Gewiß ist es, daß dieser Dampf aus den Schlagadern (l) der Haut kömmt, und dieses wusten auch so gar die Alten (m). Wir meinen die kleinsten Schlagäderchen, die aber dennoch für Wasser offen genung sind (m*). Es widerspricht sich durchaus, daß das Ausdünsten ohne Schlagadern, gleichsam als aus einem dünstenden Safte, geschehen sollte. Es beschüzzt nämlich die trokkne Ober- haut die weiche Haut vor der Luft, und es ist die Ausdün- stung nichts bedeutend, wenn keine Merkmale eines schar- fen Antriebes von Schlagadern, keine Wärme, Röthe, oder Pulsirung dabei ist. Es dünstet aber nicht nur die ganze äussere Haut, sondern auch die inwendige im Munde, der Nase, den Geburtsgliedern, und dem Speise- und Luftkanale (n) aus.
§. 10. Die Menge der Transpiration überhaupt. Die Erfinder.
Die Grösse des Werkzeuges, die unzälbare Menge der Röhren, die in einem kleinen Raume dicht beisammen liegen, die Geschwindigkeit, womit wir den Dampf aus der Hand dünsten und auf einander folgen sehen, die unge- heure Menge von Schlagadern an der gesamten Haut, ob sie gleich an sich nur klein sind, alles stimmt darinn überein, daß diese Ausdünstung der Haut in gröstem Ueber- flusse geschehen müsse. Es mus uns auch, was wir beim Sanctorius lesen, nicht so gar paradox vorkommen, da
Pflan-
(l)[Spaltenumbruch]PERRAULT l. c. p. 284. CHEYNE phil. princ. of relig. p. 295. RUYSCH. KAAUW pag. 84. 93. LEFUWENHOECK glaubt, Gefässe gesehen zu haben, in jeder Schuppe fünfe, Anat. et contempl. T. II. p. 206. 207.
(m) Das wärmere Aederchen, HIPPOCRAT. (peri trofis) Sect. IV. pag. 50. GALENUS in [Spaltenumbruch]
Comment. de Hippoer. et Plat. decret. L. 8. NEMESIUS c. 3. Der Verfasser der Jasog. anat. c. 4.
(m*) Daß mit einem einzigen Pulsschlage ausdämpfen 5,625,000, 000,000 Theile eines Grans, SIEVERS de s. mot. circ. p. 15.
(n)KAAUW perspir. n. 18. HIPP. Epid. VI. Sect. 6. GA- LEN. de usu puls. c. 5.
Das Gefuͤhl. XII. Buch.
Gewiß iſt es, daß dieſer Dampf aus den Schlagadern (l) der Haut koͤmmt, und dieſes wuſten auch ſo gar die Alten (m). Wir meinen die kleinſten Schlagaͤderchen, die aber dennoch fuͤr Waſſer offen genung ſind (m*). Es widerſpricht ſich durchaus, daß das Ausduͤnſten ohne Schlagadern, gleichſam als aus einem duͤnſtenden Safte, geſchehen ſollte. Es beſchuͤzzt naͤmlich die trokkne Ober- haut die weiche Haut vor der Luft, und es iſt die Ausduͤn- ſtung nichts bedeutend, wenn keine Merkmale eines ſchar- fen Antriebes von Schlagadern, keine Waͤrme, Roͤthe, oder Pulſirung dabei iſt. Es duͤnſtet aber nicht nur die ganze aͤuſſere Haut, ſondern auch die inwendige im Munde, der Naſe, den Geburtsgliedern, und dem Speiſe- und Luftkanale (n) aus.
§. 10. Die Menge der Tranſpiration uͤberhaupt. Die Erfinder.
