tet (d). Denn sie sind davon ihrem ganzen Wesen nach unterschieden, und jene besizzen eine Reizbarkeit, hingegen diese ganz und gar nicht.
Es lässet sich der bläsige Bau der Fasern durch kein richtiges Experiment bestätigen (e), und es würde ein einziges Bläsgen nur eine ganz kleine Erhebung hervor- bringen.
Man erspart oder gewinnt an Kräften bei den aufge- blasenen Blasen, einzig und allein aus dem Grunde, weil das Gewichte wenig erhoben wird, indessen daß sich diese Blasen sehr erweitern; oder, weil der Durchmesser der Faser, queer über genommen, sehr anwächst, indem der senkrechte Durchmesser abnimmt. Folglich geschiehet hier eben das, was man an einem Bache wahrnimmt, welcher sich in einen See ergiest, und der desto langsamer laufen wird, je breiter der See, gegen den Bach ist (f).
Man verliert nämlich an der Zeit, was man an dem Vortheile gewinnt, oder, es geschicht die Bewegung in den Blasen um desto langsamer (g), um desto kleiner die einblasende Kraft gegen das aufzuhebende Gewichte ist, und es hat überhaupt ein jeder Seitendrukk nur eine träge Wirkung, welche allmälich stärker wird. Doch es findet diese Minderung der Geschwindigkeit überhaupt bei menschlichen Dingen nicht statt, indem man bei densel- ben nicht auf den Vortheil an Kräften, sondern auf Er- sparung der Zeit, sehen mus, indem sich die Muskeln mit unglaublich schneller Geschwindigkeit bewegen.
Es verschwenden ferner die Blasenketten unermeslich viel Kräfte, und es ist der Aufwand viel zu gros. Denn da ein Bläsgen, von der Kraft des Einblasens, um so viel auf beiden Seiten aus einander gezerrt werden mus,
als
(d)[Spaltenumbruch]pag. 425.
(e)p. 427.
(f)L. VI. p. 176.
(g)SAUVAGES de la fievre p. 303. 304. BERTIER disp. [Spaltenumbruch]
p. 35. 37. WINSLOW Mem. de 1720. p. 90. MOLIERES Mem. de l'Acad. loc. cit. pag. 41. FRACASSINI febr. p. 59.
L 3
III. Abſchnitt. Urſachen.
tet (d). Denn ſie ſind davon ihrem ganzen Weſen nach unterſchieden, und jene beſizzen eine Reizbarkeit, hingegen dieſe ganz und gar nicht.
Es laͤſſet ſich der blaͤſige Bau der Faſern durch kein richtiges Experiment beſtaͤtigen (e), und es wuͤrde ein einziges Blaͤsgen nur eine ganz kleine Erhebung hervor- bringen.
Man erſpart oder gewinnt an Kraͤften bei den aufge- blaſenen Blaſen, einzig und allein aus dem Grunde, weil das Gewichte wenig erhoben wird, indeſſen daß ſich dieſe Blaſen ſehr erweitern; oder, weil der Durchmeſſer der Faſer, queer uͤber genommen, ſehr anwaͤchſt, indem der ſenkrechte Durchmeſſer abnimmt. Folglich geſchiehet hier eben das, was man an einem Bache wahrnimmt, welcher ſich in einen See ergieſt, und der deſto langſamer laufen wird, je breiter der See, gegen den Bach iſt (f).
Man verliert naͤmlich an der Zeit, was man an dem Vortheile gewinnt, oder, es geſchicht die Bewegung in den Blaſen um deſto langſamer (g), um deſto kleiner die einblaſende Kraft gegen das aufzuhebende Gewichte iſt, und es hat uͤberhaupt ein jeder Seitendrukk nur eine traͤge Wirkung, welche allmaͤlich ſtaͤrker wird. Doch es findet dieſe Minderung der Geſchwindigkeit uͤberhaupt bei menſchlichen Dingen nicht ſtatt, indem man bei denſel- ben nicht auf den Vortheil an Kraͤften, ſondern auf Er- ſparung der Zeit, ſehen mus, indem ſich die Muſkeln mit unglaublich ſchneller Geſchwindigkeit bewegen.
Es verſchwenden ferner die Blaſenketten unermeslich viel Kraͤfte, und es iſt der Aufwand viel zu gros. Denn da ein Blaͤsgen, von der Kraft des Einblaſens, um ſo viel auf beiden Seiten aus einander gezerrt werden mus,
als
(d)[Spaltenumbruch]pag. 425.
(e)p. 427.
(f)L. VI. p. 176.
(g)SAUVAGES de la fievre p. 303. 304. BERTIER diſp. [Spaltenumbruch]
p. 35. 37. WINSLOW Mem. de 1720. p. 90. MOLIERES Mem. de l’Acad. loc. cit. pag. 41. FRACASSINI febr. p. 59.
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III. Abſchnitt. Urſachen.
tet (d). Denn ſie ſind davon ihrem ganzen Weſen nach
unterſchieden, und jene beſizzen eine Reizbarkeit, hingegen
dieſe ganz und gar nicht.
Es laͤſſet ſich der blaͤſige Bau der Faſern durch kein
richtiges Experiment beſtaͤtigen (e), und es wuͤrde ein
einziges Blaͤsgen nur eine ganz kleine Erhebung hervor-
bringen.
Man erſpart oder gewinnt an Kraͤften bei den aufge-
blaſenen Blaſen, einzig und allein aus dem Grunde, weil
das Gewichte wenig erhoben wird, indeſſen daß ſich dieſe
Blaſen ſehr erweitern; oder, weil der Durchmeſſer der
Faſer, queer uͤber genommen, ſehr anwaͤchſt, indem der
ſenkrechte Durchmeſſer abnimmt. Folglich geſchiehet hier
eben das, was man an einem Bache wahrnimmt, welcher
ſich in einen See ergieſt, und der deſto langſamer laufen
wird, je breiter der See, gegen den Bach iſt (f).
Man verliert naͤmlich an der Zeit, was man an dem
Vortheile gewinnt, oder, es geſchicht die Bewegung in
den Blaſen um deſto langſamer (g), um deſto kleiner die
einblaſende Kraft gegen das aufzuhebende Gewichte iſt,
und es hat uͤberhaupt ein jeder Seitendrukk nur eine traͤge
Wirkung, welche allmaͤlich ſtaͤrker wird. Doch es findet
dieſe Minderung der Geſchwindigkeit uͤberhaupt bei
menſchlichen Dingen nicht ſtatt, indem man bei denſel-
ben nicht auf den Vortheil an Kraͤften, ſondern auf Er-
ſparung der Zeit, ſehen mus, indem ſich die Muſkeln mit
unglaublich ſchneller Geſchwindigkeit bewegen.
Es verſchwenden ferner die Blaſenketten unermeslich
viel Kraͤfte, und es iſt der Aufwand viel zu gros. Denn
da ein Blaͤsgen, von der Kraft des Einblaſens, um ſo
viel auf beiden Seiten aus einander gezerrt werden mus,
als
(d)
pag. 425.
(e) p. 427.
(f) L. VI. p. 176.
(g) SAUVAGES de la fievre
p. 303. 304. BERTIER diſp.
p. 35. 37. WINSLOW Mem.
de 1720. p. 90. MOLIERES
Mem. de l’Acad. loc. cit. pag. 41.
FRACASSINI febr. p. 59.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/183>, abgerufen am 21.11.2024.
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