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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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IV. Abschnitt. Nuzzen.

Die Muskeln wirken auf allerhand Art. Jndem sie
an dem Knochen anliegen, und wärend ihres Spieles
öfters aufschwellen, machen sie an selbigem Eindrükke,
wofern sie lang und rund sind, und auf langen Knochen
liegen. Daher entstehen die Schläfegruben, die an der
Frucht schwach, an erwachsenen Personen deutlicher, und
an wilden reissenden Thieren am allergrösten sind.

Doch sie drükken nicht nur die Knochen nieder, son-
dern sie verhärten solche auch, indem sie das zellförmige
Fächergewebe wegdrükken und die Knochenplättgen näher
an einander pressen. Folglich sind Knochen um desto här-
ter, je grösser die Muskeln sind, denen sie ausgesezzt wer-
den (a), als die Hüfte, das Schienbein, und die Schul-
ter, und es sind überhaupt die lange Knochen viel härter
als die kurzen, da man die Knochen der Fus- und Hand-
wurzel allezeit schwammig findet, indem bei diesen vielmehr
Sehnen, als Fleisch liegt.

Nach der zwoten Art drükken sie die nahe beiliegende
Knochen zwar nicht zusammen, sie hindern aber solche doch,
daß sie nicht Auswächse bekommen, indem sie einen grösse-
ren Widerstand thun, als der Knochen zurükke drükkt.
Auf diese Weise drükken sogar die Sehnen in die Kno-
chenfurchen, welches sonderlich an der Fuswurzel, vor-
nämlich aber an der Handwurzel und der untersten Spin-
del vorkömmt.

Die dritte Art wie die Knochen von Muskeln gebildet
werden, geschicht dadurch, daß die äussern Knochenplätt-
gen vermittelst des beständigen Zuges der Muskeln, von
den innerlichen Plättgen, wohin die Gewalt der Muskeln
nicht zu reichen vermag, abgerükkt und genötigt werden,
in einen Fortsazz auszulaufen. Auf diese Art entsteht der
zizzenförmige Fortsazz, und die rauhen Striche an der
Hüfte, dem Schienbeine und den übrigen langen Knochen.

Es
(a) JANKE oss. maxill. septenn. Diss. I.
O 3
IV. Abſchnitt. Nuzzen.

Die Muſkeln wirken auf allerhand Art. Jndem ſie
an dem Knochen anliegen, und waͤrend ihres Spieles
oͤfters aufſchwellen, machen ſie an ſelbigem Eindruͤkke,
wofern ſie lang und rund ſind, und auf langen Knochen
liegen. Daher entſtehen die Schlaͤfegruben, die an der
Frucht ſchwach, an erwachſenen Perſonen deutlicher, und
an wilden reiſſenden Thieren am allergroͤſten ſind.

Doch ſie druͤkken nicht nur die Knochen nieder, ſon-
dern ſie verhaͤrten ſolche auch, indem ſie das zellfoͤrmige
Faͤchergewebe wegdruͤkken und die Knochenplaͤttgen naͤher
an einander preſſen. Folglich ſind Knochen um deſto haͤr-
ter, je groͤſſer die Muſkeln ſind, denen ſie ausgeſezzt wer-
den (a), als die Huͤfte, das Schienbein, und die Schul-
ter, und es ſind uͤberhaupt die lange Knochen viel haͤrter
als die kurzen, da man die Knochen der Fus- und Hand-
wurzel allezeit ſchwammig findet, indem bei dieſen vielmehr
Sehnen, als Fleiſch liegt.

Nach der zwoten Art druͤkken ſie die nahe beiliegende
Knochen zwar nicht zuſammen, ſie hindern aber ſolche doch,
daß ſie nicht Auswaͤchſe bekommen, indem ſie einen groͤſſe-
ren Widerſtand thun, als der Knochen zuruͤkke druͤkkt.
Auf dieſe Weiſe druͤkken ſogar die Sehnen in die Kno-
chenfurchen, welches ſonderlich an der Fuswurzel, vor-
naͤmlich aber an der Handwurzel und der unterſten Spin-
del vorkoͤmmt.

Die dritte Art wie die Knochen von Muſkeln gebildet
werden, geſchicht dadurch, daß die aͤuſſern Knochenplaͤtt-
gen vermittelſt des beſtaͤndigen Zuges der Muſkeln, von
den innerlichen Plaͤttgen, wohin die Gewalt der Muſkeln
nicht zu reichen vermag, abgeruͤkkt und genoͤtigt werden,
in einen Fortſazz auszulaufen. Auf dieſe Art entſteht der
zizzenfoͤrmige Fortſazz, und die rauhen Striche an der
Huͤfte, dem Schienbeine und den uͤbrigen langen Knochen.

Es
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O 3
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[213/0231] IV. Abſchnitt. Nuzzen. Die Muſkeln wirken auf allerhand Art. Jndem ſie an dem Knochen anliegen, und waͤrend ihres Spieles oͤfters aufſchwellen, machen ſie an ſelbigem Eindruͤkke, wofern ſie lang und rund ſind, und auf langen Knochen liegen. Daher entſtehen die Schlaͤfegruben, die an der Frucht ſchwach, an erwachſenen Perſonen deutlicher, und an wilden reiſſenden Thieren am allergroͤſten ſind. Doch ſie druͤkken nicht nur die Knochen nieder, ſon- dern ſie verhaͤrten ſolche auch, indem ſie das zellfoͤrmige Faͤchergewebe wegdruͤkken und die Knochenplaͤttgen naͤher an einander preſſen. Folglich ſind Knochen um deſto haͤr- ter, je groͤſſer die Muſkeln ſind, denen ſie ausgeſezzt wer- den (a), als die Huͤfte, das Schienbein, und die Schul- ter, und es ſind uͤberhaupt die lange Knochen viel haͤrter als die kurzen, da man die Knochen der Fus- und Hand- wurzel allezeit ſchwammig findet, indem bei dieſen vielmehr Sehnen, als Fleiſch liegt. Nach der zwoten Art druͤkken ſie die nahe beiliegende Knochen zwar nicht zuſammen, ſie hindern aber ſolche doch, daß ſie nicht Auswaͤchſe bekommen, indem ſie einen groͤſſe- ren Widerſtand thun, als der Knochen zuruͤkke druͤkkt. Auf dieſe Weiſe druͤkken ſogar die Sehnen in die Kno- chenfurchen, welches ſonderlich an der Fuswurzel, vor- naͤmlich aber an der Handwurzel und der unterſten Spin- del vorkoͤmmt. Die dritte Art wie die Knochen von Muſkeln gebildet werden, geſchicht dadurch, daß die aͤuſſern Knochenplaͤtt- gen vermittelſt des beſtaͤndigen Zuges der Muſkeln, von den innerlichen Plaͤttgen, wohin die Gewalt der Muſkeln nicht zu reichen vermag, abgeruͤkkt und genoͤtigt werden, in einen Fortſazz auszulaufen. Auf dieſe Art entſteht der zizzenfoͤrmige Fortſazz, und die rauhen Striche an der Huͤfte, dem Schienbeine und den uͤbrigen langen Knochen. Es (a) JANKE oſſ. maxill. ſeptenn. Diſſ. I. O 3

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/231>, abgerufen am 21.11.2024.