Die Groͤſſe des Werkzeuges, die unzaͤlbare Menge der Roͤhren, die in einem kleinen Raume dicht beiſammen liegen, die Geſchwindigkeit, womit wir den Dampf aus der Hand duͤnſten und auf einander folgen ſehen, die unge- heure Menge von Schlagadern an der geſamten Haut, ob ſie gleich an ſich nur klein ſind, alles ſtimmt darinn uͤberein, daß dieſe Ausduͤnſtung der Haut in groͤſtem Ueber- fluſſe geſchehen muͤſſe. Es mus uns auch, was wir beim Sanctorius leſen, nicht ſo gar paradox vorkommen, da
Pflan-
(l)[Spaltenumbruch]PERRAULT l. c. p. 284. CHEYNE phil. princ. of relig. p. 295. RUYSCH. KAAUW pag. 84. 93. LEFUWENHOECK glaubt, Gefaͤſſe geſehen zu haben, in jeder Schuppe fuͤnfe, Anat. et contempl. T. II. p. 206. 207.
(m) Das waͤrmere Aederchen, HIPPOCRAT. (peri trofis) Sect. IV. pag. 50. GALENUS in [Spaltenumbruch]
Comment. de Hippoer. et Plat. decret. L. 8. NEMESIUS c. 3. Der Verfaſſer der Jaſog. anat. c. 4.
(m*) Daß mit einem einzigen Pulsſchlage ausdaͤmpfen 5,625,000, 000,000 Theile eines Grans, SIEVERS de ſ. mot. circ. p. 15.
(n)KAAUW perſpir. n. 18. HIPP. Epid. VI. Sect. 6. GA- LEN. de uſu pulſ. c. 5.
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Das Gefuͤhl. XII. Buch.
Gewiß iſt es, daß dieſer Dampf aus den Schlagadern
(l) der Haut koͤmmt, und dieſes wuſten auch ſo gar die
Alten (m). Wir meinen die kleinſten Schlagaͤderchen,
die aber dennoch fuͤr Waſſer offen genung ſind (m*). Es
widerſpricht ſich durchaus, daß das Ausduͤnſten ohne
Schlagadern, gleichſam als aus einem duͤnſtenden Safte,
geſchehen ſollte. Es beſchuͤzzt naͤmlich die trokkne Ober-
haut die weiche Haut vor der Luft, und es iſt die Ausduͤn-
ſtung nichts bedeutend, wenn keine Merkmale eines ſchar-
fen Antriebes von Schlagadern, keine Waͤrme, Roͤthe,
oder Pulſirung dabei iſt. Es duͤnſtet aber nicht nur die
ganze aͤuſſere Haut, ſondern auch die inwendige im Munde,
der Naſe, den Geburtsgliedern, und dem Speiſe- und
Luftkanale (n) aus.
§. 10.
Die Menge der Tranſpiration uͤberhaupt.
Die Erfinder.
Die Groͤſſe des Werkzeuges, die unzaͤlbare Menge
der Roͤhren, die in einem kleinen Raume dicht beiſammen
liegen, die Geſchwindigkeit, womit wir den Dampf aus der
Hand duͤnſten und auf einander folgen ſehen, die unge-
heure Menge von Schlagadern an der geſamten Haut,
ob ſie gleich an ſich nur klein ſind, alles ſtimmt darinn
uͤberein, daß dieſe Ausduͤnſtung der Haut in groͤſtem Ueber-
fluſſe geſchehen muͤſſe. Es mus uns auch, was wir beim
Sanctorius leſen, nicht ſo gar paradox vorkommen, da
Pflan-
(l)
PERRAULT l. c. p. 284.
CHEYNE phil. princ. of relig.
p. 295. RUYSCH. KAAUW
pag. 84. 93. LEFUWENHOECK
glaubt, Gefaͤſſe geſehen zu haben,
in jeder Schuppe fuͤnfe, Anat. et
contempl. T. II. p. 206. 207.
(m) Das waͤrmere Aederchen,
HIPPOCRAT. (peri trofis) Sect.
IV. pag. 50. GALENUS in
Comment. de Hippoer. et Plat.
decret. L. 8. NEMESIUS c. 3.
Der Verfaſſer der Jaſog. anat. c. 4.
(m*) Daß mit einem einzigen
Pulsſchlage ausdaͤmpfen 5,625,000,
000,000 Theile eines Grans,
SIEVERS de ſ. mot. circ. p. 15.
(n) KAAUW perſpir. n. 18.
HIPP. Epid. VI. Sect. 6. GA-
LEN. de uſu pulſ. c. 5.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/340>, abgerufen am 24.11.2024.
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