
Furchen oder Löchern ausgehölet wird, so geht sie mit
in diese Furchen oder Löcher hinein, damit nicht etwa
einiger Theil des Markes oder des grauenadrigen Wesens
ohne diese Dekke sey, worinnen sie die eigene Häute
der andern Eingeweide nachahmet. Sie wirft nemlich
in die Windungen des Gehirns, und deren tiefe und ästige
Gänge, Fortsäzze und gleichsam Sicheln von sich [Spaltenumbruch] (u),
die in der That auch mehr zusammen gesetzt sind, als
man denken sollte. Solchergestalt hat die gesamte Ober-
fläche einer ieden Windung ihre dünne Gehirnhaut, und
es kriechen verschiedene Gefäßstämme in dem Zwischen-
raum herum, welcher um die äußere Fläche dieser Haut
herum läuft. Sie tritt auch auf eben diese Weise in
die Querfurchen des kleinen Gehirns (x), und in beide
Spalten des verlängerten Marks [Spaltenumbruch] (y) und Rückenmar-
kes (z), so wie sie ferner alle und iede Nervenfäden,
auch die zärtesten, überall bekleidet. Es gibt aber
auch an dem Grunde des Gehirns hie und da Löcher,
und verborgene Schleifwege, durch welche diese weiche
Haut des Gehirns bis zu den innersten Stellen dieses
Eingeweides fortläuft. So läuft sie durch das Mark
zu den Füssen des verlängerten Markes hinauf (b).
Sie nimmt einen andern Weg nach den Vordertheilen
der dritten Kammer, nach dem Hölentheile des Gewöl-
bes, nach der vordern Zusammenfügung (commissura)
und der hellen Scheidewand (c): Auf einem andern
Wege begibt sie sich weniger hoch, zur dritten Kammer
zu den Schenkeln des verlängerten Markes und zur Zu-

sammen-
(u) ALBIN adnotat. libr. II.
T. 2. f. 1. d. d. f 3. RVYSCH
epist. 7. T. 8. f. 4. Thes.
10. S. 28.
WINSLOW n. 50.
(x) RVYSCH thes. 5. n. 24.
epist. 8. f.
1. 2. 3.
(y) Fasc. 7. T. 1. bei a. a.
(z) Seite 9.
(b) S. 6.
(c) S. 6. T. I. d.
wird hier unrecht die vierte Kam-
mer genannt.

Vom Gehirne X. Buch.
genennet worden. Sie iſt es, welche einzig und allein,
aller Orten und beruͤhrend, das Gehirn, das kleine Gehirn
und Ruͤkkenmark bekleidet, und ſo oft das Gehirn von
Furchen oder Loͤchern ausgehoͤlet wird, ſo geht ſie mit
in dieſe Furchen oder Loͤcher hinein, damit nicht etwa
einiger Theil des Markes oder des grauenadrigen Weſens
ohne dieſe Dekke ſey, worinnen ſie die eigene Haͤute
der andern Eingeweide nachahmet. Sie wirft nemlich
in die Windungen des Gehirns, und deren tiefe und aͤſtige
Gaͤnge, Fortſaͤzze und gleichſam Sicheln von ſich [Spaltenumbruch] (u),
die in der That auch mehr zuſammen geſetzt ſind, als
man denken ſollte. Solchergeſtalt hat die geſamte Ober-
flaͤche einer ieden Windung ihre duͤnne Gehirnhaut, und
es kriechen verſchiedene Gefaͤßſtaͤmme in dem Zwiſchen-
raum herum, welcher um die aͤußere Flaͤche dieſer Haut
herum laͤuft. Sie tritt auch auf eben dieſe Weiſe in
die Querfurchen des kleinen Gehirns (x), und in beide
Spalten des verlaͤngerten Marks [Spaltenumbruch] (y) und Ruͤckenmar-
kes (z), ſo wie ſie ferner alle und iede Nervenfaͤden,
auch die zaͤrteſten, uͤberall bekleidet. Es gibt aber
auch an dem Grunde des Gehirns hie und da Loͤcher,
und verborgene Schleifwege, durch welche dieſe weiche
Haut des Gehirns bis zu den innerſten Stellen dieſes
Eingeweides fortlaͤuft. So laͤuft ſie durch das Mark
zu den Fuͤſſen des verlaͤngerten Markes hinauf (b).
Sie nimmt einen andern Weg nach den Vordertheilen
der dritten Kammer, nach dem Hoͤlentheile des Gewoͤl-
bes, nach der vordern Zuſammenfuͤgung (commiſſura)
und der hellen Scheidewand (c): Auf einem andern
Wege begibt ſie ſich weniger hoch, zur dritten Kammer
zu den Schenkeln des verlaͤngerten Markes und zur Zu-

