Lebhaftigkeit vorgehen, ohne daß wir es wollen, oder, ohne daß wir uns unsrer dabei bewust sind.
Es ist demnach die Folge der Freude, desto heilsamer, je mehr dieselbe gemäßigt, und je reiner dieselbe zugleich ist. Sie ist es nämlich, welche alle Bewegungen des Le- bens ermuntert, die Ausdünstung vermehrt (g), und in Krankheiten die Genesung befördert (h), indem sie dem Herzen gleichsam neue Kräfte ertheilt. Von der Freude hängt vornämlich ein langes Leben ab, und dahin rechne ich vorzüglich das hohe Alter der Mitglieder von der Pari- serakademie (i): sonderlich des alten Greises Fontenelle, welcher sich aller heftigen Begierden entschlug, und den weder der Zorn überwältigen, noch die Begierde aus der Gemüthsruhe sezzen konnte.
Der Affekt der Freude ist schon heftiger. Jndessen verursacht sie doch ein mäßiges Herzklopfen (k), eine Rö- the im Gesichte, eine Hizze (l), eine stärkere Ausdün- stung (m), Thränen mit einer wunderlichen Empfindung von einem höchst zarten beigemischten und erwünschten Schmerze, ein hizziges Fieber (n), wofern sie gros und plözlich ist, Ohnmachten, und endlich plözliche Todes- fälle (o); dergleichen eräugnet sich, bei wieder erlangter Freiheit (p), bei einer wieder erlangten Geliebten (q), wenn man Söhne oder Töchter, die man vor todt gehal-
ten,
(g)[Spaltenumbruch]SANCTOR de perspir. Sect. VII. n. 11. 24. 25. sonderlich 6. 19.
(h)Laurentii a MEDICIS. PEI- RES vit. p. 261. Die aphonia ge- hoben. SCHELHAMMER adfect. anim. p. 219. die Schwermuth ge- heilt. TRALLIAN. L. I. Die Starrsucht SCHELLING aeger ca- talept.
(i)CREBILLONII, DUVER- NEYI, WINSLOWI &c.
(k)KEMPER de valv. p. 25.
(l)WOODWARD cases p. 96.
(m)[Spaltenumbruch]ROBINSON on food and discharg. p 77. conf. L. XII. p. 71.
(n)RHOD obs. 5. L. I.
(o)Conf. STIEF de somno p. 30 PECHLIN L. III. c. 3. LO- TICH L. III. c. 4 obs I. BOER- HAAVE de morb. nerv. pag. 553. SANCTOR sect VII. n. 1. GA- LEN. valet. tuend. p. 440.
(p)FOUQUETI. nach erhalt- ner Freiheit BEHRENS diaetet: pag. 436.
(q)THORESBY natur. hist. of. Leeds p. 625.
H. Phisiol. 5. B. B b b b
II. Abſchnitt. Der Wille.
Lebhaftigkeit vorgehen, ohne daß wir es wollen, oder, ohne daß wir uns unſrer dabei bewuſt ſind.
Es iſt demnach die Folge der Freude, deſto heilſamer, je mehr dieſelbe gemaͤßigt, und je reiner dieſelbe zugleich iſt. Sie iſt es naͤmlich, welche alle Bewegungen des Le- bens ermuntert, die Ausduͤnſtung vermehrt (g), und in Krankheiten die Geneſung befoͤrdert (h), indem ſie dem Herzen gleichſam neue Kraͤfte ertheilt. Von der Freude haͤngt vornaͤmlich ein langes Leben ab, und dahin rechne ich vorzuͤglich das hohe Alter der Mitglieder von der Pari- ſerakademie (i): ſonderlich des alten Greiſes Fontenelle, welcher ſich aller heftigen Begierden entſchlug, und den weder der Zorn uͤberwaͤltigen, noch die Begierde aus der Gemuͤthsruhe ſezzen konnte.
Der Affekt der Freude iſt ſchon heftiger. Jndeſſen verurſacht ſie doch ein maͤßiges Herzklopfen (k), eine Roͤ- the im Geſichte, eine Hizze (l), eine ſtaͤrkere Ausduͤn- ſtung (m), Thraͤnen mit einer wunderlichen Empfindung von einem hoͤchſt zarten beigemiſchten und erwuͤnſchten Schmerze, ein hizziges Fieber (n), wofern ſie gros und ploͤzlich iſt, Ohnmachten, und endlich ploͤzliche Todes- faͤlle (o); dergleichen eraͤugnet ſich, bei wieder erlangter Freiheit (p), bei einer wieder erlangten Geliebten (q), wenn man Soͤhne oder Toͤchter, die man vor todt gehal-
ten,
(g)[Spaltenumbruch]SANCTOR de perſpir. Sect. VII. n. 11. 24. 25. ſonderlich 6. 19.
