Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Abschnitt. Der Verstand.
nig zu folgern, weil man ausserdem in den Körpern der
Unsinnigen oft nicht den mindesten Fehler antrift, so wie
auch in den Unempfindlichen (f); ferner, weil keine ge-
wisse Verbindung zwischen einer Krankheit der Seele,
und der Krankheit eines bestimmten Theils des Gehirns
zu entdekken ist; weil endlich die Merkmaale entgegen ge-
sezzter Krankheiten in den Kranken, als in der Hirnwuth
und Dummheit gemeinschaftlich anzutreffen sind: doch
liesse sich dieser Einwurf der Neuern mit den Erscheinungen
bei der Trunkenheit, und der Gehirnentzündung entschul-
digen, denn in diesen entsteht aus einerlei Ursache erstlich
ein Wahnwizz, denn bei wachsender Krankheit eine Schläf-
rigkeit und eine Fühllosigkeit. So viel sieht man wol,
daß das Gehirn gemeiniglich in den Krankheiten des Ge-
müths leide; und wenn dieses bisweilen, in seltnen Fäl-
len nicht zu leiden geschienen, so konnte das Uebel in den
kleinern Elementen gestekkt, oder es dem Zergliedrer an
Gedult gefehlt haben. Der vortrefliche Morgagni
fügt noch diesem bei (f*), daß das Gehirn in allen Sinn-
losen, oder doch das Mark, nach einer besondern Regel,
härter, als gewöhnlich befunden werde.



Zwei-
(f) [Spaltenumbruch] HOME med. facts. p. 53.
(f*) [Spaltenumbruch] Sed & caus. morb. I. p. 59.
A a a a 3

I. Abſchnitt. Der Verſtand.
nig zu folgern, weil man auſſerdem in den Koͤrpern der
Unſinnigen oft nicht den mindeſten Fehler antrift, ſo wie
auch in den Unempfindlichen (f); ferner, weil keine ge-
wiſſe Verbindung zwiſchen einer Krankheit der Seele,
und der Krankheit eines beſtimmten Theils des Gehirns
zu entdekken iſt; weil endlich die Merkmaale entgegen ge-
ſezzter Krankheiten in den Kranken, als in der Hirnwuth
und Dummheit gemeinſchaftlich anzutreffen ſind: doch
lieſſe ſich dieſer Einwurf der Neuern mit den Erſcheinungen
bei der Trunkenheit, und der Gehirnentzuͤndung entſchul-
digen, denn in dieſen entſteht aus einerlei Urſache erſtlich
ein Wahnwizz, denn bei wachſender Krankheit eine Schlaͤf-
rigkeit und eine Fuͤhlloſigkeit. So viel ſieht man wol,
daß das Gehirn gemeiniglich in den Krankheiten des Ge-
muͤths leide; und wenn dieſes bisweilen, in ſeltnen Faͤl-
len nicht zu leiden geſchienen, ſo konnte das Uebel in den
kleinern Elementen geſtekkt, oder es dem Zergliedrer an
Gedult gefehlt haben. Der vortrefliche Morgagni
fuͤgt noch dieſem bei (f*), daß das Gehirn in allen Sinn-
loſen, oder doch das Mark, nach einer beſondern Regel,
haͤrter, als gewoͤhnlich befunden werde.



