in der Schlange, der Eidechse und andern zarten Thieren, während des Zusammenziehens blas, und im Nachlassen wieder rot. Man weis aber mehr als zu gewis, daß diese Röte nicht von der Aufname des Geblütes in die Gefässe des Herzens, sondern in die Hölung selbst, und von der Blutwelle herrühre, welche das Herzohr in die Kammer getrieben. Und so entsteht die Blässe wieder, wenn diese Welle, die die Herzhöle von sich gestossen, in die Schlagader übertritt.
Folglich verändert sich am Herzen der grossen Thiere (m), welches viele Faserschichten an sich trägt, und seine eigene Röte in seinem Fleische hat, die Farbe nicht im geringsten, es mag sich das Herz zusammenziehen, oder erschlaffen. Es scheinet nämlich, in einem dergleichen Her- zen, die in die Kammer aufgenommene Welle nicht durch das dikke Fleisch durch, folglich macht weder ihre Einnah- me Röte, noch ihre Ausströmung Blässe. An einem Hühngen wird das Herz, bevor es aus der Schale gekro- chen, wechselsweise bleich und rot, aber dieses wiederfäh- ret keinem ausgekrochnen Hühngen (n).
Endlich hat die Gewalt der Warheit berümte Män- ner dahin gebracht, daß sie die bleiche Farbe des Herzens dem Blute zuschreiben, welches aus den Kammern getrie- ben wird (o), und daß sie das Geständniß ablegen, wie die Muskeln (p), auch nicht einmal an lebendigen Men- schen, bleich werden, wenn man sie zufälliger Weise ent- blöst siehet (q). Wir hegen die gute Hofnung von der Aufrichtigkeit dieser Männer, daß auch andre nach und nach, welche zur Zeit noch dem falschen Wahne anhän- gen, ihrem Beyspiele folgen werden.
§. 22.
(m)[Spaltenumbruch]L. IV. p. 369.
(n)sur le poulet, obs. 255. 264. 268. 269.
(o)KAAUW impet. fac. n. 301. WINTER de motu musc. pag. 35.
(p)[Spaltenumbruch]KAAUW n. 301. WIN- TER ibid. KUHNBAUM de respir. p. 15. Abhandlung vom Nervensafte, Physiolog. Amstel. edita p. 403.
(q)OSTERDYCK de motu musc. p. 16.
Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
in der Schlange, der Eidechſe und andern zarten Thieren, waͤhrend des Zuſammenziehens blas, und im Nachlaſſen wieder rot. Man weis aber mehr als zu gewis, daß dieſe Roͤte nicht von der Aufname des Gebluͤtes in die Gefaͤſſe des Herzens, ſondern in die Hoͤlung ſelbſt, und von der Blutwelle herruͤhre, welche das Herzohr in die Kammer getrieben. Und ſo entſteht die Blaͤſſe wieder, wenn dieſe Welle, die die Herzhoͤle von ſich geſtoſſen, in die Schlagader uͤbertritt.
Folglich veraͤndert ſich am Herzen der groſſen Thiere (m), welches viele Faſerſchichten an ſich traͤgt, und ſeine eigene Roͤte in ſeinem Fleiſche hat, die Farbe nicht im geringſten, es mag ſich das Herz zuſammenziehen, oder erſchlaffen. Es ſcheinet naͤmlich, in einem dergleichen Her- zen, die in die Kammer aufgenommene Welle nicht durch das dikke Fleiſch durch, folglich macht weder ihre Einnah- me Roͤte, noch ihre Ausſtroͤmung Blaͤſſe. An einem Huͤhngen wird das Herz, bevor es aus der Schale gekro- chen, wechſelsweiſe bleich und rot, aber dieſes wiederfaͤh- ret keinem ausgekrochnen Huͤhngen (n).
