mer würde dieses Uebel sein, wenn die in der blin- den Trummel (i*) eingeschlossene Luft, mit ihrer völ- ligen Gewalt, denen durch den Gehörgang kommen- den Wellen widerstünde, von denen sie zusammen- gedrukkt wird. Allein jezzo kann sie durch die Trom- pete ausweichen.
Man hat auch geglaubt, daß die äusserliche Luft auf diesem Wege zur Trummel käme: theils um die Luft dieser Höle durch ein frisches Element anzufrischen, da- mit sie nicht bei Einbüssung der Schnellkraft unnüzze werde; theils damit diese Luft mit der äussern einerlei Elasticität bekomme (k).
Wir würden nämlich viel zu scharf hören, wofern die Luft der Atmosphär schwer, und indessen die Luft in der Trummel leicht wäre; und es würde im Gegentheil unsere Empfindung stumpf werden, wenn die Atmosphär so leicht wäre, wie wenn man Berge besteigt, und die Luft in uns so dichte bliebe, wie sie an den Seeküsten ist. Nun wird aber, wenn wir einathmen, die Luft der Trummel mit der äussern Luft einerlei.
Man sagt auch, die Luft würde in der Trummel warm, und verdünnt, und sie widerstünde also der Luft, welche durch den Gehörgang mit Bebungen ankäme. Diese Wärme mäßige die Luft, welche wir eben durch die Nafe und Trompete in uns zögen (l).
Daß
(i*)[Spaltenumbruch]BOERHAAVE, pag. 417. REUSNER, obseruat. 45. HILDA- NUS, obs. 5. 6. 7. L. III. Da- bei kömmt eine Betrachtung von einer Taubheit vor, die vom Klange einer grossen Glokke ent- standen. Glökkner und Feuer- werker hören ein kleines Getöse nicht, besiehe davon WOLFS Würkungen p. 700. Die Alten sagten, daß die Leute am Nil- fall taub würden. Vom Blizze, [Spaltenumbruch]
und Donner ging das Gehör ver- loren; siehe die Fränk. Anmerk. T. V. p. 176. Auf einem Ohre wurde Jemand taub, nach dem RIVIN, l. c. p. 16.
(k) Damit sie sich weder zu sehr verdünne, noch verdichte. SENAC, Mem de l' Acad. 1724. p. 254.
(l)BOERHAAVE, praelect. L. IV. p. 380.
Das Gehoͤr. XV. Buch.
mer wuͤrde dieſes Uebel ſein, wenn die in der blin- den Trummel (i*) eingeſchloſſene Luft, mit ihrer voͤl- ligen Gewalt, denen durch den Gehoͤrgang kommen- den Wellen widerſtuͤnde, von denen ſie zuſammen- gedrukkt wird. Allein jezzo kann ſie durch die Trom- pete ausweichen.
Man hat auch geglaubt, daß die aͤuſſerliche Luft auf dieſem Wege zur Trummel kaͤme: theils um die Luft dieſer Hoͤle durch ein friſches Element anzufriſchen, da- mit ſie nicht bei Einbuͤſſung der Schnellkraft unnuͤzze werde; theils damit dieſe Luft mit der aͤuſſern einerlei Elaſticitaͤt bekomme (k).
Wir wuͤrden naͤmlich viel zu ſcharf hoͤren, wofern die Luft der Atmoſphaͤr ſchwer, und indeſſen die Luft in der Trummel leicht waͤre; und es wuͤrde im Gegentheil unſere Empfindung ſtumpf werden, wenn die Atmoſphaͤr ſo leicht waͤre, wie wenn man Berge beſteigt, und die Luft in uns ſo dichte bliebe, wie ſie an den Seekuͤſten iſt. Nun wird aber, wenn wir einathmen, die Luft der Trummel mit der aͤuſſern Luft einerlei.
Man ſagt auch, die Luft wuͤrde in der Trummel warm, und verduͤnnt, und ſie widerſtuͤnde alſo der Luft, welche durch den Gehoͤrgang mit Bebungen ankaͤme. Dieſe Waͤrme maͤßige die Luft, welche wir eben durch die Nafe und Trompete in uns zoͤgen (l).
