Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

Thierische Bewegung. XI. Buch.
bewegung, von der obenein hinzukommenden Nervenbe-
wegung, verstärkt und grösser gemacht werde (m). Dem-
ohngeachtet schreibt doch dieser Arzt seinen Tonus nicht
nur allen und jeden Theilen in einem Thiere, sondern
auch insonderheit den Pareuchimatibus (Mittelsubstanzen,
zwischen Fleisch und Blut) zu, ja, er lehret ausserdem,
daß derselbe von der Seele beherrscht und die Fasern
von der Seele gespannt, oder nachgelassen werden.

Fast eben dieses ist auch die Lebenskraft des Sorters
(n), welche ebenfalls allen Fasern gemein sein soll. Die
Oscillation (Schwingung), wie sie Boerhaave (o)
nennt, weicht nicht sehr von unsrer Kraft ab, nur daß
dieser vortrefliche Mann, die Kraft der Nerven, an kei-
nem Orte von der Muskelkraft absondert. So nennt
auch Friederich Winter (p) die Reizbarkeit ein Princi-
pium der Bewegung, und er geht in so fern von uns ab,
daß er lehrt, sie habe ihren Sizz in den Nerven, und
werde von dem Reize des Geistes zur Bewegung veranlast.

Als hierauf meine Versuche bekannt wurden, so ge-
wann die Reizbarkeit plötzlich ein so grosses Ansehn, daß
man von derselben im menschlichen Körper überhaupt alle
Bewegungen des Lebens, und die unwillkürliche Bewe-
gungen (q) oder wenigftens doch die meresten darunter
(r), sonderlich die Schläge des Herzens (s) herleitete.

So-
(m) [Spaltenumbruch] pag. 548. Dieses ist auch
beinahe die Meinung des berümten
KRüGERI diff. elat. et toni,
pag.
15.
(n) de motu vitali.
(o) de viribus medicam. p. 140.
(p) Orat. inaug. p. 80. 82. 85.
(q) Idem ibid. p. 88. 89. PAR-
SONS
musc. mot. pag. 64. 65.
ZIMMERM add. BIKKER.
p. 60. CIGNA n. 2. p. 272.
v. GEUNS p. 36. ANDREAE
p. 45. J. Vinc. PETRINI in
[Spaltenumbruch] praef. n.
304. Die Reizbarkeit ist
die Natur selbst BIKKER p.
47. 48. J. MAN. de natura ho-
min. p. 10. Est euormoun GAU-
BIUS
p.
75. 76. 77.
(r) Die unwillkürlichen, und die
Bewegungen des Lebens, WHYTT
p. 325. KRüGER etc.
(s) CARRERE p. 14. KRü-
GER
Grundriß etc. n. 20. PAR-
SONS
I. C.
Die Bewegung
der Holader hängt von selbiger ab.
CARRERE p. 12.

Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
bewegung, von der obenein hinzukommenden Nervenbe-
wegung, verſtaͤrkt und groͤſſer gemacht werde (m). Dem-
ohngeachtet ſchreibt doch dieſer Arzt ſeinen Tonus nicht
nur allen und jeden Theilen in einem Thiere, ſondern
auch inſonderheit den Pareuchimatibus (Mittelſubſtanzen,
zwiſchen Fleiſch und Blut) zu, ja, er lehret auſſerdem,
daß derſelbe von der Seele beherrſcht und die Faſern
von der Seele geſpannt, oder nachgelaſſen werden.

Faſt eben dieſes iſt auch die Lebenskraft des Sorters
(n), welche ebenfalls allen Faſern gemein ſein ſoll. Die
Oſcillation (Schwingung), wie ſie Boerhaave (o)
nennt, weicht nicht ſehr von unſrer Kraft ab, nur daß
dieſer vortrefliche Mann, die Kraft der Nerven, an kei-
nem Orte von der Muſkelkraft abſondert. So nennt
auch Friederich Winter (p) die Reizbarkeit ein Princi-
pium der Bewegung, und er geht in ſo fern von uns ab,
daß er lehrt, ſie habe ihren Sizz in den Nerven, und
werde von dem Reize des Geiſtes zur Bewegung veranlaſt.

Als hierauf meine Verſuche bekannt wurden, ſo ge-
wann die Reizbarkeit ploͤtzlich ein ſo groſſes Anſehn, daß
man von derſelben im menſchlichen Koͤrper uͤberhaupt alle
Bewegungen des Lebens, und die unwillkuͤrliche Bewe-
gungen (q) oder wenigftens doch die mereſten darunter
(r), ſonderlich die Schlaͤge des Herzens (s) herleitete.

