Ohne Zweifel ist die vornemste Ursache, warum die Natur den Thieren diesen Sinn verliehen, diese gewesen daß wir durch die Annemlichkeit eines schönen Geschmakkes gereizt würden, zur Erhaltung des Lebens, und zur müh- samen Anschaffung der Speisen nach Proportion beküm- mert zu sein, als uns der Hunger dazu zwingt. Der Schöpfer hat durch diese höchstweise Einrichtung vorbeu- gen wollen, daß wir nicht unser Leben der so geschwinden Gefar umzukommen, Preis geben sollen, und es mus der Mensch darinnen eine Ergözzung finden, daß er sich selbst erhält, und den unerträglichen Schmerz zu vermeiden suchen, welcher von der Vernachläßigung seiner Erhal- tung eine empfindliche Folge ist.
Es läßt sich ferner glauben, daß uns auch der Geschmakk gegeben sei, Pflanzen zu unterscheiden, und die Natur der übrigen Speisen zu erkennen, um uns blos derjenigen zu bedienen, die uns bey mäßigem Gebrauche heilsam sind, und daß wir von den übrigen, die kein nahrhaftes Wesen enthalten, durch eine Bitterkeit oder andre Ursachen, ja selbst durch die Geschmakkloßigkeit abgehalten werden möchten. Dieses Geschäfte scheint der Geschmakk mit dem Geruche zu theilen. Wenigstens leiden die unvernünftige Thiere, welche sich mitten unter giftigen und schädlichen Kräutern aufhalten, selten davon was, indem sie solche nicht einmal anrühren. Es wächst auf den felsigen Alpen eine übermäßige Menge von der blauen Wolfswurz (na- pellus) und noch eine grössere Menge auf den niedrigen Alpenwiesen von der weisen Niesewurz, da doch beide Pflanzen von keinem Vieh angerührt werden.
Doch es giebt auch der Geschmakk die meisten medicini- sche Kräfte der Pflanzen mit Zuverläßigkeit zu erkennen (z).
Allein
(z)FLOYER in pharmacobasano im ganzen Buche.
D d 5
I. Abſchnitt. Werkzeug.
§. 6. Der Nuzzen des Geſchmakkes.
Ohne Zweifel iſt die vornemſte Urſache, warum die Natur den Thieren dieſen Sinn verliehen, dieſe geweſen daß wir durch die Annemlichkeit eines ſchoͤnen Geſchmakkes gereizt wuͤrden, zur Erhaltung des Lebens, und zur muͤh- ſamen Anſchaffung der Speiſen nach Proportion bekuͤm- mert zu ſein, als uns der Hunger dazu zwingt. Der Schoͤpfer hat durch dieſe hoͤchſtweiſe Einrichtung vorbeu- gen wollen, daß wir nicht unſer Leben der ſo geſchwinden Gefar umzukommen, Preis geben ſollen, und es mus der Menſch darinnen eine Ergoͤzzung finden, daß er ſich ſelbſt erhaͤlt, und den unertraͤglichen Schmerz zu vermeiden ſuchen, welcher von der Vernachlaͤßigung ſeiner Erhal- tung eine empfindliche Folge iſt.
Es laͤßt ſich ferner glauben, daß uns auch der Geſchmakk gegeben ſei, Pflanzen zu unterſcheiden, und die Natur der uͤbrigen Speiſen zu erkennen, um uns blos derjenigen zu bedienen, die uns bey maͤßigem Gebrauche heilſam ſind, und daß wir von den uͤbrigen, die kein nahrhaftes Weſen enthalten, durch eine Bitterkeit oder andre Urſachen, ja ſelbſt durch die Geſchmakkloßigkeit abgehalten werden moͤchten. Dieſes Geſchaͤfte ſcheint der Geſchmakk mit dem Geruche zu theilen. Wenigſtens leiden die unvernuͤnftige Thiere, welche ſich mitten unter giftigen und ſchaͤdlichen Kraͤutern aufhalten, ſelten davon was, indem ſie ſolche nicht einmal anruͤhren. Es waͤchſt auf den felſigen Alpen eine uͤbermaͤßige Menge von der blauen Wolfswurz (na- pellus) und noch eine groͤſſere Menge auf den niedrigen Alpenwieſen von der weiſen Nieſewurz, da doch beide Pflanzen von keinem Vieh angeruͤhrt werden.
Doch es giebt auch der Geſchmakk die meiſten medicini- ſche Kraͤfte der Pflanzen mit Zuverlaͤßigkeit zu erkennen (z).
Allein
(z)FLOYER in pharmacobaſano im ganzen Buche.
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I. Abſchnitt. Werkzeug.
§. 6.
Der Nuzzen des Geſchmakkes.
Ohne Zweifel iſt die vornemſte Urſache, warum die
Natur den Thieren dieſen Sinn verliehen, dieſe geweſen
daß wir durch die Annemlichkeit eines ſchoͤnen Geſchmakkes
gereizt wuͤrden, zur Erhaltung des Lebens, und zur muͤh-
ſamen Anſchaffung der Speiſen nach Proportion bekuͤm-
mert zu ſein, als uns der Hunger dazu zwingt. Der
Schoͤpfer hat durch dieſe hoͤchſtweiſe Einrichtung vorbeu-
gen wollen, daß wir nicht unſer Leben der ſo geſchwinden
Gefar umzukommen, Preis geben ſollen, und es mus der
Menſch darinnen eine Ergoͤzzung finden, daß er ſich ſelbſt
erhaͤlt, und den unertraͤglichen Schmerz zu vermeiden
ſuchen, welcher von der Vernachlaͤßigung ſeiner Erhal-
tung eine empfindliche Folge iſt.
Es laͤßt ſich ferner glauben, daß uns auch der Geſchmakk
gegeben ſei, Pflanzen zu unterſcheiden, und die Natur der
uͤbrigen Speiſen zu erkennen, um uns blos derjenigen zu
bedienen, die uns bey maͤßigem Gebrauche heilſam ſind,
und daß wir von den uͤbrigen, die kein nahrhaftes Weſen
enthalten, durch eine Bitterkeit oder andre Urſachen, ja
ſelbſt durch die Geſchmakkloßigkeit abgehalten werden
moͤchten. Dieſes Geſchaͤfte ſcheint der Geſchmakk mit dem
Geruche zu theilen. Wenigſtens leiden die unvernuͤnftige
Thiere, welche ſich mitten unter giftigen und ſchaͤdlichen
Kraͤutern aufhalten, ſelten davon was, indem ſie ſolche
nicht einmal anruͤhren. Es waͤchſt auf den felſigen Alpen
eine uͤbermaͤßige Menge von der blauen Wolfswurz (na-
pellus) und noch eine groͤſſere Menge auf den niedrigen
Alpenwieſen von der weiſen Nieſewurz, da doch beide
Pflanzen von keinem Vieh angeruͤhrt werden.
Doch es giebt auch der Geſchmakk die meiſten medicini-
ſche Kraͤfte der Pflanzen mit Zuverlaͤßigkeit zu erkennen (z).
Allein
(z) FLOYER in pharmacobaſano im ganzen Buche.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/443>, abgerufen am 22.11.2024.
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