(h)Laurentii a MEDICIS. PEI- RES vit. p. 261. Die aphonia ge- hoben. SCHELHAMMER adfect. anim. p. 219. die Schwermuth ge- heilt. TRALLIAN. L. I. Die Starrſucht SCHELLING æger ca- talept.
(i)CREBILLONII, DUVER- NEYI, WINSLOWI &c.
(k)KEMPER de valv. p. 25.
(l)WOODWARD caſes p. 96.
(m)[Spaltenumbruch]ROBINSON on food and diſcharg. p 77. conf. L. XII. p. 71.
(n)RHOD obſ. 5. L. I.
(o)Conf. STIEF de ſomno p. 30 PECHLIN L. III. c. 3. LO- TICH L. III. c. 4 obſ I. BOER- HAAVE de morb. nerv. pag. 553. SANCTOR ſect VII. n. 1. GA- LEN. valet. tuend. p. 440.
(p)FOUQUETI. nach erhalt- ner Freiheit BEHRENS diætet: pag. 436.
(q)THORESBY natur. hiſt. of. Leeds p. 625.
H. Phiſiol. 5. B. B b b b
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II. Abſchnitt. Der Wille.
Lebhaftigkeit vorgehen, ohne daß wir es wollen, oder,
ohne daß wir uns unſrer dabei bewuſt ſind.
Es iſt demnach die Folge der Freude, deſto heilſamer,
je mehr dieſelbe gemaͤßigt, und je reiner dieſelbe zugleich
iſt. Sie iſt es naͤmlich, welche alle Bewegungen des Le-
bens ermuntert, die Ausduͤnſtung vermehrt (g), und in
Krankheiten die Geneſung befoͤrdert (h), indem ſie dem
Herzen gleichſam neue Kraͤfte ertheilt. Von der Freude
haͤngt vornaͤmlich ein langes Leben ab, und dahin rechne
ich vorzuͤglich das hohe Alter der Mitglieder von der Pari-
ſerakademie (i): ſonderlich des alten Greiſes Fontenelle,
welcher ſich aller heftigen Begierden entſchlug, und den
weder der Zorn uͤberwaͤltigen, noch die Begierde aus der
Gemuͤthsruhe ſezzen konnte.
Der Affekt der Freude iſt ſchon heftiger. Jndeſſen
verurſacht ſie doch ein maͤßiges Herzklopfen (k), eine Roͤ-
the im Geſichte, eine Hizze (l), eine ſtaͤrkere Ausduͤn-
ſtung (m), Thraͤnen mit einer wunderlichen Empfindung
von einem hoͤchſt zarten beigemiſchten und erwuͤnſchten
Schmerze, ein hizziges Fieber (n), wofern ſie gros und
ploͤzlich iſt, Ohnmachten, und endlich ploͤzliche Todes-
faͤlle (o); dergleichen eraͤugnet ſich, bei wieder erlangter
Freiheit (p), bei einer wieder erlangten Geliebten (q),
wenn man Soͤhne oder Toͤchter, die man vor todt gehal-
ten,
(g)
SANCTOR de perſpir. Sect.
VII. n. 11. 24. 25. ſonderlich 6. 19.
(h) Laurentii a MEDICIS. PEI-
RES vit. p. 261. Die aphonia ge-
hoben. SCHELHAMMER adfect.
anim. p. 219. die Schwermuth ge-
heilt. TRALLIAN. L. I. Die
Starrſucht SCHELLING æger ca-
talept.
(i) CREBILLONII, DUVER-
NEYI, WINSLOWI &c.
(k) KEMPER de valv. p. 25.
(l) WOODWARD caſes p. 96.
(m)
ROBINSON on food and
diſcharg. p 77. conf. L. XII. p. 71.
(n) RHOD obſ. 5. L. I.
(o) Conf. STIEF de ſomno p.
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ner Freiheit BEHRENS diætet:
pag. 436.
(q) THORESBY natur. hiſt. of.
Leeds p. 625.
H. Phiſiol. 5. B. B b b b
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1139>, abgerufen am 23.11.2024.
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