So-
(m) [Spaltenumbruch] pag. 548. Dieſes iſt auch
beinahe die Meinung des beruͤmten
KRüGERI diff. elat. et toni,
pag.
15.
(n) de motu vitali.
(o) de viribus medicam. p. 140.
(p) Orat. inaug. p. 80. 82. 85.
(q) Idem ibid. p. 88. 89. PAR-
SONS
muſc. mot. pag. 64. 65.
ZIMMERM add. BIKKER.
p. 60. CIGNA n. 2. p. 272.
v. GEUNS p. 36. ANDREÆ
p. 45. J. Vinc. PETRINI in
[Spaltenumbruch] præf. n.
304. Die Reizbarkeit iſt
die Natur ſelbſt BIKKER p.
47. 48. J. MAN. de natura ho-
min. p. 10. Eſt ευορμουν GAU-
BIUS
p.
75. 76. 77.
(r) Die unwillkuͤrlichen, und die
Bewegungen des Lebens, WHYTT
p. 325. KRüGER etc.
(s) CARRERE p. 14. KRü-
GER
Grundriß ꝛc. n. 20. PAR-
SONS
I. C.
Die Bewegung
der Holader haͤngt von ſelbiger ab.
CARRERE p. 12.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0054" n="36"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Thieri&#x017F;che Bewegung. <hi rendition="#aq">XI.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
bewegung, von der obenein hinzukommenden Nervenbe-<lb/>
wegung, ver&#x017F;ta&#x0364;rkt und gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er gemacht werde <note place="foot" n="(m)"><cb/><hi rendition="#aq">pag.</hi> 548. Die&#x017F;es i&#x017F;t auch<lb/>
beinahe die Meinung des beru&#x0364;mten<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">KRüGERI</hi> diff. elat. et toni,<lb/>
pag.</hi> 15.</note>. Dem-<lb/>
ohngeachtet &#x017F;chreibt doch die&#x017F;er Arzt &#x017F;einen Tonus nicht<lb/>
nur allen und jeden Theilen in einem Thiere, &#x017F;ondern<lb/>
auch in&#x017F;onderheit den Pareuchimatibus (Mittel&#x017F;ub&#x017F;tanzen,<lb/>
zwi&#x017F;chen Flei&#x017F;ch und Blut) zu, ja, er lehret au&#x017F;&#x017F;erdem,<lb/>
daß der&#x017F;elbe von der Seele beherr&#x017F;cht und die Fa&#x017F;ern<lb/>
von der Seele ge&#x017F;pannt, oder nachgela&#x017F;&#x017F;en werden.</p><lb/>
          <p>Fa&#x017F;t eben die&#x017F;es i&#x017F;t auch die Lebenskraft des <hi rendition="#fr">Sorters</hi><lb/><note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq">de motu vitali.</hi></note>, welche ebenfalls allen Fa&#x017F;ern gemein &#x017F;ein &#x017F;oll. Die<lb/>
O&#x017F;cillation (Schwingung), wie &#x017F;ie <hi rendition="#fr">Boerhaave</hi> <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#aq">de viribus medicam. p.</hi> 140.</note><lb/>
nennt, weicht nicht &#x017F;ehr von un&#x017F;rer Kraft ab, nur daß<lb/>
die&#x017F;er vortrefliche Mann, die Kraft der Nerven, an kei-<lb/>
nem Orte von der Mu&#x017F;kelkraft ab&#x017F;ondert. So nennt<lb/>
auch Friederich <hi rendition="#fr">Winter</hi> <note place="foot" n="(p)"><hi rendition="#aq">Orat. inaug. p.</hi> 80. 82. 85.</note> die Reizbarkeit ein Princi-<lb/>
pium der Bewegung, und er geht in &#x017F;o fern von uns ab,<lb/>
daß er lehrt, &#x017F;ie habe ihren Sizz in den Nerven, und<lb/>
werde von dem Reize des Gei&#x017F;tes zur Bewegung veranla&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Als hierauf meine Ver&#x017F;uche bekannt wurden, &#x017F;o ge-<lb/>
wann die Reizbarkeit plo&#x0364;tzlich ein &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;es An&#x017F;ehn, daß<lb/>
man von der&#x017F;elben im men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rper u&#x0364;berhaupt alle<lb/>
Bewegungen des Lebens, und die unwillku&#x0364;rliche Bewe-<lb/>
gungen <note place="foot" n="(q)"><hi rendition="#aq">Idem ibid. p. 88. 89. <hi rendition="#g">PAR-<lb/>
SONS</hi> mu&#x017F;c. mot. pag. 64. 65.<lb/><hi rendition="#g">ZIMMERM</hi> add. <hi rendition="#g">BIKKER.</hi><lb/>
