Es gehöret auch hieher das Krümmen der Knochen, welche erst gerade waren, und nachher durch die grössere Gewalt der Muskeln, vermittelst des beständigen Zuges, auf deren Seite gezogen werden. Daher ist die Hüfte krumm, weil über und unterhalb ihrer Mitte die ziehende Kräfte stärker sind, und diese den sonst sehr starken Kno- chen zurükke ziehen, dahingegen der mittlere Theil ohne Veränderung stehen bleibt. Solchergestalt verwandelt sich die Schienenröhre an einigen Körpern fast in eine schnek- kenförmige Windung (b). Sie krümmt sich oft auf eine felerhafte Art von dem beständigen Sizzen, indem immer einerlei Muskeln wirken (b*), wie auch von dem Kram- pfe (b**). Es ist überdem die Bewegung der Muskeln so notwendig, daß an einer Frauensperson, an der ein Theil des Schenkels zusammengezogen war, und seine Bewegung verloren, der Arm aber den Gebrauch seiner Muskeln erhalten hatte, die Muskeln am Schenkel ver- worren wirkten, und die Knochen an der Hüfte dünne, kurz, durchsichtig und brüchig geworden waren, dahinge- gen der Theil, welcher gesunde Muskeln hatte, auch or- dentliche Knochen hervorbrachte (b+). Daher kömmt es, daß die Knochen des rechten Arms schwerer, als die am linken Arme wiegen (b++).
Jch
(b)[Spaltenumbruch]
Es sind an der Schienen- röhre eines erwachsenen Menschen drei verdrehte rauhe Striche Der Vordere läuft nach inwendig herab, der Jnnere ist von obenher, sehr un- gleich, und verliert sich fast zu un- terst. Der Aeussere wird allmälich zur hintern Linie. Auf solche Art sind an einerlei Knochen, inwendig drei Flächen. Diejenige, welche im Gehen gemeiniglich vorne zu liegen kommt: die äussere, woraus endlich die hintere wird. Die hintere, wel- che nun zur innern wird. Von der Gewonheit wird die Lebhaftigkeit der Muskeln grösser gemacht, wie [Spaltenumbruch]
an dem neunjärigen Mägdgen er- hellet, das in den Wäldern ohne Eltern erzogen worden, und unge- mein hurtig, und an den Aermen sehr stark war, und welches unter dem Namen LEBLANC bekannt geworden.
(b*)LORRY des alimens T. II. pag. 227.
(b**)SEIDEL obf. 4.
(b+)HEUERMANN phy- fiolog. T. IV. pag. 37.
(b++)AMAT. Cent. IV. cur. 100.
Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
Es gehoͤret auch hieher das Kruͤmmen der Knochen, welche erſt gerade waren, und nachher durch die groͤſſere Gewalt der Muſkeln, vermittelſt des beſtaͤndigen Zuges, auf deren Seite gezogen werden. Daher iſt die Huͤfte krumm, weil uͤber und unterhalb ihrer Mitte die ziehende Kraͤfte ſtaͤrker ſind, und dieſe den ſonſt ſehr ſtarken Kno- chen zuruͤkke ziehen, dahingegen der mittlere Theil ohne Veraͤnderung ſtehen bleibt. Solchergeſtalt verwandelt ſich die Schienenroͤhre an einigen Koͤrpern faſt in eine ſchnek- kenfoͤrmige Windung (b). Sie kruͤmmt ſich oft auf eine felerhafte Art von dem beſtaͤndigen Sizzen, indem immer einerlei Muſkeln wirken (b*), wie auch von dem Kram- pfe (b**). Es iſt uͤberdem die Bewegung der Muſkeln ſo notwendig, daß an einer Frauensperſon, an der ein Theil des Schenkels zuſammengezogen war, und ſeine Bewegung verloren, der Arm aber den Gebrauch ſeiner Muſkeln erhalten hatte, die Muſkeln am Schenkel ver- worren wirkten, und die Knochen an der Huͤfte duͤnne, kurz, durchſichtig und bruͤchig geworden waren, dahinge- gen der Theil, welcher geſunde Muſkeln hatte, auch or- dentliche Knochen hervorbrachte (b†). Daher koͤmmt es, daß die Knochen des rechten Arms ſchwerer, als die am linken Arme wiegen (b††).
