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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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III. Abschnitt. Der Schlaf.
§. 5.
Ursachen, welche zum Schlafe behülflich, oder
nicht immer dabei zugegen sind.

Alles, was die Bewegung des Blutes und der Gei-
ster mäßigt, befördert auch den Schlaf. So thut dieses,
was das Empfindungssistem betrift, der Mangel aller
Reizze, des starken Geräusches, des Lichtes, der Sorge
und Bekümmernisse, der sanfte Lerm der rauschenden Was-
ser, die sanfte Empfindung einer kühlen Luft im Sommer,
und der Wärme im Winter, oder das Lesen solcher Dinge,
welche in der Seele keine Bewegungen verursachen.

Jn dem Bewegungssisteme befördert den Schlaf die
Ruhe, das Liegen, wobei nur wenig Muskeln zu arbeiten
haben, das Fuswaschen, weil dieses das Blut auf die
Füsse und deren leicht zu erweiternde Blutadern, und
vom Kopfe herabzieht. Hierzu sind ebenfalls die Emul-
sionen der öligen geschmakklosen Saamen behülflich, weil
sie alle Bewegung im Blute mäßigen: die frische Mohn-
milch, die noch nicht bitter geworden; und alle schwächen-
de Dinge, als starkes Purgiren (c), ein vorangegangnes
Fieber, welches die Kräfte erschöpft hat, und der Ver-
lust des Blutes von Wunden, und dem Aderlassen (d).

Alle diese Ursachen, sonderlich aber die Erschöpfung
der Kräfte von hizzigen Fiebern, und ein starker Blut-
verlust, erregen einen sehr sanften und erwünschten Schlaf
ohne Träume.

§. 6.
Von Ursachen, die das Blut nach dem Gehirn
treiben.

Jn der Theorie des Schlafes macht dieses eine grosse
Schwierigkeit, daß derselbe von so widrigen Ursachen be-

fördert
(c) [Spaltenumbruch] Am Tollen ein Schlaf vom
Purgiren SENAC ess. de physique
p.
685. dieses habe ich giükklich
an einem vornehmen Jünglinge
ehedem versucht.
(d) [Spaltenumbruch] Von 2 Pfund gelassnes Blut,
starb jemand im Schlafe, BENI
VEN abd morb caus.
So star-
ben die Römer, die sich die Adern
zu dem Ende össnen liessen.
III. Abſchnitt. Der Schlaf.
§. 5.
Urſachen, welche zum Schlafe behuͤlflich, oder
nicht immer dabei zugegen ſind.

Alles, was die Bewegung des Blutes und der Gei-
ſter maͤßigt, befoͤrdert auch den Schlaf. So thut dieſes,
was das Empfindungsſiſtem betrift, der Mangel aller
Reizze, des ſtarken Geraͤuſches, des Lichtes, der Sorge
und Bekuͤmmerniſſe, der ſanfte Lerm der rauſchenden Waſ-
ſer, die ſanfte Empfindung einer kuͤhlen Luft im Sommer,
und der Waͤrme im Winter, oder das Leſen ſolcher Dinge,
welche in der Seele keine Bewegungen verurſachen.

Jn dem Bewegungsſiſteme befoͤrdert den Schlaf die
Ruhe, das Liegen, wobei nur wenig Muſkeln zu arbeiten
haben, das Fuswaſchen, weil dieſes das Blut auf die
Fuͤſſe und deren leicht zu erweiternde Blutadern, und
vom Kopfe herabzieht. Hierzu ſind ebenfalls die Emul-
ſionen der oͤligen geſchmakkloſen Saamen behuͤlflich, weil
ſie alle Bewegung im Blute maͤßigen: die friſche Mohn-
milch, die noch nicht bitter geworden; und alle ſchwaͤchen-
de Dinge, als ſtarkes Purgiren (c), ein vorangegangnes
Fieber, welches die Kraͤfte erſchoͤpft hat, und der Ver-
luſt des Blutes von Wunden, und dem Aderlaſſen (d).

Alle dieſe Urſachen, ſonderlich aber die Erſchoͤpfung
der Kraͤfte von hizzigen Fiebern, und ein ſtarker Blut-
verluſt, erregen einen ſehr ſanften und erwuͤnſchten Schlaf
ohne Traͤume.

§. 6.
Von Urſachen, die das Blut nach dem Gehirn
treiben.

Jn der Theorie des Schlafes macht dieſes eine groſſe
Schwierigkeit, daß derſelbe von ſo widrigen Urſachen be-

foͤrdert
(c) [Spaltenumbruch] Am Tollen ein Schlaf vom
Purgiren SENAC eſſ. de phyſique
p.
685. dieſes habe ich giuͤkklich
an einem vornehmen Juͤnglinge
ehedem verſucht.
(d) [Spaltenumbruch] Von 2 Pfund gelaſſnes Blut,
ſtarb jemand im Schlafe, BENI
VEN abd morb cauſ.
So ſtar-
ben die Roͤmer, die ſich die Adern
zu dem Ende oͤſſnen lieſſen.
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[1151/1169] III. Abſchnitt. Der Schlaf. §. 5. Urſachen, welche zum Schlafe behuͤlflich, oder nicht immer dabei zugegen ſind. Alles, was die Bewegung des Blutes und der Gei- ſter maͤßigt, befoͤrdert auch den Schlaf. So thut dieſes, was das Empfindungsſiſtem betrift, der Mangel aller Reizze, des ſtarken Geraͤuſches, des Lichtes, der Sorge und Bekuͤmmerniſſe, der ſanfte Lerm der rauſchenden Waſ- ſer, die ſanfte Empfindung einer kuͤhlen Luft im Sommer, und der Waͤrme im Winter, oder das Leſen ſolcher Dinge, welche in der Seele keine Bewegungen verurſachen. Jn dem Bewegungsſiſteme befoͤrdert den Schlaf die Ruhe, das Liegen, wobei nur wenig Muſkeln zu arbeiten haben, das Fuswaſchen, weil dieſes das Blut auf die Fuͤſſe und deren leicht zu erweiternde Blutadern, und vom Kopfe herabzieht. Hierzu ſind ebenfalls die Emul- ſionen der oͤligen geſchmakkloſen Saamen behuͤlflich, weil ſie alle Bewegung im Blute maͤßigen: die friſche Mohn- milch, die noch nicht bitter geworden; und alle ſchwaͤchen- de Dinge, als ſtarkes Purgiren (c), ein vorangegangnes Fieber, welches die Kraͤfte erſchoͤpft hat, und der Ver- luſt des Blutes von Wunden, und dem Aderlaſſen (d). Alle dieſe Urſachen, ſonderlich aber die Erſchoͤpfung der Kraͤfte von hizzigen Fiebern, und ein ſtarker Blut- verluſt, erregen einen ſehr ſanften und erwuͤnſchten Schlaf ohne Traͤume. §. 6. Von Urſachen, die das Blut nach dem Gehirn treiben. Jn der Theorie des Schlafes macht dieſes eine groſſe Schwierigkeit, daß derſelbe von ſo widrigen Urſachen be- foͤrdert (c) Am Tollen ein Schlaf vom Purgiren SENAC eſſ. de phyſique p. 685. dieſes habe ich giuͤkklich an einem vornehmen Juͤnglinge ehedem verſucht. (d) Von 2 Pfund gelaſſnes Blut, ſtarb jemand im Schlafe, BENI VEN abd morb cauſ. So ſtar- ben die Roͤmer, die ſich die Adern zu dem Ende oͤſſnen lieſſen.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1169>, abgerufen am 23.11.2024.