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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Thierische Bewegung. XI. Buch.
Exempel haben, vermittelst deren die Vögel ihre Flügel
bewegen, indem diese rot sind, indessen daß die übrigen
weis bleiben (x*). Das Herz ist fast in allen Thieren
rot. Doch es haben auch die Alten angemerket, daß sich
an den Kämpfern die Muskeln von der heftigen Uebung
dikker ausbilden (y). Folglich scheinet die ausgetriebene
Flüssigkeit nicht die ware Ursache von der erlangten Stärke
zu sein.

Die Federkräfte und die von Menschen erfundne Ma-
schinen haben nichts von dergleichen an sich. Diese wer-
den alle durch den Gebrauch schwächer, und vom oft wie-
derholten Biegen brüchig.

Jch werde eine Mutmassung wagen. Vielleicht ist
hier schon hinlänglich zuzugeben, daß zu der grösten Stärke
eines Muskels, eine gewisse Steifigkeit im thierischen Lei-
me erfordert werde, und daß sich diese durch denjenigen
Drukk erhalten lasse, welche ein Muskel leidet, wenn sich
seine Fleischstreifen einander nähern. Daher sind alte
Personen zu Leibesübungen untauglich, da ihr Leim bereits
viel zu zähe und hart ist, und daher kömmt es, daß eine
gar zu arbeitsame Lebensart ein frühzeitiges Alter hervor-
bringt (z).

§. 6.
Sie bilden die Knochen.

Die Muskeln haben grossen Anteil an der Bildung
der Knochen. Diese sind an der Frucht durchgängig
rund, und ohne Vorragungen an den erwachsenen fast
alle dreiekkig, wie ich oft an der Schulter, (die nicht deut-
lich dreiekkig ist,) noch besser aber an der Hüfte, dem
Schienbeine, der Schienröhre, Ellbogen, Spindel und
am Knochen der Mittelhand wargenommen habe. Eben
so entsteht die rauhe Figur an den Fortsäzzen und Linien
der Knochen von dem Gebrauche der Muskeln.

Die
(x*) [Spaltenumbruch] GREW of the guts. p. 41.
(y) GREW ibid.
(z) [Spaltenumbruch] CHEYNE sanit. infirm.
pag.
225.

Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
Exempel haben, vermittelſt deren die Voͤgel ihre Fluͤgel
bewegen, indem dieſe rot ſind, indeſſen daß die uͤbrigen
weis bleiben (x*). Das Herz iſt faſt in allen Thieren
rot. Doch es haben auch die Alten angemerket, daß ſich
an den Kaͤmpfern die Muſkeln von der heftigen Uebung
dikker ausbilden (y). Folglich ſcheinet die ausgetriebene
Fluͤſſigkeit nicht die ware Urſache von der erlangten Staͤrke
zu ſein.

Die Federkraͤfte und die von Menſchen erfundne Ma-
ſchinen haben nichts von dergleichen an ſich. Dieſe wer-
den alle durch den Gebrauch ſchwaͤcher, und vom oft wie-
derholten Biegen bruͤchig.

Jch werde eine Mutmaſſung wagen. Vielleicht iſt
hier ſchon hinlaͤnglich zuzugeben, daß zu der groͤſten Staͤrke
eines Muſkels, eine gewiſſe Steifigkeit im thieriſchen Lei-
me erfordert werde, und daß ſich dieſe durch denjenigen
Drukk erhalten laſſe, welche ein Muſkel leidet, wenn ſich
ſeine Fleiſchſtreifen einander naͤhern. Daher ſind alte
Perſonen zu Leibesuͤbungen untauglich, da ihr Leim bereits
viel zu zaͤhe und hart iſt, und daher koͤmmt es, daß eine
gar zu arbeitſame Lebensart ein fruͤhzeitiges Alter hervor-
bringt (z).

§. 6.
Sie bilden die Knochen.

Die Muſkeln haben groſſen Anteil an der Bildung
der Knochen. Dieſe ſind an der Frucht durchgaͤngig
rund, und ohne Vorragungen an den erwachſenen faſt
alle dreiekkig, wie ich oft an der Schulter, (die nicht deut-
lich dreiekkig iſt,) noch beſſer aber an der Huͤfte, dem
Schienbeine, der Schienroͤhre, Ellbogen, Spindel und
am Knochen der Mittelhand wargenommen habe. Eben
ſo entſteht die rauhe Figur an den Fortſaͤzzen und Linien
der Knochen von dem Gebrauche der Muſkeln.

Die
(x*) [Spaltenumbruch] GREW of the guts. p. 41.
(y) GREW ibid.
(z) [Spaltenumbruch] CHEYNE ſanit. infirm.
pag.
225.
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[212/0230] Thieriſche Bewegung. XI. Buch. Exempel haben, vermittelſt deren die Voͤgel ihre Fluͤgel bewegen, indem dieſe rot ſind, indeſſen daß die uͤbrigen weis bleiben (x*). Das Herz iſt faſt in allen Thieren rot. Doch es haben auch die Alten angemerket, daß ſich an den Kaͤmpfern die Muſkeln von der heftigen Uebung dikker ausbilden (y). Folglich ſcheinet die ausgetriebene Fluͤſſigkeit nicht die ware Urſache von der erlangten Staͤrke zu ſein. Die Federkraͤfte und die von Menſchen erfundne Ma- ſchinen haben nichts von dergleichen an ſich. Dieſe wer- den alle durch den Gebrauch ſchwaͤcher, und vom oft wie- derholten Biegen bruͤchig. Jch werde eine Mutmaſſung wagen. Vielleicht iſt hier ſchon hinlaͤnglich zuzugeben, daß zu der groͤſten Staͤrke eines Muſkels, eine gewiſſe Steifigkeit im thieriſchen Lei- me erfordert werde, und daß ſich dieſe durch denjenigen Drukk erhalten laſſe, welche ein Muſkel leidet, wenn ſich ſeine Fleiſchſtreifen einander naͤhern. Daher ſind alte Perſonen zu Leibesuͤbungen untauglich, da ihr Leim bereits viel zu zaͤhe und hart iſt, und daher koͤmmt es, daß eine gar zu arbeitſame Lebensart ein fruͤhzeitiges Alter hervor- bringt (z). §. 6. Sie bilden die Knochen. Die Muſkeln haben groſſen Anteil an der Bildung der Knochen. Dieſe ſind an der Frucht durchgaͤngig rund, und ohne Vorragungen an den erwachſenen faſt alle dreiekkig, wie ich oft an der Schulter, (die nicht deut- lich dreiekkig iſt,) noch beſſer aber an der Huͤfte, dem Schienbeine, der Schienroͤhre, Ellbogen, Spindel und am Knochen der Mittelhand wargenommen habe. Eben ſo entſteht die rauhe Figur an den Fortſaͤzzen und Linien der Knochen von dem Gebrauche der Muſkeln. Die (x*) GREW of the guts. p. 41. (y) GREW ibid. (z) CHEYNE ſanit. infirm. pag. 225.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/230>, abgerufen am 21.11.2024.