p. 60. <hi rendition="#g">CIGNA</hi> n. 2. p. 272.<lb/>
v. <hi rendition="#g">GEUNS</hi> p. 36. <hi rendition="#g">ANDREÆ</hi><lb/>
p. 45. J. Vinc. <hi rendition="#g">PETRINI</hi> in<lb/><cb/>
præf. n.</hi> 304. Die Reizbarkeit i&#x017F;t<lb/>
die Natur &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BIKKER</hi> p.<lb/>
47. 48. J. <hi rendition="#g">MAN.</hi> de natura ho-<lb/>
min. p. 10. E&#x017F;t &#x03B5;&#x03C5;&#x03BF;&#x03C1;&#x03BC;&#x03BF;&#x03C5;&#x03BD; <hi rendition="#g">GAU-<lb/>
BIUS</hi> p.</hi> 75. 76. 77.</note> oder wenigftens doch die mere&#x017F;ten darunter<lb/><note place="foot" n="(r)">Die unwillku&#x0364;rlichen, und die<lb/>
Bewegungen des Lebens, <hi rendition="#aq">WHYTT<lb/>
p. 325. <hi rendition="#g">KRüGER</hi> etc.</hi></note>, &#x017F;onderlich die Schla&#x0364;ge des Herzens <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CARRERE</hi> p. 14. <hi rendition="#g">KRü-<lb/>
GER</hi></hi> Grundriß &#xA75B;c. <hi rendition="#aq">n. 20. <hi rendition="#g">PAR-<lb/>
SONS</hi> I. C.</hi> Die Bewegung<lb/>
der Holader ha&#x0364;ngt von &#x017F;elbiger ab.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CARRERE</hi> p.</hi> 12.</note> herleitete.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">So-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0054] Thieriſche Bewegung. XI. Buch. bewegung, von der obenein hinzukommenden Nervenbe- wegung, verſtaͤrkt und groͤſſer gemacht werde (m). Dem- ohngeachtet ſchreibt doch dieſer Arzt ſeinen Tonus nicht nur allen und jeden Theilen in einem Thiere, ſondern auch inſonderheit den Pareuchimatibus (Mittelſubſtanzen, zwiſchen Fleiſch und Blut) zu, ja, er lehret auſſerdem, daß derſelbe von der Seele beherrſcht und die Faſern von der Seele geſpannt, oder nachgelaſſen werden. Faſt eben dieſes iſt auch die Lebenskraft des Sorters (n), welche ebenfalls allen Faſern gemein ſein ſoll. Die Oſcillation (Schwingung), wie ſie Boerhaave (o) nennt, weicht nicht ſehr von unſrer Kraft ab, nur daß dieſer vortrefliche Mann, die Kraft der Nerven, an kei- nem Orte von der Muſkelkraft abſondert. So nennt auch Friederich Winter (p) die Reizbarkeit ein Princi- pium der Bewegung, und er geht in ſo fern von uns ab, daß er lehrt, ſie habe ihren Sizz in den Nerven, und werde von dem Reize des Geiſtes zur Bewegung veranlaſt. Als hierauf meine Verſuche bekannt wurden, ſo ge- wann die Reizbarkeit ploͤtzlich ein ſo groſſes Anſehn, daß man von derſelben im menſchlichen Koͤrper uͤberhaupt alle Bewegungen des Lebens, und die unwillkuͤrliche Bewe- gungen (q) oder wenigftens doch die mereſten darunter (r), ſonderlich die Schlaͤge des Herzens (s) herleitete. So- (m) pag. 548. Dieſes iſt auch beinahe die Meinung des beruͤmten KRüGERI diff. elat. et toni, pag. 15. (n) de motu vitali. (o) de viribus medicam. p. 140. (p) Orat. inaug. p. 80. 82. 85. (q) Idem ibid. p. 88. 89. PAR- SONS muſc. mot. pag. 64. 65. ZIMMERM add. BIKKER. p. 60. CIGNA n. 2. p. 272. v. GEUNS p. 36. ANDREÆ p. 45. J. Vinc. PETRINI in præf. n. 304. Die Reizbarkeit iſt die Natur ſelbſt BIKKER p. 47. 48. J. MAN. de natura ho- min. p. 10. Eſt ευορμουν GAU- BIUS p. 75. 76. 77. (r) Die unwillkuͤrlichen, und die Bewegungen des Lebens, WHYTT p. 325. KRüGER etc. (s) CARRERE p. 14. KRü- GER Grundriß ꝛc. n. 20. PAR- SONS I. C. Die Bewegung der Holader haͤngt von ſelbiger ab. CARRERE p. 12.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/54
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/54>, abgerufen am 21.11.2024.