Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite
Zusäzze
Zum §. 8. Die adsociatio der Jdeen und die davon her-
rührende Gewohnheit findet auch bei den Thieren
Plazz. Man erzieht Kameele, die tanzen lernen
sollen, sogleich an sehr warmen Stellen, damit sie
die Füsse aufheben lernen, weil sie heis werden.
Unterdessen spielt sein Tanzmeister auf einem Saiten-
instrumente; die Empfindung von Hizze mit der
Jdee der Saiten verbunden, macht also, daß das
Kameel die Füsse aufhebt, sobald es die Töne hört.
Jn den Nerven scheint die Ursache der verschiednen
Sinnlichkeit zu liegen. Ueberall sind die Nerven
einerlei, und die Empfindungswerkzeuge verschieden.
Man sieht ganz deutlich am Auge und Ohre, daß
die Ursache der besondern Sinne derselben in dem
Bau dieser Werkzeuge stekkt.
- §. 16. Jch habe viele Berichte von Wahnwizz und
Unsinnigkeit gesammelt, da das Gehirn angegrif-
fen war. Man muß sich wundern, wie die Ame-
rikaner ihre Priester gleichsam weihen: sie nennen
es buskanawing. Sie zwingen sie einen Jnfusum
von giftigen Kräutern zu trinken, bis sie den völli-
gen Gebrauch des Verstandes verlieren. Allmäh-
lich geben sie ihnen andre Speisen zu essen, wovon
sie sich wieder erholen, und zu Verstande kommen.
Britisch empire I. pag. 420. Auf solche Art, doch
vermittelst des Wachens, verrükt man den Falken
den Kopf, daß sie keine Gefahr scheuen, und sich
rasend über den Raub herwerfen.

An tollen Personen ist das Gehirn oft harte Mor-
gagn.
sed caus. I. pag.
55. 58. 159. dieses befand
sich auch an einem von berühmten Pringle geöffne-
ten Menschen, davon er mir die Geschichte freund-
schaftlich mitgetheilt.

An tollen Leuten sind oft die Gefässe der dünnen
Gehirnhaut der Rinde des Markes voller Blut

Sau-
Zuſaͤzze
Zum §. 8. Die adſociatio der Jdeen und die davon her-
ruͤhrende Gewohnheit findet auch bei den Thieren
Plazz. Man erzieht Kameele, die tanzen lernen
ſollen, ſogleich an ſehr warmen Stellen, damit ſie
die Fuͤſſe aufheben lernen, weil ſie heis werden.
Unterdeſſen ſpielt ſein Tanzmeiſter auf einem Saiten-
inſtrumente; die Empfindung von Hizze mit der
Jdee der Saiten verbunden, macht alſo, daß das
Kameel die Fuͤſſe aufhebt, ſobald es die Toͤne hoͤrt.
Jn den Nerven ſcheint die Urſache der verſchiednen
Sinnlichkeit zu liegen. Ueberall ſind die Nerven
einerlei, und die Empfindungswerkzeuge verſchieden.
Man ſieht ganz deutlich am Auge und Ohre, daß
die Urſache der beſondern Sinne derſelben in dem
Bau dieſer Werkzeuge ſtekkt.
‒ §. 16. Jch habe viele Berichte von Wahnwizz und
Unſinnigkeit geſammelt, da das Gehirn angegrif-
fen war. Man muß ſich wundern, wie die Ame-
rikaner ihre Prieſter gleichſam weihen: ſie nennen
es buskanawing. Sie zwingen ſie einen Jnfuſum
von giftigen Kraͤutern zu trinken, bis ſie den voͤlli-
gen Gebrauch des Verſtandes verlieren. Allmaͤh-
lich geben ſie ihnen andre Speiſen zu eſſen, wovon
ſie ſich wieder erholen, und zu Verſtande kommen.
Britiſch empire I. pag. 420. Auf ſolche Art, doch
vermittelſt des Wachens, verruͤkt man den Falken
den Kopf, daß ſie keine Gefahr ſcheuen, und ſich
raſend uͤber den Raub herwerfen.

An tollen Perſonen iſt das Gehirn oft harte Mor-
gagn.
ſed cauſ. I. pag.
55. 58. 159. dieſes befand
ſich auch an einem von beruͤhmten Pringle geoͤffne-
ten Menſchen, davon er mir die Geſchichte freund-
ſchaftlich mitgetheilt.

An tollen Leuten ſind oft die Gefaͤſſe der duͤnnen
Gehirnhaut der Rinde des Markes voller Blut

