Fuß weit unter einem Winkel von drittehalb Secunden gesehen wird, weitere Folgerungen zieht, so findet er, was den Menschen betrift Theil eines Zolles (x). Endlich folgt aus unserer Beobachtung eine Subtilität, welche alles vorige übertrift.
Berühmte Männer glauben (y), daß eben dieses auch die Kleinheit einer Faser in der Nezzhaut sei, weil es ih- nen bequem deucht, daß ein einziger und ganzer Ner- venfaden auch von einem einzigen Bilde eingenommen werde. Sie reden dahero von einem so unsichtbaren Fa- den, welcher blos durch den Verstand ausgemessen wer- den kann: Denn es sind die Fäden der Nezzhaut groß, deutlich zu sehen, und doch nicht eben sehr viel kleiner als ein Kopf war, im Schleien sehr dikk, und im Haa- sen sehr zart.
§. 7. Dieses Bild erscheint verkehrt.
Da die, aus dem Ende eines sichtbaren Objects ge- zogene Linien convergiren, und sich in eine ganz kleine Li- nie vereinigen müssen (z), so kann man nicht vermeiden, daß nicht der mittlere Strahl, welcher die Sehachse ge- nennet wird, von dem rechten Ende gegen das linke En- de des Bildes, und derjenige, welcher von dem linken Ende dieses Objects kömmt, nach dem rechten laufen solte (a). Daher mahlt sich auch in dem künstlich nachgemach- ten Auge (b), oder in dem Auge eines jeden Thieres (b*),
wie
(x)[Spaltenumbruch]L. c.
(y)PORTERFIELD l. c. p. 63. MONRO on nerves CLIFFORD of the exility &c p. 20.
(z)pag. 467.
(a)MUSSCHENBROECK t. 16. f. 9. STURM colleg. curios. pag. 13. &c.
(b) An der Camera Obscur. CHEINER p. 135. Hamb. Magaz. [Spaltenumbruch]
T. XXIV. Am künstlichen Auge, STURM de presbyop. & onyop. p. 22. CAMER. de visione p. 2. Unrecht läugnet es GOTTSCHED de visus modo fiend.
(b*)STURM. ocul. Teoskop. p. 12. Am Ochsen, WOLF. Ver- suche T. III. p. 111. An der Kazze HOOKE ap. BIRCH. T. III. p. 500. Am Kalbe NOLLET lecons T. V. pag. 101.
P p p 4
IV. Abſchnitt. Das Sehen.
Fuß weit unter einem Winkel von drittehalb Secunden geſehen wird, weitere Folgerungen zieht, ſo findet er, was den Menſchen betrift Theil eines Zolles (x). Endlich folgt aus unſerer Beobachtung eine Subtilitaͤt, welche alles vorige uͤbertrift.
Beruͤhmte Maͤnner glauben (y), daß eben dieſes auch die Kleinheit einer Faſer in der Nezzhaut ſei, weil es ih- nen bequem deucht, daß ein einziger und ganzer Ner- venfaden auch von einem einzigen Bilde eingenommen werde. Sie reden dahero von einem ſo unſichtbaren Fa- den, welcher blos durch den Verſtand ausgemeſſen wer- den kann: Denn es ſind die Faͤden der Nezzhaut groß, deutlich zu ſehen, und doch nicht eben ſehr viel kleiner als ein Kopf war, im Schleien ſehr dikk, und im Haa- ſen ſehr zart.
§. 7. Dieſes Bild erſcheint verkehrt.
Da die, aus dem Ende eines ſichtbaren Objects ge- zogene Linien convergiren, und ſich in eine ganz kleine Li- nie vereinigen muͤſſen (z), ſo kann man nicht vermeiden, daß nicht der mittlere Strahl, welcher die Sehachſe ge- nennet wird, von dem rechten Ende gegen das linke En- de des Bildes, und derjenige, welcher von dem linken Ende dieſes Objects koͤmmt, nach dem rechten laufen ſolte (a). Daher mahlt ſich auch in dem kuͤnſtlich nachgemach- ten Auge (b), oder in dem Auge eines jeden Thieres (b*),
wie
(x)[Spaltenumbruch]L. c.
(y)PORTERFIELD l. c. p. 63. MONRO on nerves CLIFFORD of the exility &c p. 20.
(z)pag. 467.
(a)MUSSCHENBROECK t. 16. f. 9. STURM colleg. curioſ. pag. 13. &c.
(b) An der Camera Obſcur. CHEINER p. 135. Hamb. Magaz. [Spaltenumbruch]
T. XXIV. Am kuͤnſtlichen Auge, STURM de presbyop. & onyop. p. 22. CAMER. de viſione p. 2. Unrecht laͤugnet es GOTTSCHED de viſus modo fiend.
(b*)STURM. ocul. Teoskop. p. 12. Am Ochſen, WOLF. Ver- ſuche T. III. p. 111. An der Kazze HOOKE ap. BIRCH. T. III. p. 500. Am Kalbe NOLLET leçons T. V. pag. 101.
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IV. Abſchnitt. Das Sehen.
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Endlich folgt aus unſerer Beobachtung eine Subtilitaͤt,
welche alles vorige uͤbertrift.
Beruͤhmte Maͤnner glauben (y), daß eben dieſes auch
die Kleinheit einer Faſer in der Nezzhaut ſei, weil es ih-
nen bequem deucht, daß ein einziger und ganzer Ner-
venfaden auch von einem einzigen Bilde eingenommen
werde. Sie reden dahero von einem ſo unſichtbaren Fa-
den, welcher blos durch den Verſtand ausgemeſſen wer-
den kann: Denn es ſind die Faͤden der Nezzhaut groß,
deutlich zu ſehen, und doch nicht eben ſehr viel kleiner
als ein Kopf war, im Schleien ſehr dikk, und im Haa-
ſen ſehr zart.
§. 7.
Dieſes Bild erſcheint verkehrt.
Da die, aus dem Ende eines ſichtbaren Objects ge-
zogene Linien convergiren, und ſich in eine ganz kleine Li-
nie vereinigen muͤſſen (z), ſo kann man nicht vermeiden,
daß nicht der mittlere Strahl, welcher die Sehachſe ge-
nennet wird, von dem rechten Ende gegen das linke En-
de des Bildes, und derjenige, welcher von dem linken
Ende dieſes Objects koͤmmt, nach dem rechten laufen ſolte
(a). Daher mahlt ſich auch in dem kuͤnſtlich nachgemach-
ten Auge (b), oder in dem Auge eines jeden Thieres (b*),
wie
(x)
L. c.
(y) PORTERFIELD l. c. p. 63.
MONRO on nerves CLIFFORD
of the exility &c p. 20.
(z) pag. 467.
(a) MUSSCHENBROECK t. 16.
f. 9. STURM colleg. curioſ. pag.
13. &c.
(b) An der Camera Obſcur.
CHEINER p. 135. Hamb. Magaz.
T. XXIV. Am kuͤnſtlichen Auge,
STURM de presbyop. & onyop.
p. 22. CAMER. de viſione p. 2.
Unrecht laͤugnet es GOTTSCHED
de viſus modo fiend.
(b*) STURM. ocul. Teoskop.
p. 12. Am Ochſen, WOLF. Ver-
ſuche T. III. p. 111. An der Kazze
HOOKE ap. BIRCH. T. III. p. 500.
Am Kalbe NOLLET leçons T. V.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 967. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/985>, abgerufen am 22.11.2024.
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