berümte Mann doch, daß diese Kraft theils von einer natürlichen Empfindung (f*) und theils von dem äussern Gefüle (f**), wie auch von dem Reize des Blutes im Herzen herrühren soll. Er theilt selbige allen Theilen des menschlichen Körpers mit, und läst so gar die Knochen (g) und unsre Säfte reizbar sein. Folglich ver- bindet er offenbar alle Arten des todten Zusammenziehens mit unsrer, unter Händen habenden Kraft. Doch hat er recht, wenn er sie von der Nervenbewegung (h), die von der Einbildungskraft entsteht, unterscheidet. Er hat mit Augen gesehen, wie dieselbe übermäßig werden könne, und es hat dieses Uebermaas Boerhaave nach gedach- tem Schriftsteller die Rraft des Jukkens(i) genannt. Walther Charleton gibt von ihr keine unebene Beschrei- bung, wenn er sie eine natürliche Empfindung, sich bei verdrieslichen Berührungen zusammenzuziehen, nennt (k).
Es beschreibt Lorenz Bellin die Zusammenziehungs- kraft weitleuftig, welche von scharfen Dingen erwekkt wird, sich von den Ursachen der Beschwerlichkeit loszuma- chen sucht, zu dem Ende die Muskeln in Bewegung sezzt, den Zulauf des Blutes beschleunigt, eine Entzündung, Ableitung, und Ausleerung vornimmt, und dieses alles läst derselbe, der Hipotese gemäs, ganz mechanisch, aber ohne Versuche geschehen (l). Ausserdem scheinet sowohl dieser berümte Mann als dessen Nachfolger, die lebendige Kraft des Zusammenziehens von der todten, und diese von der, von den Nerven abhängenden, nicht hinläng- lich genung zu unterscheiden.
Solchergestalt hat es auch das Ansehn, daß des Stahls sein Tonus gar artig zu der Reizbarkeit gezogen werden könne, da er mit Grunde schreibt, daß diese Ton-
bewe-
(f*)[Spaltenumbruch]l. c. p. 147. 148. 169.
(f**)pag. 148.
(g)C. 9. p. 170.
(h)C. 8. p. 157. eqq. 169.
(i)[Spaltenumbruch]pag. 173.
(k)pag. 148. 149.
(l)de stimulis et de sanguinis missione.
C 2
II. Abſchnitt. Erſcheinungen.
beruͤmte Mann doch, daß dieſe Kraft theils von einer natuͤrlichen Empfindung (f*) und theils von dem aͤuſſern Gefuͤle (f**), wie auch von dem Reize des Blutes im Herzen herruͤhren ſoll. Er theilt ſelbige allen Theilen des menſchlichen Koͤrpers mit, und laͤſt ſo gar die Knochen (g) und unſre Saͤfte reizbar ſein. Folglich ver- bindet er offenbar alle Arten des todten Zuſammenziehens mit unſrer, unter Haͤnden habenden Kraft. Doch hat er recht, wenn er ſie von der Nervenbewegung (h), die von der Einbildungskraft entſteht, unterſcheidet. Er hat mit Augen geſehen, wie dieſelbe uͤbermaͤßig werden koͤnne, und es hat dieſes Uebermaas Boerhaave nach gedach- tem Schriftſteller die Rraft des Jukkens(i) genannt. Walther Charleton gibt von ihr keine unebene Beſchrei- bung, wenn er ſie eine natuͤrliche Empfindung, ſich bei verdrieslichen Beruͤhrungen zuſammenzuziehen, nennt (k).
Es beſchreibt Lorenz Bellin die Zuſammenziehungs- kraft weitleuftig, welche von ſcharfen Dingen erwekkt wird, ſich von den Urſachen der Beſchwerlichkeit loszuma- chen ſucht, zu dem Ende die Muſkeln in Bewegung ſezzt, den Zulauf des Blutes beſchleunigt, eine Entzuͤndung, Ableitung, und Ausleerung vornimmt, und dieſes alles laͤſt derſelbe, der Hipoteſe gemaͤs, ganz mechaniſch, aber ohne Verſuche geſchehen (l). Auſſerdem ſcheinet ſowohl dieſer beruͤmte Mann als deſſen Nachfolger, die lebendige Kraft des Zuſammenziehens von der todten, und dieſe von der, von den Nerven abhaͤngenden, nicht hinlaͤng- lich genung zu unterſcheiden.
Solchergeſtalt hat es auch das Anſehn, daß des Stahls ſein Tonus gar artig zu der Reizbarkeit gezogen werden koͤnne, da er mit Grunde ſchreibt, daß dieſe Ton-
bewe-
(f*)[Spaltenumbruch]l. c. p. 147. 148. 169.
(f**)pag. 148.
(g)C. 9. p. 170.
(h)C. 8. p. 157. eqq. 169.
(i)[Spaltenumbruch]pag. 173.
(k)pag. 148. 149.
(l)de ſtimulis et de ſanguinis miſſione.
