Exempel haben, vermittelst deren die Vögel ihre Flügel bewegen, indem diese rot sind, indessen daß die übrigen weis bleiben (x*). Das Herz ist fast in allen Thieren rot. Doch es haben auch die Alten angemerket, daß sich an den Kämpfern die Muskeln von der heftigen Uebung dikker ausbilden (y). Folglich scheinet die ausgetriebene Flüssigkeit nicht die ware Ursache von der erlangten Stärke zu sein.
Die Federkräfte und die von Menschen erfundne Ma- schinen haben nichts von dergleichen an sich. Diese wer- den alle durch den Gebrauch schwächer, und vom oft wie- derholten Biegen brüchig.
Jch werde eine Mutmassung wagen. Vielleicht ist hier schon hinlänglich zuzugeben, daß zu der grösten Stärke eines Muskels, eine gewisse Steifigkeit im thierischen Lei- me erfordert werde, und daß sich diese durch denjenigen Drukk erhalten lasse, welche ein Muskel leidet, wenn sich seine Fleischstreifen einander nähern. Daher sind alte Personen zu Leibesübungen untauglich, da ihr Leim bereits viel zu zähe und hart ist, und daher kömmt es, daß eine gar zu arbeitsame Lebensart ein frühzeitiges Alter hervor- bringt (z).
§. 6. Sie bilden die Knochen.
Die Muskeln haben grossen Anteil an der Bildung der Knochen. Diese sind an der Frucht durchgängig rund, und ohne Vorragungen an den erwachsenen fast alle dreiekkig, wie ich oft an der Schulter, (die nicht deut- lich dreiekkig ist,) noch besser aber an der Hüfte, dem Schienbeine, der Schienröhre, Ellbogen, Spindel und am Knochen der Mittelhand wargenommen habe. Eben so entsteht die rauhe Figur an den Fortsäzzen und Linien der Knochen von dem Gebrauche der Muskeln.
Exempel haben, vermittelſt deren die Voͤgel ihre Fluͤgel bewegen, indem dieſe rot ſind, indeſſen daß die uͤbrigen weis bleiben (x*). Das Herz iſt faſt in allen Thieren rot. Doch es haben auch die Alten angemerket, daß ſich an den Kaͤmpfern die Muſkeln von der heftigen Uebung dikker ausbilden (y). Folglich ſcheinet die ausgetriebene Fluͤſſigkeit nicht die ware Urſache von der erlangten Staͤrke zu ſein.
Die Federkraͤfte und die von Menſchen erfundne Ma- ſchinen haben nichts von dergleichen an ſich. Dieſe wer- den alle durch den Gebrauch ſchwaͤcher, und vom oft wie- derholten Biegen bruͤchig.
Jch werde eine Mutmaſſung wagen. Vielleicht iſt hier ſchon hinlaͤnglich zuzugeben, daß zu der groͤſten Staͤrke eines Muſkels, eine gewiſſe Steifigkeit im thieriſchen Lei- me erfordert werde, und daß ſich dieſe durch denjenigen Drukk erhalten laſſe, welche ein Muſkel leidet, wenn ſich ſeine Fleiſchſtreifen einander naͤhern. Daher ſind alte Perſonen zu Leibesuͤbungen untauglich, da ihr Leim bereits viel zu zaͤhe und hart iſt, und daher koͤmmt es, daß eine gar zu arbeitſame Lebensart ein fruͤhzeitiges Alter hervor- bringt (z).
§. 6. Sie bilden die Knochen.
