Art des Schlages (paraplegia), ein Beispiel gegeben, wenn die eine Seite gelämt worden an dem verrenkten Gliede, welches die Muskeln freiwillig und mit grossem Nachdrukke, sobald die Hindernisse gehoben worden, wie- der in das Gelenke zurükkeziehen. Ferner, wenn ein Mus- kel, der vom elektrischen Funken getroffen worden, sich zusammenzieht, so wirkt selbiger schnell, er zieht das Glied in seine Gegend nach, und er wartet nicht erst auf den Wink des Willens, daß derselbe die Gegenmuskeln nach- lassen, oder erschlaffen lassen soll (f). Da endlich die allerstärksten Muskeln keine andre Muskeln zu Gegnern haben, durch deren Erschlaffung ihre Thätigkeit gehemmt werden könnte, wie man am Herzen und dem Gedärme Exempel hat, und da ferner die Seele keine Gewalt über das Blut, über die Luft, den Kot, die im Herzen und den Gedärmen enthalten sind, oder über die Elasticität der Ribben, die den Ribbenmuskeln Widerstand thut, besizzet, so ist offenbar, daß die allergröste und beständige Bewegungen von den Muskeln ohne alle Beihülfe der Nervenkraft hervorgebracht werden können.
Folglich kann man noch zur Zeit nicht mit Zuverläs- sigkeit annehmen, daß die Gegenmuskeln Kräfte ersparen helfen.
§. 43. Die zusammengesezzte Kräfte.
So viel müssen wir schon dem Wechselspiele der Ge- genmuskeln zueignen, daß die Seele Bewegungen von allerlei Art und Richtung nicht nur alsdenn hervorzubrin- gen vermag, wenn sie die Gewalt des einen von den Gegenmuskeln aufhebt, und auf das Beugen ein Aus- strekken folgen lässet, sondern daß auch in eben dieser Zeit die Gegenmuskeln zu einer dritten und mittleren Bewegung das ihrige übereinstimmig mit beitragen.
Es
(f)[Spaltenumbruch]Mem. de l'Acad. 1749. p. 35. v. GEUNS p. 19. CAL- [Spaltenumbruch]
DANI Lett. III. p. 21. Disp. sur la mecan. du mouvem. p. 91. 95. 96.
Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
Art des Schlages (paraplegia), ein Beiſpiel gegeben, wenn die eine Seite gelaͤmt worden an dem verrenkten Gliede, welches die Muſkeln freiwillig und mit groſſem Nachdrukke, ſobald die Hinderniſſe gehoben worden, wie- der in das Gelenke zuruͤkkeziehen. Ferner, wenn ein Muſ- kel, der vom elektriſchen Funken getroffen worden, ſich zuſammenzieht, ſo wirkt ſelbiger ſchnell, er zieht das Glied in ſeine Gegend nach, und er wartet nicht erſt auf den Wink des Willens, daß derſelbe die Gegenmuſkeln nach- laſſen, oder erſchlaffen laſſen ſoll (f). Da endlich die allerſtaͤrkſten Muſkeln keine andre Muſkeln zu Gegnern haben, durch deren Erſchlaffung ihre Thaͤtigkeit gehemmt werden koͤnnte, wie man am Herzen und dem Gedaͤrme Exempel hat, und da ferner die Seele keine Gewalt uͤber das Blut, uͤber die Luft, den Kot, die im Herzen und den Gedaͤrmen enthalten ſind, oder uͤber die Elaſticitaͤt der Ribben, die den Ribbenmuſkeln Widerſtand thut, beſizzet, ſo iſt offenbar, daß die allergroͤſte und beſtaͤndige Bewegungen von den Muſkeln ohne alle Beihuͤlfe der Nervenkraft hervorgebracht werden koͤnnen.
Folglich kann man noch zur Zeit nicht mit Zuverlaͤſ- ſigkeit annehmen, daß die Gegenmuſkeln Kraͤfte erſparen helfen.
§. 43. Die zuſammengeſezzte Kraͤfte.
So viel muͤſſen wir ſchon dem Wechſelſpiele der Ge- genmuſkeln zueignen, daß die Seele Bewegungen von allerlei Art und Richtung nicht nur alsdenn hervorzubrin- gen vermag, wenn ſie die Gewalt des einen von den Gegenmuſkeln aufhebt, und auf das Beugen ein Aus- ſtrekken folgen laͤſſet, ſondern daß auch in eben dieſer Zeit die Gegenmuſkeln zu einer dritten und mittleren Bewegung das ihrige uͤbereinſtimmig mit beitragen.
