Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Schlaf. XVII. Buch.
Hunger nicht verspührt, so lange man schläft, und zwar
ganze Winter durch. Ein Mensch kann eben so leicht (d)
funfzehn Stunden vom Abendessen bis zur Mittagsmahl-
zeit aushalten, und sieben Stunden vom Mittags bis
zum Abendessen. Auch der Koth des Gedärmes wird oh-
ne Empfindung weiter getrieben, er häuft sich an, und
er würde in gesunden Menschen, in der ersten Stunde
nach dem Erwachen unerträglich werden, wenn man gleich
das Bette frühe des Morgens verlassen wollte. Daher
wirken Purgirpillen erst den andern Tag (e). Ein Mensch,
welcher siebzig Tage lang schlief, harnete innerhalb zwei
und vierzig Tage nur einmal, und hatte keinen Stuhl-
gang (f).

Man ist noch wegen des Herzschlages ungewis, weil
berühmte Männer in ihren Meinungen darübex nicht eins
sind. Hippokrates schrieb schon (g), daß das Jnwen-
dige im Schlaf wärmer sei. Nach ihm sagte Sancto-
rius
(h), daß im Schlafe die thierische Kräfte, und im
Wachen die Kräfte des Lebens, mit den thierischen Kräf-
ten matt werden. Die Neuern fügen noch hinzu, der
Puls sei im Schlafenden häufiger, und es wachse derselbe
von 70 und 80 bis 80 und 96 (i), und von 70. 86 bis
80. und 96 in einerlei Zeit an (k); es sei auch der Puls
grösser, und das Athemholen ossenbar stärker (l), daß
man an diesem Zeichen einen schlafenden Menschen erken-
nen könnte. Es gehe auch die Verdauung der Speisen
(m) im Schlafe besser von statten; die Ausdünstung sei

noch
(d) [Spaltenumbruch] GORTER Exerc. II. p. 23.
Tr. des maladies de l' estomac.
p.
196.
(e) Ess. of a societ. phys. aut
liter. at. Edimb. T. I. p.
440.
(f) Phil. transact. n. 304.
(g) E idem VI. n. 4. 5. & MAR-
TINE anim. simil. p.
257.
(h) Sect. IV. n. 47. 48. & AVI-
CENNA l. c. MAJOW oper. pag.

335.
(i) [Spaltenumbruch] MORGAGN principl. p.
193. 399.
(k) BROWNE LANGRISH med.
pract. p.
273.
(l) SENAC du coeur II. p. 219.
STRUTHIUS l. c. TRALLES p.

250. Von tiefem Schlafe.
(m) HARTLEY. pag. 55. seqq.
C. HOFMANN instit. L. V. c.
28.

Der Schlaf. XVII. Buch.
Hunger nicht verſpuͤhrt, ſo lange man ſchlaͤft, und zwar
ganze Winter durch. Ein Menſch kann eben ſo leicht (d)
funfzehn Stunden vom Abendeſſen bis zur Mittagsmahl-
zeit aushalten, und ſieben Stunden vom Mittags bis
zum Abendeſſen. Auch der Koth des Gedaͤrmes wird oh-
ne Empfindung weiter getrieben, er haͤuft ſich an, und
er wuͤrde in geſunden Menſchen, in der erſten Stunde
nach dem Erwachen unertraͤglich werden, wenn man gleich
das Bette fruͤhe des Morgens verlaſſen wollte. Daher
wirken Purgirpillen erſt den andern Tag (e). Ein Menſch,
welcher ſiebzig Tage lang ſchlief, harnete innerhalb zwei
und vierzig Tage nur einmal, und hatte keinen Stuhl-
gang (f).

Man iſt noch wegen des Herzſchlages ungewis, weil
beruͤhmte Maͤnner in ihren Meinungen daruͤbex nicht eins
ſind. Hippokrates ſchrieb ſchon (g), daß das Jnwen-
dige im Schlaf waͤrmer ſei. Nach ihm ſagte Sancto-
rius
(h), daß im Schlafe die thieriſche Kraͤfte, und im
Wachen die Kraͤfte des Lebens, mit den thieriſchen Kraͤf-
ten matt werden. Die Neuern fuͤgen noch hinzu, der
Puls ſei im Schlafenden haͤufiger, und es wachſe derſelbe
von 70 und 80 bis 80 und 96 (i), und von 70. 86 bis
80. und 96 in einerlei Zeit an (k); es ſei auch der Puls
groͤſſer, und das Athemholen oſſenbar ſtaͤrker (l), daß
man an dieſem Zeichen einen ſchlafenden Menſchen erken-
nen koͤnnte. Es gehe auch die Verdauung der Speiſen
(m) im Schlafe beſſer von ſtatten; die Ausduͤnſtung ſei