Sau-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f1246" n="[1228]"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zu&#x017F;a&#x0364;zze</hi> </fw><lb/>
          <list>
            <item>Zum §. 8. Die <hi rendition="#aq">ad&#x017F;ociatio</hi> der Jdeen und die davon her-<lb/>
ru&#x0364;hrende Gewohnheit findet auch bei den Thieren<lb/>
Plazz. Man erzieht Kameele, die tanzen lernen<lb/>
&#x017F;ollen, &#x017F;ogleich an &#x017F;ehr warmen Stellen, damit &#x017F;ie<lb/>
die Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e aufheben lernen, weil &#x017F;ie heis werden.<lb/>
Unterde&#x017F;&#x017F;en &#x017F;pielt &#x017F;ein Tanzmei&#x017F;ter auf einem Saiten-<lb/>
in&#x017F;trumente; die Empfindung von Hizze mit der<lb/>
Jdee der Saiten verbunden, macht al&#x017F;o, daß das<lb/>
Kameel die Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e aufhebt, &#x017F;obald es die To&#x0364;ne ho&#x0364;rt.<lb/>
Jn den Nerven &#x017F;cheint die Ur&#x017F;ache der ver&#x017F;chiednen<lb/>
Sinnlichkeit zu liegen. Ueberall &#x017F;ind die Nerven<lb/>
einerlei, und die Empfindungswerkzeuge ver&#x017F;chieden.<lb/>
Man &#x017F;ieht ganz deutlich am Auge und Ohre, daß<lb/>
die Ur&#x017F;ache der be&#x017F;ondern Sinne der&#x017F;elben in dem<lb/>
Bau die&#x017F;er Werkzeuge &#x017F;tekkt.</item><lb/>
            <item>&#x2012; §. 16. Jch habe viele Berichte von Wahnwizz und<lb/>
Un&#x017F;innigkeit ge&#x017F;ammelt, da das Gehirn angegrif-<lb/>
fen war. Man muß &#x017F;ich wundern, wie die Ame-<lb/>
rikaner ihre Prie&#x017F;ter gleich&#x017F;am weihen: &#x017F;ie nennen<lb/>
es <hi rendition="#aq">buskanawing.</hi> Sie zwingen &#x017F;ie einen Jnfu&#x017F;um<lb/>
von giftigen Kra&#x0364;utern zu trinken, bis &#x017F;ie den vo&#x0364;lli-<lb/>
gen Gebrauch des Ver&#x017F;tandes verlieren. Allma&#x0364;h-<lb/>
lich geben &#x017F;ie ihnen andre Spei&#x017F;en zu e&#x017F;&#x017F;en, wovon<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich wieder erholen, und zu Ver&#x017F;tande kommen.<lb/><hi rendition="#aq">Briti&#x017F;ch empire I. pag.</hi> 420. Auf &#x017F;olche Art, doch<lb/>
vermittel&#x017F;t des Wachens, verru&#x0364;kt man den Falken<lb/>
den Kopf, daß &#x017F;ie keine Gefahr &#x017F;cheuen, und &#x017F;ich<lb/>
ra&#x017F;end u&#x0364;ber den Raub herwerfen.</item>
          </list><lb/>
          <p>An tollen Per&#x017F;onen i&#x017F;t das Gehirn oft harte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Mor-<lb/>
gagn.</hi> &#x017F;ed cau&#x017F;. I. pag.</hi> 55. 58. 159. die&#x017F;es befand<lb/>
&#x017F;ich auch an einem von beru&#x0364;hmten <hi rendition="#fr">Pringle</hi> geo&#x0364;ffne-<lb/>
ten Men&#x017F;chen, davon er mir die Ge&#x017F;chichte freund-<lb/>
&#x017F;chaftlich mitgetheilt.</p><lb/>
          <p>An tollen Leuten &#x017F;ind oft die Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der du&#x0364;nnen<lb/>
Gehirnhaut der Rinde des Markes voller Blut<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Sau-</hi></hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[1228]/1246] Zuſaͤzze Zum §. 8. Die adſociatio der Jdeen und die davon her- ruͤhrende Gewohnheit findet auch bei den Thieren Plazz. Man erzieht Kameele, die tanzen lernen ſollen, ſogleich an ſehr warmen Stellen, damit ſie die Fuͤſſe aufheben lernen, weil ſie heis werden. Unterdeſſen ſpielt ſein Tanzmeiſter auf einem Saiten- inſtrumente; die Empfindung von Hizze mit der Jdee der Saiten verbunden, macht alſo, daß das Kameel die Fuͤſſe aufhebt, ſobald es die Toͤne hoͤrt. Jn den Nerven ſcheint die Urſache der verſchiednen Sinnlichkeit zu liegen. Ueberall ſind die Nerven einerlei, und die Empfindungswerkzeuge verſchieden. Man ſieht ganz deutlich am Auge und Ohre, daß die Urſache der beſondern Sinne derſelben in dem Bau dieſer Werkzeuge ſtekkt. ‒ §. 16. Jch habe viele Berichte von Wahnwizz und Unſinnigkeit geſammelt, da das Gehirn angegrif- fen war. Man muß ſich wundern, wie die Ame- rikaner ihre Prieſter gleichſam weihen: ſie nennen es buskanawing. Sie zwingen ſie einen Jnfuſum von giftigen Kraͤutern zu trinken, bis ſie den voͤlli- gen Gebrauch des Verſtandes verlieren. Allmaͤh- lich geben ſie ihnen andre Speiſen zu eſſen, wovon ſie ſich wieder erholen, und zu Verſtande kommen. Britiſch empire I. pag. 420. Auf ſolche Art, doch vermittelſt des Wachens, verruͤkt man den Falken den Kopf, daß ſie keine Gefahr ſcheuen, und ſich raſend uͤber den Raub herwerfen. An tollen Perſonen iſt das Gehirn oft harte Mor- gagn. ſed cauſ. I. pag. 55. 58. 159. dieſes befand ſich auch an einem von beruͤhmten Pringle geoͤffne- ten Menſchen, davon er mir die Geſchichte freund- ſchaftlich mitgetheilt. An tollen Leuten ſind oft die Gefaͤſſe der duͤnnen Gehirnhaut der Rinde des Markes voller Blut Sau-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1246
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. [1228]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1246>, abgerufen am 24.11.2024.