Die Muſkeln haben groſſen Anteil an der Bildung der Knochen. Dieſe ſind an der Frucht durchgaͤngig rund, und ohne Vorragungen an den erwachſenen faſt alle dreiekkig, wie ich oft an der Schulter, (die nicht deut- lich dreiekkig iſt,) noch beſſer aber an der Huͤfte, dem Schienbeine, der Schienroͤhre, Ellbogen, Spindel und am Knochen der Mittelhand wargenommen habe. Eben ſo entſteht die rauhe Figur an den Fortſaͤzzen und Linien der Knochen von dem Gebrauche der Muſkeln.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0230"n="212"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Thieriſche Bewegung. <hirendition="#aq">XI.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
Exempel haben, vermittelſt deren die Voͤgel ihre Fluͤgel<lb/>
bewegen, indem dieſe rot ſind, indeſſen daß die uͤbrigen<lb/>
weis bleiben <noteplace="foot"n="(x*)"><cb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">GREW</hi> of the guts. p.</hi> 41.</note>. Das Herz iſt faſt in allen Thieren<lb/>
rot. Doch es haben auch die Alten angemerket, daß ſich<lb/>
an den Kaͤmpfern die Muſkeln von der heftigen Uebung<lb/>
dikker ausbilden <noteplace="foot"n="(y)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">GREW</hi> ibid.</hi></note>. Folglich ſcheinet die ausgetriebene<lb/>
Fluͤſſigkeit nicht die ware Urſache von der erlangten Staͤrke<lb/>
zu ſein.</p><lb/><p>Die Federkraͤfte und die von Menſchen erfundne Ma-<lb/>ſchinen haben nichts von dergleichen an ſich. Dieſe wer-<lb/>
den alle durch den Gebrauch ſchwaͤcher, und vom oft wie-<lb/>
derholten Biegen bruͤchig.</p><lb/><p>Jch werde eine Mutmaſſung wagen. Vielleicht iſt<lb/>
hier ſchon hinlaͤnglich zuzugeben, daß zu der groͤſten Staͤrke<lb/>
eines Muſkels, eine gewiſſe Steifigkeit im thieriſchen Lei-<lb/>
me erfordert werde, und daß ſich dieſe durch denjenigen<lb/>
Drukk erhalten laſſe, welche ein Muſkel leidet, wenn ſich<lb/>ſeine Fleiſchſtreifen einander naͤhern. Daher ſind alte<lb/>
Perſonen zu Leibesuͤbungen untauglich, da ihr Leim bereits<lb/>
viel zu zaͤhe und hart iſt, und daher koͤmmt es, daß eine<lb/>
gar zu arbeitſame Lebensart ein fruͤhzeitiges Alter hervor-<lb/>
bringt <noteplace="foot"n="(z)"><cb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">CHEYNE</hi>ſanit. infirm.<lb/>
pag.</hi> 225.</note>.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 6.<lb/><hirendition="#b">Sie bilden die Knochen.</hi></head><lb/><p>Die Muſkeln haben groſſen Anteil an der Bildung<lb/>
der Knochen. Dieſe ſind an der Frucht durchgaͤngig<lb/>
rund, und ohne Vorragungen an den erwachſenen faſt<lb/>
alle dreiekkig, wie ich oft an der Schulter, (die nicht deut-<lb/>
lich dreiekkig iſt,) noch beſſer aber an der Huͤfte, dem<lb/>
Schienbeine, der Schienroͤhre, Ellbogen, Spindel und<lb/>
am Knochen der Mittelhand wargenommen habe. Eben<lb/>ſo entſteht die rauhe Figur an den Fortſaͤzzen und Linien<lb/>
der Knochen von dem Gebrauche der Muſkeln.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Die</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[212/0230]
Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
Exempel haben, vermittelſt deren die Voͤgel ihre Fluͤgel
bewegen, indem dieſe rot ſind, indeſſen daß die uͤbrigen
weis bleiben (x*). Das Herz iſt faſt in allen Thieren
rot. Doch es haben auch die Alten angemerket, daß ſich
an den Kaͤmpfern die Muſkeln von der heftigen Uebung
dikker ausbilden (y). Folglich ſcheinet die ausgetriebene
Fluͤſſigkeit nicht die ware Urſache von der erlangten Staͤrke
zu ſein.
Die Federkraͤfte und die von Menſchen erfundne Ma-
ſchinen haben nichts von dergleichen an ſich. Dieſe wer-
den alle durch den Gebrauch ſchwaͤcher, und vom oft wie-
derholten Biegen bruͤchig.
Jch werde eine Mutmaſſung wagen. Vielleicht iſt
hier ſchon hinlaͤnglich zuzugeben, daß zu der groͤſten Staͤrke
eines Muſkels, eine gewiſſe Steifigkeit im thieriſchen Lei-
me erfordert werde, und daß ſich dieſe durch denjenigen
Drukk erhalten laſſe, welche ein Muſkel leidet, wenn ſich
ſeine Fleiſchſtreifen einander naͤhern. Daher ſind alte
Perſonen zu Leibesuͤbungen untauglich, da ihr Leim bereits
viel zu zaͤhe und hart iſt, und daher koͤmmt es, daß eine
gar zu arbeitſame Lebensart ein fruͤhzeitiges Alter hervor-
bringt (z).
§. 6.
Sie bilden die Knochen.
Die Muſkeln haben groſſen Anteil an der Bildung
der Knochen. Dieſe ſind an der Frucht durchgaͤngig
rund, und ohne Vorragungen an den erwachſenen faſt
alle dreiekkig, wie ich oft an der Schulter, (die nicht deut-
lich dreiekkig iſt,) noch beſſer aber an der Huͤfte, dem
Schienbeine, der Schienroͤhre, Ellbogen, Spindel und
am Knochen der Mittelhand wargenommen habe. Eben
ſo entſteht die rauhe Figur an den Fortſaͤzzen und Linien
der Knochen von dem Gebrauche der Muſkeln.
Die
(x*)
GREW of the guts. p. 41.
(y) GREW ibid.
(z)
CHEYNE ſanit. infirm.
pag. 225.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/230>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.