noch
(d) [Spaltenumbruch] GORTER Exerc. II. p. 23.
Tr. des maladies de l’ eſtomac.
p.
196.
(e) Eſſ. of a ſociet. phyſ. aut
liter. at. Edimb. T. I. p.
440.
(f) Phil. tranſact. n. 304.
(g) E idem VI. n. 4. 5. & MAR-
TINE anim. ſimil. p.
257.
(h) Sect. IV. n. 47. 48. & AVI-
CENNA l. c. MAJOW oper. pag.

335.
(i) [Spaltenumbruch] MORGAGN principl. p.
193. 399.
(k) BROWNE LANGRISH med.
pract. p.
273.
(l) SENAC du coeur II. p. 219.
STRUTHIUS l. c. TRALLES p.

250. Von tiefem Schlafe.
(m) HARTLEY. pag. 55. ſeqq.
C. HOFMANN inſtit. L. V. c.
28.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f1160" n="1142"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Schlaf. <hi rendition="#aq">XVII.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
Hunger nicht ver&#x017F;pu&#x0364;hrt, &#x017F;o lange man &#x017F;chla&#x0364;ft, und zwar<lb/>
ganze Winter durch. Ein Men&#x017F;ch kann eben &#x017F;o leicht <note place="foot" n="(d)"><cb/><hi rendition="#aq">GORTER Exerc. II. p. 23.<lb/>
Tr. des maladies de l&#x2019; e&#x017F;tomac.<lb/>
p.</hi> 196.</note><lb/>
funfzehn Stunden vom Abende&#x017F;&#x017F;en bis zur Mittagsmahl-<lb/>
zeit aushalten, und &#x017F;ieben Stunden vom Mittags bis<lb/>
zum Abende&#x017F;&#x017F;en. Auch der Koth des Geda&#x0364;rmes wird oh-<lb/>
ne Empfindung weiter getrieben, er ha&#x0364;uft &#x017F;ich an, und<lb/>
er wu&#x0364;rde in ge&#x017F;unden Men&#x017F;chen, in der er&#x017F;ten Stunde<lb/>
nach dem Erwachen unertra&#x0364;glich werden, wenn man gleich<lb/>
das Bette fru&#x0364;he des Morgens verla&#x017F;&#x017F;en wollte. Daher<lb/>
wirken Purgirpillen er&#x017F;t den andern Tag <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq">E&#x017F;&#x017F;. of a &#x017F;ociet. phy&#x017F;. aut<lb/>
liter. at. Edimb. T. I. p.</hi> 440.</note>. Ein Men&#x017F;ch,<lb/>
welcher &#x017F;iebzig Tage lang &#x017F;chlief, harnete innerhalb zwei<lb/>
und vierzig Tage nur einmal, und hatte keinen Stuhl-<lb/>
gang <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq">Phil. tran&#x017F;act. n.</hi> 304.</note>.</p><lb/>
            <p>Man i&#x017F;t noch wegen des Herz&#x017F;chlages ungewis, weil<lb/>
beru&#x0364;hmte Ma&#x0364;nner in ihren Meinungen daru&#x0364;bex nicht eins<lb/>
&#x017F;ind. <hi rendition="#fr">Hippokrates</hi> &#x017F;chrieb &#x017F;chon <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq">E idem VI. n. 4. 5. &amp; MAR-<lb/>
TINE anim. &#x017F;imil. p.</hi> 257.</note>, daß das Jnwen-<lb/>
dige im Schlaf wa&#x0364;rmer &#x017F;ei. Nach ihm &#x017F;agte <hi rendition="#fr">Sancto-<lb/>
rius</hi> <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq">Sect. IV. n. 47. 48. &amp; AVI-<lb/>
CENNA l. c. MAJOW oper. pag.</hi><lb/>
335.</note>, daß im Schlafe die thieri&#x017F;che Kra&#x0364;fte, und im<lb/>
Wachen die Kra&#x0364;fte des Lebens, mit den thieri&#x017F;chen Kra&#x0364;f-<lb/>
ten matt werden. Die Neuern fu&#x0364;gen noch hinzu, der<lb/>
Puls &#x017F;ei im Schlafenden ha&#x0364;ufiger, und es wach&#x017F;e der&#x017F;elbe<lb/>
von 70 und 80 bis 80 und 96 <note place="foot" n="(i)"><cb/><hi rendition="#aq">MORGAGN principl. p.</hi><lb/>