Zwei-
(f) [Spaltenumbruch] HOME med. facts. p. 53.
(f*) [Spaltenumbruch] Sed & cauſ. morb. I. p. 59.
A a a a 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f1127" n="1109"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Der Ver&#x017F;tand.</hi></fw><lb/>
nig zu folgern, weil man au&#x017F;&#x017F;erdem in den Ko&#x0364;rpern der<lb/>
Un&#x017F;innigen oft nicht den minde&#x017F;ten Fehler antrift, &#x017F;o wie<lb/>
auch in den Unempfindlichen <note place="foot" n="(f)"><cb/><hi rendition="#aq">HOME med. facts. p.</hi> 53.</note>; ferner, weil keine ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e Verbindung zwi&#x017F;chen einer Krankheit der Seele,<lb/>
und der Krankheit eines be&#x017F;timmten Theils des Gehirns<lb/>
zu entdekken i&#x017F;t; weil endlich die Merkmaale entgegen ge-<lb/>
&#x017F;ezzter Krankheiten in den Kranken, als in der Hirnwuth<lb/>
und Dummheit gemein&#x017F;chaftlich anzutreffen &#x017F;ind: doch<lb/>
lie&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich die&#x017F;er Einwurf der Neuern mit den Er&#x017F;cheinungen<lb/>
bei der Trunkenheit, und der Gehirnentzu&#x0364;ndung ent&#x017F;chul-<lb/>
digen, denn in die&#x017F;en ent&#x017F;teht aus einerlei Ur&#x017F;ache er&#x017F;tlich<lb/>
ein Wahnwizz, denn bei wach&#x017F;ender Krankheit eine Schla&#x0364;f-<lb/>
rigkeit und eine Fu&#x0364;hllo&#x017F;igkeit. So viel &#x017F;ieht man wol,<lb/>
daß das Gehirn gemeiniglich in den Krankheiten des Ge-<lb/>
mu&#x0364;ths leide; und wenn die&#x017F;es bisweilen, in &#x017F;eltnen Fa&#x0364;l-<lb/>
len nicht zu leiden ge&#x017F;chienen, &#x017F;o konnte das Uebel in den<lb/>
kleinern Elementen ge&#x017F;tekkt, oder es dem Zergliedrer an<lb/>
Gedult gefehlt haben. Der vortrefliche <hi rendition="#fr">Morgagni</hi><lb/>
fu&#x0364;gt noch die&#x017F;em bei <note place="foot" n="(f*)"><cb/><hi rendition="#aq">Sed &amp; cau&#x017F;. morb. I. p.</hi> 59.</note>, daß das Gehirn in allen Sinn-<lb/>
lo&#x017F;en, oder doch das Mark, nach einer be&#x017F;ondern Regel,<lb/>
ha&#x0364;rter, als gewo&#x0364;hnlich befunden werde.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">A a a a 3</fw>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Zwei-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1109/1127] I. Abſchnitt. Der Verſtand. nig zu folgern, weil man auſſerdem in den Koͤrpern der Unſinnigen oft nicht den mindeſten Fehler antrift, ſo wie auch in den Unempfindlichen (f); ferner, weil keine ge- wiſſe Verbindung zwiſchen einer Krankheit der Seele, und der Krankheit eines beſtimmten Theils des Gehirns zu entdekken iſt; weil endlich die Merkmaale entgegen ge- ſezzter Krankheiten in den Kranken, als in der Hirnwuth und Dummheit gemeinſchaftlich anzutreffen ſind: doch lieſſe ſich dieſer Einwurf der Neuern mit den Erſcheinungen bei der Trunkenheit, und der Gehirnentzuͤndung entſchul- digen, denn in dieſen entſteht aus einerlei Urſache erſtlich ein Wahnwizz, denn bei wachſender Krankheit eine Schlaͤf- rigkeit und eine Fuͤhlloſigkeit. So viel ſieht man wol, daß das Gehirn gemeiniglich in den Krankheiten des Ge- muͤths leide; und wenn dieſes bisweilen, in ſeltnen Faͤl- len nicht zu leiden geſchienen, ſo konnte das Uebel in den kleinern Elementen geſtekkt, oder es dem Zergliedrer an Gedult gefehlt haben. Der vortrefliche Morgagni fuͤgt noch dieſem bei (f*), daß das Gehirn in allen Sinn- loſen, oder doch das Mark, nach einer beſondern Regel, haͤrter, als gewoͤhnlich befunden werde. Zwei- (f) HOME med. facts. p. 53. (f*) Sed & cauſ. morb. I. p. 59. A a a a 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1127
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1127>, abgerufen am 23.11.2024.