C 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0053"n="35"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi> Abſchnitt. Erſcheinungen.</hi></fw><lb/>
beruͤmte Mann doch, daß dieſe Kraft theils von einer<lb/>
natuͤrlichen Empfindung <noteplace="foot"n="(f*)"><cb/><hirendition="#aq">l. c. p.</hi> 147. 148. 169.</note> und theils von dem aͤuſſern<lb/>
Gefuͤle <noteplace="foot"n="(f**)"><hirendition="#aq">pag.</hi> 148.</note>, wie auch von dem Reize des Blutes im<lb/>
Herzen herruͤhren ſoll. Er theilt ſelbige allen Theilen<lb/>
des menſchlichen Koͤrpers mit, und laͤſt ſo gar die<lb/>
Knochen <noteplace="foot"n="(g)"><hirendition="#aq">C. 9. p.</hi> 170.</note> und unſre Saͤfte reizbar ſein. Folglich ver-<lb/>
bindet er offenbar alle Arten des todten Zuſammenziehens<lb/>
mit unſrer, unter Haͤnden habenden Kraft. Doch hat<lb/>
er recht, wenn er ſie von der Nervenbewegung <noteplace="foot"n="(h)"><hirendition="#aq">C. 8. p. 157. eqq.</hi> 169.</note>, die<lb/>
von der Einbildungskraft entſteht, unterſcheidet. Er hat<lb/>
mit Augen geſehen, wie dieſelbe uͤbermaͤßig werden koͤnne,<lb/>
und es hat dieſes Uebermaas <hirendition="#fr">Boerhaave</hi> nach gedach-<lb/>
tem Schriftſteller die <hirendition="#fr">Rraft des Jukkens</hi><noteplace="foot"n="(i)"><cb/><hirendition="#aq">pag.</hi> 173.</note> genannt.<lb/>
Walther <hirendition="#fr">Charleton</hi> gibt von ihr keine unebene Beſchrei-<lb/>
bung, wenn er ſie eine natuͤrliche Empfindung, ſich bei<lb/>
verdrieslichen Beruͤhrungen zuſammenzuziehen, nennt <noteplace="foot"n="(k)"><hirendition="#aq">pag.</hi> 148. 149.</note>.</p><lb/><p>Es beſchreibt Lorenz <hirendition="#fr">Bellin</hi> die Zuſammenziehungs-<lb/>
kraft weitleuftig, welche von ſcharfen Dingen erwekkt<lb/>
wird, ſich von den Urſachen der Beſchwerlichkeit loszuma-<lb/>
chen ſucht, zu dem Ende die Muſkeln in Bewegung ſezzt,<lb/>
den Zulauf des Blutes beſchleunigt, eine Entzuͤndung,<lb/>
Ableitung, und Ausleerung vornimmt, und dieſes alles<lb/>
laͤſt derſelbe, der Hipoteſe gemaͤs, ganz mechaniſch, aber<lb/>
ohne Verſuche geſchehen <noteplace="foot"n="(l)"><hirendition="#aq">de ſtimulis et de ſanguinis<lb/>
miſſione.</hi></note>. Auſſerdem ſcheinet ſowohl<lb/>
dieſer beruͤmte Mann als deſſen Nachfolger, die lebendige<lb/>
Kraft des Zuſammenziehens von der todten, und dieſe<lb/>
von der, von den Nerven abhaͤngenden, nicht hinlaͤng-<lb/>
lich genung zu unterſcheiden.</p><lb/><p>Solchergeſtalt hat es auch das Anſehn, daß des<lb/><hirendition="#fr">Stahls</hi>ſein Tonus gar artig zu der Reizbarkeit gezogen<lb/>
werden koͤnne, da er mit Grunde ſchreibt, daß dieſe Ton-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">C 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">bewe-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[35/0053]
II. Abſchnitt. Erſcheinungen.
beruͤmte Mann doch, daß dieſe Kraft theils von einer
natuͤrlichen Empfindung (f*) und theils von dem aͤuſſern
Gefuͤle (f**), wie auch von dem Reize des Blutes im
Herzen herruͤhren ſoll. Er theilt ſelbige allen Theilen
des menſchlichen Koͤrpers mit, und laͤſt ſo gar die
Knochen (g) und unſre Saͤfte reizbar ſein. Folglich ver-
bindet er offenbar alle Arten des todten Zuſammenziehens
mit unſrer, unter Haͤnden habenden Kraft. Doch hat
er recht, wenn er ſie von der Nervenbewegung (h), die
von der Einbildungskraft entſteht, unterſcheidet. Er hat
mit Augen geſehen, wie dieſelbe uͤbermaͤßig werden koͤnne,
und es hat dieſes Uebermaas Boerhaave nach gedach-
tem Schriftſteller die Rraft des Jukkens (i) genannt.
Walther Charleton gibt von ihr keine unebene Beſchrei-
bung, wenn er ſie eine natuͤrliche Empfindung, ſich bei
verdrieslichen Beruͤhrungen zuſammenzuziehen, nennt (k).
Es beſchreibt Lorenz Bellin die Zuſammenziehungs-
kraft weitleuftig, welche von ſcharfen Dingen erwekkt
wird, ſich von den Urſachen der Beſchwerlichkeit loszuma-
chen ſucht, zu dem Ende die Muſkeln in Bewegung ſezzt,
den Zulauf des Blutes beſchleunigt, eine Entzuͤndung,
Ableitung, und Ausleerung vornimmt, und dieſes alles
laͤſt derſelbe, der Hipoteſe gemaͤs, ganz mechaniſch, aber
ohne Verſuche geſchehen (l). Auſſerdem ſcheinet ſowohl
dieſer beruͤmte Mann als deſſen Nachfolger, die lebendige
Kraft des Zuſammenziehens von der todten, und dieſe
von der, von den Nerven abhaͤngenden, nicht hinlaͤng-
lich genung zu unterſcheiden.
Solchergeſtalt hat es auch das Anſehn, daß des
Stahls ſein Tonus gar artig zu der Reizbarkeit gezogen
werden koͤnne, da er mit Grunde ſchreibt, daß dieſe Ton-
bewe-
(f*)
l. c. p. 147. 148. 169.
(f**) pag. 148.
(g) C. 9. p. 170.
(h) C. 8. p. 157. eqq. 169.
(i)
pag. 173.
(k) pag. 148. 149.
(l) de ſtimulis et de ſanguinis
miſſione.
C 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/53>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.