Endlich hat die Gewalt der Warheit beruͤmte Maͤn- ner dahin gebracht, daß ſie die bleiche Farbe des Herzens dem Blute zuſchreiben, welches aus den Kammern getrie- ben wird (o), und daß ſie das Geſtaͤndniß ablegen, wie die Muſkeln (p), auch nicht einmal an lebendigen Men- ſchen, bleich werden, wenn man ſie zufaͤlliger Weiſe ent- bloͤſt ſiehet (q). Wir hegen die gute Hofnung von der Aufrichtigkeit dieſer Maͤnner, daß auch andre nach und nach, welche zur Zeit noch dem falſchen Wahne anhaͤn- gen, ihrem Beyſpiele folgen werden.
§. 22.
(m)[Spaltenumbruch]L. IV. p. 369.
(n)ſur le poulet, obſ. 255. 264. 268. 269.
(o)KAAUW impet. fac. n. 301. WINTER de motu muſc. pag. 35.
(p)[Spaltenumbruch]KAAUW n. 301. WIN- TER ibid. KUHNBAUM de reſpir. p. 15. Abhandlung vom Nervenſafte, Phyſiolog. Amſtel. edita p. 403.
(q)OSTERDYCK de motu muſc. p. 16.
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Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
in der Schlange, der Eidechſe und andern zarten Thieren,
waͤhrend des Zuſammenziehens blas, und im Nachlaſſen
wieder rot. Man weis aber mehr als zu gewis, daß
dieſe Roͤte nicht von der Aufname des Gebluͤtes in die
Gefaͤſſe des Herzens, ſondern in die Hoͤlung ſelbſt, und
von der Blutwelle herruͤhre, welche das Herzohr in die
Kammer getrieben. Und ſo entſteht die Blaͤſſe wieder,
wenn dieſe Welle, die die Herzhoͤle von ſich geſtoſſen, in
die Schlagader uͤbertritt.
Folglich veraͤndert ſich am Herzen der groſſen Thiere
(m), welches viele Faſerſchichten an ſich traͤgt, und ſeine
eigene Roͤte in ſeinem Fleiſche hat, die Farbe nicht im
geringſten, es mag ſich das Herz zuſammenziehen, oder
erſchlaffen. Es ſcheinet naͤmlich, in einem dergleichen Her-
zen, die in die Kammer aufgenommene Welle nicht durch
das dikke Fleiſch durch, folglich macht weder ihre Einnah-
me Roͤte, noch ihre Ausſtroͤmung Blaͤſſe. An einem
Huͤhngen wird das Herz, bevor es aus der Schale gekro-
chen, wechſelsweiſe bleich und rot, aber dieſes wiederfaͤh-
ret keinem ausgekrochnen Huͤhngen (n).
Endlich hat die Gewalt der Warheit beruͤmte Maͤn-
ner dahin gebracht, daß ſie die bleiche Farbe des Herzens
dem Blute zuſchreiben, welches aus den Kammern getrie-
ben wird (o), und daß ſie das Geſtaͤndniß ablegen, wie
die Muſkeln (p), auch nicht einmal an lebendigen Men-
ſchen, bleich werden, wenn man ſie zufaͤlliger Weiſe ent-
bloͤſt ſiehet (q). Wir hegen die gute Hofnung von der
Aufrichtigkeit dieſer Maͤnner, daß auch andre nach und
nach, welche zur Zeit noch dem falſchen Wahne anhaͤn-
gen, ihrem Beyſpiele folgen werden.
§. 22.
(m)
L. IV. p. 369.
(n) ſur le poulet, obſ. 255. 264.
268. 269.
(o) KAAUW impet. fac. n.
301. WINTER de motu muſc.
pag. 35.
(p)
KAAUW n. 301. WIN-
TER ibid. KUHNBAUM de
reſpir. p. 15. Abhandlung vom
Nervenſafte, Phyſiolog. Amſtel.
edita p. 403.
(q) OSTERDYCK de motu
muſc. p. 16.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/78>, abgerufen am 21.11.2024.
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