Zusammenhängens zu sein, sondern sie läst sich auch durch eine leichte Erfarung deutlich machen, wenn man eine Faser, der Länge nach, aus einander zieht, wieder los läst, und beobachtet, wie sie in wenig Augenblikken ihre erste Kürze wieder bekömmt, und diese Bestrebung, wodurch sie sich zu verkürzen sucht, nie verliert, son- dern so lange anstrengt, bis sie ihre erste Kürze wieder gewonnen hat (b). Diese Bewandnis hat es mit dem Hanfe, dem Flachse, der Feder, den Haren, mit den Membranen, mit den Zellfasern, mit einem abgestorbnen Muskel, mit den Darmsaiten aus Thieren; ja hiervon ist nicht einmal der aus (c) Thieren oder Pflanzentheilen gemachte Leim selbst ausgenommen.
Sie ist in den kleinsten Theilgen stärker, als in den grossen, weil von den einzeln losgezerrten zarten Fäden (d) mehr Gewicht, als von ihnen zusammengenommen, getra- gen wird. Es kömmt auch diese Kraft nicht von dem Gewebe, oder einiger Verdrehung her, indem diese Ver- kürzungskraft an einer geraden und einfachen Faser grös- ser ist, und hingegen durch ein Zusammendrehen vermin- dert wird (e). Andre grosse Männer, die man selbst nachschlagen kann (f), erklären den Faserbau nach dem Sinne ihrer Hipotese.
Doch
(b)[Spaltenumbruch]BOERHAAVE de viri- bus medieament. p. 66.
(c)B. LANGRISCH musc. mot p. 48. 49. vergl. SCHREI- BER almagest. p. 89. A. Franc. PAWLOWSKY de fibra de- bili.
(d) Es besizzen die zärteste Sei- denfädengen eine Kraft, welche sich zur Schweinsborste verhält, wie 33915 zu 7970, das ist, eine viermal grössere. MVSSCHEN- BROECK de cohaes. corporum. [Spaltenumbruch]
Es wird die Elasticität einer thie- rischen Faser durch die Wärme ge- schwächt. MUSSCHENBR. in- stit. p. 440.
(e) Eben der, das. p. 509. seq. WALLERIUS act. reg. soc. Suec. 1739. Trim. I. n. 7. NOL- LET lecons de physique. Tom. III. p. 158.
(f)BELLIN de villo con- tract. Prop. 52. SANTORIN de fibra in edit. oper. BAGLI- VIANORUM p. 761. 762.
Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
Zuſammenhaͤngens zu ſein, ſondern ſie laͤſt ſich auch durch eine leichte Erfarung deutlich machen, wenn man eine Faſer, der Laͤnge nach, aus einander zieht, wieder los laͤſt, und beobachtet, wie ſie in wenig Augenblikken ihre erſte Kuͤrze wieder bekoͤmmt, und dieſe Beſtrebung, wodurch ſie ſich zu verkuͤrzen ſucht, nie verliert, ſon- dern ſo lange anſtrengt, bis ſie ihre erſte Kuͤrze wieder gewonnen hat (b). Dieſe Bewandnis hat es mit dem Hanfe, dem Flachſe, der Feder, den Haren, mit den Membranen, mit den Zellfaſern, mit einem abgeſtorbnen Muſkel, mit den Darmſaiten aus Thieren; ja hiervon iſt nicht einmal der aus (c) Thieren oder Pflanzentheilen gemachte Leim ſelbſt ausgenommen.
Sie iſt in den kleinſten Theilgen ſtaͤrker, als in den groſſen, weil von den einzeln losgezerrten zarten Faͤden (d) mehr Gewicht, als von ihnen zuſammengenommen, getra- gen wird. Es koͤmmt auch dieſe Kraft nicht von dem Gewebe, oder einiger Verdrehung her, indem dieſe Ver- kuͤrzungskraft an einer geraden und einfachen Faſer groͤſ- ſer iſt, und hingegen durch ein Zuſammendrehen vermin- dert wird (e). Andre groſſe Maͤnner, die man ſelbſt nachſchlagen kann (f), erklaͤren den Faſerbau nach dem Sinne ihrer Hipoteſe.