Jch
(b)[Spaltenumbruch]
Es ſind an der Schienen- roͤhre eines erwachſenen Menſchen drei verdrehte rauhe Striche Der Vordere laͤuft nach inwendig herab, der Jnnere iſt von obenher, ſehr un- gleich, und verliert ſich faſt zu un- terſt. Der Aeuſſere wird allmaͤlich zur hintern Linie. Auf ſolche Art ſind an einerlei Knochen, inwendig drei Flaͤchen. Diejenige, welche im Gehen gemeiniglich vorne zu liegen kommt: die aͤuſſere, woraus endlich die hintere wird. Die hintere, wel- che nun zur innern wird. Von der Gewonheit wird die Lebhaftigkeit der Muſkeln groͤſſer gemacht, wie [Spaltenumbruch]
an dem neunjaͤrigen Maͤgdgen er- hellet, das in den Waͤldern ohne Eltern erzogen worden, und unge- mein hurtig, und an den Aermen ſehr ſtark war, und welches unter dem Namen LEBLANC bekannt geworden.
(b*)LORRY des alimens T. II. pag. 227.
(b**)SEIDEL obf. 4.
(b†)HEUERMANN phy- fiolog. T. IV. pag. 37.
(b††)AMAT. Cent. IV. cur. 100.
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Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
Es gehoͤret auch hieher das Kruͤmmen der Knochen,
welche erſt gerade waren, und nachher durch die groͤſſere
Gewalt der Muſkeln, vermittelſt des beſtaͤndigen Zuges,
auf deren Seite gezogen werden. Daher iſt die Huͤfte
krumm, weil uͤber und unterhalb ihrer Mitte die ziehende
Kraͤfte ſtaͤrker ſind, und dieſe den ſonſt ſehr ſtarken Kno-
chen zuruͤkke ziehen, dahingegen der mittlere Theil ohne
Veraͤnderung ſtehen bleibt. Solchergeſtalt verwandelt ſich
die Schienenroͤhre an einigen Koͤrpern faſt in eine ſchnek-
kenfoͤrmige Windung (b). Sie kruͤmmt ſich oft auf eine
felerhafte Art von dem beſtaͤndigen Sizzen, indem immer
einerlei Muſkeln wirken (b*), wie auch von dem Kram-
pfe (b**). Es iſt uͤberdem die Bewegung der Muſkeln
ſo notwendig, daß an einer Frauensperſon, an der ein
Theil des Schenkels zuſammengezogen war, und ſeine
Bewegung verloren, der Arm aber den Gebrauch ſeiner
Muſkeln erhalten hatte, die Muſkeln am Schenkel ver-
worren wirkten, und die Knochen an der Huͤfte duͤnne,
kurz, durchſichtig und bruͤchig geworden waren, dahinge-
gen der Theil, welcher geſunde Muſkeln hatte, auch or-
dentliche Knochen hervorbrachte (b†). Daher koͤmmt es,
daß die Knochen des rechten Arms ſchwerer, als die am
linken Arme wiegen (b††).
Jch
(b)
Es ſind an der Schienen-
roͤhre eines erwachſenen Menſchen
drei verdrehte rauhe Striche Der
Vordere laͤuft nach inwendig herab,
der Jnnere iſt von obenher, ſehr un-
gleich, und verliert ſich faſt zu un-
terſt. Der Aeuſſere wird allmaͤlich
zur hintern Linie. Auf ſolche Art
ſind an einerlei Knochen, inwendig
drei Flaͤchen. Diejenige, welche im
Gehen gemeiniglich vorne zu liegen
kommt: die aͤuſſere, woraus endlich
die hintere wird. Die hintere, wel-
che nun zur innern wird. Von der
Gewonheit wird die Lebhaftigkeit
der Muſkeln groͤſſer gemacht, wie
an dem neunjaͤrigen Maͤgdgen er-
hellet, das in den Waͤldern ohne
Eltern erzogen worden, und unge-
mein hurtig, und an den Aermen
ſehr ſtark war, und welches unter
dem Namen LEBLANC bekannt
geworden.
(b*) LORRY des alimens T. II.
pag. 227.
(b**) SEIDEL obf. 4.
(b†) HEUERMANN phy-
fiolog. T. IV. pag. 37.
(b††) AMAT. Cent. IV. cur.
100.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/232>, abgerufen am 24.11.2024.
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