so gar den Tod selbst (c). Zu dem Bemühen könnte man des Philipp Neri Pulsadersakk an der Aorte, wo- bei einige Ribben zerbrochen waren, rechnen, da dieser Mann sonderlich von Betrachtungen geistlicher Dinge, ein Herzklopfen bekam (d). Es macht an einem schwachen Gehirne übermäßige Bewegungen, und zieht so gar das schwere Gebrechen nach sich (d*).
Die Schaam scheint auch an einigen Thieren vor- zukommen. Sie macht am Menschen in dem Gesichte eine besondre Röthe, und nicht nur an den Wangen, sondern auch wie ich an einem Mädchen gesehen, an dem ganzen Angesichte, der Brust, und vielleicht auch am ganzen Leibe, denn man lieset, daß die monatliche Reini- gung von der Schaam stehen geblieben (e). Man sollte glauben, daß dieses von dem verhmderten Rükklaufe des Blutaderblutes herrühre (f), weil man lieset, daß die Blutadern davon zerrissen sind (g).
Man könnte das Mitleiden für eine Tr[au]rigkeit halten, allein es ist davon unterschieden. Es bewegt die Seele viel stärker, und gleichsam tiefer, bewegt die Ein- geweide, und erwekkt Thränen, so gar auch bei denen, die durch ihre eigene Unglükksfälle niemals dazu gebracht werden können, daß sie weinen sollten.
Es gesellet sich zu der Traurigkeit die Liebe. Dieser Affekt ist beinahe dem Menschen eigen. Jndessen sehe ich doch einige Thiere, wenn eins von ihres gleichen leidet, zusammen laufen, und mit kläglicher Stimme gleichsam ihr Beileid bezeugen, ob sie gleich keine Hülfe leisten.
Der
(c)[Spaltenumbruch]PECHLIN L. III. obs. 3 die Spiellust LOUIS signes de la mort. pag. 129.
(d)ANGELUS VICTORINUS im eignen Buche p. 30
(d*)HOFMANN Med. Cons. G. IV. D. II. c. 6 Krämpfe, PECH- LIN Cent. III. obs. 6.
(e)[Spaltenumbruch]SCHELHAMMER p. 180. [verlorenes Material - 1 Zeichen fehlt] BALLONIO.
(f)VIEUSSENS p. 182.
(g) An den Schafen CORNAX Enchirid. p. 26 SCENK p. 141. Sal. ALBERTI de sudore cruento.
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II. Abſchnitt. Der Wille.
ſo gar den Tod ſelbſt (c). Zu dem Bemuͤhen koͤnnte man des Philipp Neri Pulsaderſakk an der Aorte, wo- bei einige Ribben zerbrochen waren, rechnen, da dieſer Mann ſonderlich von Betrachtungen geiſtlicher Dinge, ein Herzklopfen bekam (d). Es macht an einem ſchwachen Gehirne uͤbermaͤßige Bewegungen, und zieht ſo gar das ſchwere Gebrechen nach ſich (d*).
Die Schaam ſcheint auch an einigen Thieren vor- zukommen. Sie macht am Menſchen in dem Geſichte eine beſondre Roͤthe, und nicht nur an den Wangen, ſondern auch wie ich an einem Maͤdchen geſehen, an dem ganzen Angeſichte, der Bruſt, und vielleicht auch am ganzen Leibe, denn man lieſet, daß die monatliche Reini- gung von der Schaam ſtehen geblieben (e). Man ſollte glauben, daß dieſes von dem verhmderten Ruͤkklaufe des Blutaderblutes herruͤhre (f), weil man lieſet, daß die Blutadern davon zerriſſen ſind (g).
Man koͤnnte das Mitleiden fuͤr eine Tr[au]rigkeit halten, allein es iſt davon unterſchieden. Es bewegt die Seele viel ſtaͤrker, und gleichſam tiefer, bewegt die Ein- geweide, und erwekkt Thraͤnen, ſo gar auch bei denen, die durch ihre eigene Ungluͤkksfaͤlle niemals dazu gebracht werden koͤnnen, daß ſie weinen ſollten.