Es
(f)[Spaltenumbruch]Mem. de l’Acad. 1749. p. 35. v. GEUNS p. 19. CAL- [Spaltenumbruch]
DANI Lett. III. p. 21. Diſp. ſur la mecan. du mouvem. p. 91. 95. 96.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0130"n="112"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Thieriſche Bewegung. <hirendition="#aq">XI.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
Art des Schlages (<hirendition="#aq">paraplegia</hi>), ein Beiſpiel gegeben,<lb/>
wenn die eine Seite gelaͤmt worden an dem verrenkten<lb/>
Gliede, welches die Muſkeln freiwillig und mit groſſem<lb/>
Nachdrukke, ſobald die Hinderniſſe gehoben worden, wie-<lb/>
der in das Gelenke zuruͤkkeziehen. Ferner, wenn ein Muſ-<lb/>
kel, der vom elektriſchen Funken getroffen worden, ſich<lb/>
zuſammenzieht, ſo wirkt ſelbiger ſchnell, er zieht das Glied<lb/>
in ſeine Gegend nach, und er wartet nicht erſt auf den<lb/>
Wink des Willens, daß derſelbe die Gegenmuſkeln nach-<lb/>
laſſen, oder erſchlaffen laſſen ſoll <noteplace="foot"n="(f)"><cb/><hirendition="#aq">Mem. de l’Acad. 1749. p.<lb/>
35. v. <hirendition="#g">GEUNS</hi> p. 19. <hirendition="#g">CAL-<lb/><cb/>
DANI</hi> Lett. III. p. 21. Diſp. ſur la<lb/>
mecan. du mouvem. p.</hi> 91. 95. 96.</note>. Da endlich die<lb/>
allerſtaͤrkſten Muſkeln keine andre Muſkeln zu Gegnern<lb/>
haben, durch deren Erſchlaffung ihre Thaͤtigkeit gehemmt<lb/>
werden koͤnnte, wie man am Herzen und dem Gedaͤrme<lb/>
Exempel hat, und da ferner die Seele keine Gewalt uͤber<lb/>
das Blut, uͤber die Luft, den Kot, die im Herzen und<lb/>
den Gedaͤrmen enthalten ſind, oder uͤber die Elaſticitaͤt<lb/>
der Ribben, die den Ribbenmuſkeln Widerſtand thut,<lb/>
beſizzet, ſo iſt offenbar, daß die allergroͤſte und beſtaͤndige<lb/>
Bewegungen von den Muſkeln ohne alle Beihuͤlfe der<lb/>
Nervenkraft hervorgebracht werden koͤnnen.</p><lb/><p>Folglich kann man noch zur Zeit nicht mit Zuverlaͤſ-<lb/>ſigkeit annehmen, daß die Gegenmuſkeln Kraͤfte erſparen<lb/>
helfen.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">§. 43.<lb/>
Die zuſammengeſezzte Kraͤfte.</hi></head><lb/><p>So viel muͤſſen wir ſchon dem Wechſelſpiele der Ge-<lb/>
genmuſkeln zueignen, daß die Seele Bewegungen von<lb/>
allerlei Art und Richtung nicht nur alsdenn hervorzubrin-<lb/>
gen vermag, wenn ſie die Gewalt des einen von den<lb/>
Gegenmuſkeln aufhebt, und auf das Beugen ein Aus-<lb/>ſtrekken folgen laͤſſet, ſondern daß auch in eben dieſer<lb/>
Zeit die Gegenmuſkeln zu einer dritten und mittleren<lb/>
Bewegung das ihrige uͤbereinſtimmig mit beitragen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Es</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[112/0130]
Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
Art des Schlages (paraplegia), ein Beiſpiel gegeben,
wenn die eine Seite gelaͤmt worden an dem verrenkten
Gliede, welches die Muſkeln freiwillig und mit groſſem
Nachdrukke, ſobald die Hinderniſſe gehoben worden, wie-
der in das Gelenke zuruͤkkeziehen. Ferner, wenn ein Muſ-
kel, der vom elektriſchen Funken getroffen worden, ſich
zuſammenzieht, ſo wirkt ſelbiger ſchnell, er zieht das Glied
in ſeine Gegend nach, und er wartet nicht erſt auf den
Wink des Willens, daß derſelbe die Gegenmuſkeln nach-
laſſen, oder erſchlaffen laſſen ſoll (f). Da endlich die
allerſtaͤrkſten Muſkeln keine andre Muſkeln zu Gegnern
haben, durch deren Erſchlaffung ihre Thaͤtigkeit gehemmt
werden koͤnnte, wie man am Herzen und dem Gedaͤrme
Exempel hat, und da ferner die Seele keine Gewalt uͤber
das Blut, uͤber die Luft, den Kot, die im Herzen und
den Gedaͤrmen enthalten ſind, oder uͤber die Elaſticitaͤt
der Ribben, die den Ribbenmuſkeln Widerſtand thut,
beſizzet, ſo iſt offenbar, daß die allergroͤſte und beſtaͤndige
Bewegungen von den Muſkeln ohne alle Beihuͤlfe der
Nervenkraft hervorgebracht werden koͤnnen.
Folglich kann man noch zur Zeit nicht mit Zuverlaͤſ-
ſigkeit annehmen, daß die Gegenmuſkeln Kraͤfte erſparen
helfen.
§. 43.
Die zuſammengeſezzte Kraͤfte.
So viel muͤſſen wir ſchon dem Wechſelſpiele der Ge-
genmuſkeln zueignen, daß die Seele Bewegungen von
allerlei Art und Richtung nicht nur alsdenn hervorzubrin-
gen vermag, wenn ſie die Gewalt des einen von den
Gegenmuſkeln aufhebt, und auf das Beugen ein Aus-
ſtrekken folgen laͤſſet, ſondern daß auch in eben dieſer
Zeit die Gegenmuſkeln zu einer dritten und mittleren
Bewegung das ihrige uͤbereinſtimmig mit beitragen.
Es
(f)
Mem. de l’Acad. 1749. p.
35. v. GEUNS p. 19. CAL-
DANI Lett. III. p. 21. Diſp. ſur la
mecan. du mouvem. p. 91. 95. 96.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/130>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.