Daß
(i*)[Spaltenumbruch]BOERHAAVE, pag. 417. REUSNER, obſeruat. 45. HILDA- NUS, obſ. 5. 6. 7. L. III. Da- bei koͤmmt eine Betrachtung von einer Taubheit vor, die vom Klange einer groſſen Glokke ent- ſtanden. Gloͤkkner und Feuer- werker hoͤren ein kleines Getoͤſe nicht, beſiehe davon WOLFS Wuͤrkungen p. 700. Die Alten ſagten, daß die Leute am Nil- fall taub wuͤrden. Vom Blizze, [Spaltenumbruch]
und Donner ging das Gehoͤr ver- loren; ſiehe die Fränk. Anmerk. T. V. p. 176. Auf einem Ohre wurde Jemand taub, nach dem RIVIN, l. c. p. 16.
(k) Damit ſie ſich weder zu ſehr verduͤnne, noch verdichte. SENAC, Mem de l’ Acad. 1724. p. 254.
(l)BOERHAAVE, praelect. L. IV. p. 380.
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mer wuͤrde dieſes Uebel ſein, wenn die in der blin-
den Trummel (i*) eingeſchloſſene Luft, mit ihrer voͤl-
ligen Gewalt, denen durch den Gehoͤrgang kommen-
den Wellen widerſtuͤnde, von denen ſie zuſammen-
gedrukkt wird. Allein jezzo kann ſie durch die Trom-
pete ausweichen.
Man hat auch geglaubt, daß die aͤuſſerliche Luft auf
dieſem Wege zur Trummel kaͤme: theils um die Luft
dieſer Hoͤle durch ein friſches Element anzufriſchen, da-
mit ſie nicht bei Einbuͤſſung der Schnellkraft unnuͤzze
werde; theils damit dieſe Luft mit der aͤuſſern einerlei
Elaſticitaͤt bekomme (k).
Wir wuͤrden naͤmlich viel zu ſcharf hoͤren, wofern
die Luft der Atmoſphaͤr ſchwer, und indeſſen die Luft in
der Trummel leicht waͤre; und es wuͤrde im Gegentheil
unſere Empfindung ſtumpf werden, wenn die Atmoſphaͤr
ſo leicht waͤre, wie wenn man Berge beſteigt, und die
Luft in uns ſo dichte bliebe, wie ſie an den Seekuͤſten
iſt. Nun wird aber, wenn wir einathmen, die Luft der
Trummel mit der aͤuſſern Luft einerlei.
Man ſagt auch, die Luft wuͤrde in der Trummel
warm, und verduͤnnt, und ſie widerſtuͤnde alſo der Luft,
welche durch den Gehoͤrgang mit Bebungen ankaͤme.
Dieſe Waͤrme maͤßige die Luft, welche wir eben durch
die Nafe und Trompete in uns zoͤgen (l).
Daß
(i*)
BOERHAAVE, pag. 417.
REUSNER, obſeruat. 45. HILDA-
NUS, obſ. 5. 6. 7. L. III. Da-
bei koͤmmt eine Betrachtung von
einer Taubheit vor, die vom
Klange einer groſſen Glokke ent-
ſtanden. Gloͤkkner und Feuer-
werker hoͤren ein kleines Getoͤſe
nicht, beſiehe davon WOLFS
Wuͤrkungen p. 700. Die Alten
ſagten, daß die Leute am Nil-
fall taub wuͤrden. Vom Blizze,
und Donner ging das Gehoͤr ver-
loren; ſiehe die Fränk. Anmerk.
T. V. p. 176. Auf einem Ohre
wurde Jemand taub, nach dem
RIVIN, l. c. p. 16.
(k) Damit ſie ſich weder zu
ſehr verduͤnne, noch verdichte.
SENAC, Mem de l’ Acad. 1724.
p. 254.
(l) BOERHAAVE, praelect. L.
IV. p. 380.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 678. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/696>, abgerufen am 22.11.2024.
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