Es geſellet ſich zu der Traurigkeit die Liebe. Dieſer Affekt iſt beinahe dem Menſchen eigen. Jndeſſen ſehe ich doch einige Thiere, wenn eins von ihres gleichen leidet, zuſammen laufen, und mit klaͤglicher Stimme gleichſam ihr Beileid bezeugen, ob ſie gleich keine Huͤlfe leiſten.
Der
(c)[Spaltenumbruch]PECHLIN L. III. obſ. 3 die Spielluſt LOUIS ſignes de la mort. pag. 129.
(d)ANGELUS VICTORINUS im eignen Buche p. 30
(d*)HOFMANN Med. Conſ. G. IV. D. II. c. 6 Kraͤmpfe, PECH- LIN Cent. III. obſ. 6.
(e)[Spaltenumbruch]SCHELHAMMER p. 180. [verlorenes Material – 1 Zeichen fehlt] BALLONIO.
(f)VIEUSSENS p. 182.
(g) An den Schafen CORNAX Enchirid. p. 26 SCENK p. 141. Sal. ALBERTI de ſudore cruento.
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II. Abſchnitt. Der Wille.
ſo gar den Tod ſelbſt (c). Zu dem Bemuͤhen koͤnnte
man des Philipp Neri Pulsaderſakk an der Aorte, wo-
bei einige Ribben zerbrochen waren, rechnen, da dieſer
Mann ſonderlich von Betrachtungen geiſtlicher Dinge,
ein Herzklopfen bekam (d). Es macht an einem ſchwachen
Gehirne uͤbermaͤßige Bewegungen, und zieht ſo gar das
ſchwere Gebrechen nach ſich (d*).
Die Schaam ſcheint auch an einigen Thieren vor-
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eine beſondre Roͤthe, und nicht nur an den Wangen,
ſondern auch wie ich an einem Maͤdchen geſehen, an dem
ganzen Angeſichte, der Bruſt, und vielleicht auch am
ganzen Leibe, denn man lieſet, daß die monatliche Reini-
gung von der Schaam ſtehen geblieben (e). Man ſollte
glauben, daß dieſes von dem verhmderten Ruͤkklaufe des
Blutaderblutes herruͤhre (f), weil man lieſet, daß die
Blutadern davon zerriſſen ſind (g).
Man koͤnnte das Mitleiden fuͤr eine Traurigkeit
halten, allein es iſt davon unterſchieden. Es bewegt die
Seele viel ſtaͤrker, und gleichſam tiefer, bewegt die Ein-
geweide, und erwekkt Thraͤnen, ſo gar auch bei denen,
die durch ihre eigene Ungluͤkksfaͤlle niemals dazu gebracht
werden koͤnnen, daß ſie weinen ſollten.
Es geſellet ſich zu der Traurigkeit die Liebe. Dieſer
Affekt iſt beinahe dem Menſchen eigen. Jndeſſen ſehe ich
doch einige Thiere, wenn eins von ihres gleichen leidet,
zuſammen laufen, und mit klaͤglicher Stimme gleichſam
ihr Beileid bezeugen, ob ſie gleich keine Huͤlfe leiſten.
Der
(c)
PECHLIN L. III. obſ. 3 die
Spielluſt LOUIS ſignes de la mort.
pag. 129.
(d) ANGELUS VICTORINUS
im eignen Buche p. 30
(d*) HOFMANN Med. Conſ.
G. IV. D. II. c. 6 Kraͤmpfe, PECH-
LIN Cent. III. obſ. 6.
(e)
SCHELHAMMER p. 180. _
BALLONIO.
(f) VIEUSSENS p. 182.
(g) An den Schafen CORNAX
Enchirid. p. 26 SCENK p. 141.
Sal. ALBERTI de ſudore cruento.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1141>, abgerufen am 23.11.2024.
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