193. 399.</note>, und von 70. 86 bis<lb/>
80. und 96 in einerlei Zeit an <note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq">BROWNE LANGRISH med.<lb/>
pract. p.</hi> 273.</note>; es &#x017F;ei auch der Puls<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, und das Athemholen o&#x017F;&#x017F;enbar &#x017F;ta&#x0364;rker <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq">SENAC du coeur II. p. 219.<lb/>
STRUTHIUS l. c. TRALLES p.</hi><lb/>
250. Von tiefem Schlafe.</note>, daß<lb/>
man an die&#x017F;em Zeichen einen &#x017F;chlafenden Men&#x017F;chen erken-<lb/>
nen ko&#x0364;nnte. Es gehe auch die Verdauung der Spei&#x017F;en<lb/><note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq">HARTLEY. pag. 55. &#x017F;eqq.<lb/>
C. HOFMANN in&#x017F;tit. L. V. c.</hi> 28.</note> im Schlafe be&#x017F;&#x017F;er von &#x017F;tatten; die Ausdu&#x0364;n&#x017F;tung &#x017F;ei<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">noch</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1142/1160] Der Schlaf. XVII. Buch. Hunger nicht verſpuͤhrt, ſo lange man ſchlaͤft, und zwar ganze Winter durch. Ein Menſch kann eben ſo leicht (d) funfzehn Stunden vom Abendeſſen bis zur Mittagsmahl- zeit aushalten, und ſieben Stunden vom Mittags bis zum Abendeſſen. Auch der Koth des Gedaͤrmes wird oh- ne Empfindung weiter getrieben, er haͤuft ſich an, und er wuͤrde in geſunden Menſchen, in der erſten Stunde nach dem Erwachen unertraͤglich werden, wenn man gleich das Bette fruͤhe des Morgens verlaſſen wollte. Daher wirken Purgirpillen erſt den andern Tag (e). Ein Menſch, welcher ſiebzig Tage lang ſchlief, harnete innerhalb zwei und vierzig Tage nur einmal, und hatte keinen Stuhl- gang (f). Man iſt noch wegen des Herzſchlages ungewis, weil beruͤhmte Maͤnner in ihren Meinungen daruͤbex nicht eins ſind. Hippokrates ſchrieb ſchon (g), daß das Jnwen- dige im Schlaf waͤrmer ſei. Nach ihm ſagte Sancto- rius (h), daß im Schlafe die thieriſche Kraͤfte, und im Wachen die Kraͤfte des Lebens, mit den thieriſchen Kraͤf- ten matt werden. Die Neuern fuͤgen noch hinzu, der Puls ſei im Schlafenden haͤufiger, und es wachſe derſelbe von 70 und 80 bis 80 und 96 (i), und von 70. 86 bis 80. und 96 in einerlei Zeit an (k); es ſei auch der Puls groͤſſer, und das Athemholen oſſenbar ſtaͤrker (l), daß man an dieſem Zeichen einen ſchlafenden Menſchen erken- nen koͤnnte. Es gehe auch die Verdauung der Speiſen (m) im Schlafe beſſer von ſtatten; die Ausduͤnſtung ſei noch (d) GORTER Exerc. II. p. 23. Tr. des maladies de l’ eſtomac. p. 196. (e) Eſſ. of a ſociet. phyſ. aut liter. at. Edimb. T. I. p. 440. (f) Phil. tranſact. n. 304. (g) E idem VI. n. 4. 5. & MAR- TINE anim. ſimil. p. 257. (h) Sect. IV. n. 47. 48. & AVI- CENNA l. c. MAJOW oper. pag. 335. (i) MORGAGN principl. p. 193. 399. (k) BROWNE LANGRISH med. pract. p. 273. (l) SENAC du coeur II. p. 219. STRUTHIUS l. c. TRALLES p. 250. Von tiefem Schlafe. (m) HARTLEY. pag. 55. ſeqq. C. HOFMANN inſtit. L. V. c. 28.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1160
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1160>, abgerufen am 23.11.2024.