Doch
(b)[Spaltenumbruch]BOERHAAVE de viri- bus medieament. p. 66.
(c)B. LANGRISCH muſc. mot p. 48. 49. vergl. SCHREI- BER almageſt. p. 89. A. Franc. PAWLOWSKY de fibra de- bili.
(d) Es beſizzen die zaͤrteſte Sei- denfaͤdengen eine Kraft, welche ſich zur Schweinsborſte verhaͤlt, wie 33915 zu 7970, das iſt, eine viermal groͤſſere. MVSSCHEN- BROECK de cohaeſ. corporum. [Spaltenumbruch]
Es wird die Elaſticitaͤt einer thie- riſchen Faſer durch die Waͤrme ge- ſchwaͤcht. MUSSCHENBR. in- ſtit. p. 440.
(e) Eben der, daſ. p. 509. ſeq. WALLERIUS act. reg. ſoc. Suec. 1739. Trim. I. n. 7. NOL- LET leçons de phyſique. Tom. III. p. 158.
(f)BELLIN de villo con- tract. Prop. 52. SANTORIN de fibra in edit. oper. BAGLI- VIANORUM p. 761. 762.
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[2/0020]
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eine Faſer, der Laͤnge nach, aus einander zieht, wieder
los laͤſt, und beobachtet, wie ſie in wenig Augenblikken
ihre erſte Kuͤrze wieder bekoͤmmt, und dieſe Beſtrebung,
wodurch ſie ſich zu verkuͤrzen ſucht, nie verliert, ſon-
dern ſo lange anſtrengt, bis ſie ihre erſte Kuͤrze
wieder gewonnen hat (b). Dieſe Bewandnis hat es mit
dem Hanfe, dem Flachſe, der Feder, den Haren, mit den
Membranen, mit den Zellfaſern, mit einem abgeſtorbnen
Muſkel, mit den Darmſaiten aus Thieren; ja hiervon
iſt nicht einmal der aus (c) Thieren oder Pflanzentheilen
gemachte Leim ſelbſt ausgenommen.
Sie iſt in den kleinſten Theilgen ſtaͤrker, als in den
groſſen, weil von den einzeln losgezerrten zarten Faͤden (d)
mehr Gewicht, als von ihnen zuſammengenommen, getra-
gen wird. Es koͤmmt auch dieſe Kraft nicht von dem
Gewebe, oder einiger Verdrehung her, indem dieſe Ver-
kuͤrzungskraft an einer geraden und einfachen Faſer groͤſ-
ſer iſt, und hingegen durch ein Zuſammendrehen vermin-
dert wird (e). Andre groſſe Maͤnner, die man ſelbſt
nachſchlagen kann (f), erklaͤren den Faſerbau nach dem
Sinne ihrer Hipoteſe.
Doch
(b)
BOERHAAVE de viri-
bus medieament. p. 66.
(c) B. LANGRISCH muſc.
mot p. 48. 49. vergl. SCHREI-
BER almageſt. p. 89. A. Franc.
PAWLOWSKY de fibra de-
bili.
(d) Es beſizzen die zaͤrteſte Sei-
denfaͤdengen eine Kraft, welche
ſich zur Schweinsborſte verhaͤlt,
wie 33915 zu 7970, das iſt, eine
viermal groͤſſere. MVSSCHEN-
BROECK de cohaeſ. corporum.
Es wird die Elaſticitaͤt einer thie-
riſchen Faſer durch die Waͤrme ge-
ſchwaͤcht. MUSSCHENBR. in-
ſtit. p. 440.
(e) Eben der, daſ. p. 509. ſeq.
WALLERIUS act. reg. ſoc.
Suec. 1739. Trim. I. n. 7. NOL-
LET leçons de phyſique. Tom.
III. p. 158.
(f) BELLIN de villo con-
tract. Prop. 52. SANTORIN
de fibra in edit. oper. BAGLI-
VIANORUM p. 761. 762.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/20>, abgerufen am 21.11.2024.
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