ſammen-
(u) ALBIN adnotat. libr. II.
T. 2. f. 1. d. d. f 3. RVYSCH
epiſt. 7. T. 8. f. 4. Theſ.
10. S. 28.
WINSLOW n. 50.
(x) RVYSCH theſ. 5. n. 24.
epiſt. 8. f.
1. 2. 3.
(y) Faſc. 7. T. 1. bei a. a.
(z) Seite 9.
(b) S. 6.
(c) S. 6. T. I. d.
wird hier unrecht die vierte Kam-
mer genannt.
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[28/0064] Vom Gehirne X. Buch. genennet worden. Sie iſt es, welche einzig und allein, aller Orten und beruͤhrend, das Gehirn, das kleine Gehirn und Ruͤkkenmark bekleidet, und ſo oft das Gehirn von Furchen oder Loͤchern ausgehoͤlet wird, ſo geht ſie mit in dieſe Furchen oder Loͤcher hinein, damit nicht etwa einiger Theil des Markes oder des grauenadrigen Weſens ohne dieſe Dekke ſey, worinnen ſie die eigene Haͤute der andern Eingeweide nachahmet. Sie wirft nemlich in die Windungen des Gehirns, und deren tiefe und aͤſtige Gaͤnge, Fortſaͤzze und gleichſam Sicheln von ſich (u), die in der That auch mehr zuſammen geſetzt ſind, als man denken ſollte. Solchergeſtalt hat die geſamte Ober- flaͤche einer ieden Windung ihre duͤnne Gehirnhaut, und es kriechen verſchiedene Gefaͤßſtaͤmme in dem Zwiſchen- raum herum, welcher um die aͤußere Flaͤche dieſer Haut herum laͤuft. Sie tritt auch auf eben dieſe Weiſe in die Querfurchen des kleinen Gehirns (x), und in beide Spalten des verlaͤngerten Marks (y) und Ruͤckenmar- kes (z), ſo wie ſie ferner alle und iede Nervenfaͤden, auch die zaͤrteſten, uͤberall bekleidet. Es gibt aber auch an dem Grunde des Gehirns hie und da Loͤcher, und verborgene Schleifwege, durch welche dieſe weiche Haut des Gehirns bis zu den innerſten Stellen dieſes Eingeweides fortlaͤuft. So laͤuft ſie durch das Mark zu den Fuͤſſen des verlaͤngerten Markes hinauf (b). Sie nimmt einen andern Weg nach den Vordertheilen der dritten Kammer, nach dem Hoͤlentheile des Gewoͤl- bes, nach der vordern Zuſammenfuͤgung (commiſſura) und der hellen Scheidewand (c): Auf einem andern Wege begibt ſie ſich weniger hoch, zur dritten Kammer zu den Schenkeln des verlaͤngerten Markes und zur Zu- ſammen- (u) ALBIN adnotat. libr. II. T. 2. f. 1. d. d. f 3. RVYSCH epiſt. 7. T. 8. f. 4. Theſ. 10. S. 28. WINSLOW n. 50. (x) RVYSCH theſ. 5. n. 24. epiſt. 8. f. 1. 2. 3. (y) Faſc. 7. T. 1. bei a. a. (z) Seite 9. (b) S. 6. (c) S. 6. T. I. d. wird hier unrecht die vierte Kam- mer genannt.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/64>, abgerufen am 21.11.2024.