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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Das Sehen. XVI. Buch.
wie auch der Nachteule (c), das Bild auf der Nezzhaut
verkehrt ab. Es rührt auch diese Umkehrung nicht von
der Crystallinse her (d): Denn ob dieselbe gleich in der
That wie leicht zu erweisen ist, verkehrt mahlt, nach Art
der Vergrösserungsgläser (e), so ändert sich doch im Au-
ge, wenn man die Linse heraus nimmt (f), und den Glaß-
körper allein behält, nichts in der Laage der Gegenstän-
de, und es kehren sich die Objecte eben sowol um.

Man hat vorlängst schon die Frage aufgeworfen, wie
die Seele in diesem Falle den in dem Werkzeuge des Kör-
pers eingewurzelten Jrrthum verbessere. Einige wollen,
daß der Betrug des Auges von dem Versuche des Füh-
lens verbessert werde (g), und gemeiniglich lehrt man die-
ses heut zu Tage so.

Andere wollen lieber, daß man nach einem gegebenen
Gesezze (h), Dinge recht sehe, weil die Seele die Objecte
nicht auf der Nezzhaut (i), sondern in derjenigen Stelle
und Laage sieht, von der die Strahlen herkommen (k).
Jn diesem Verstande erkläret George Berkley die Sache,
aus einerlei Gründen: Es seie die sichtbare Erde, und
die fühlbare Erde zwei verschiedene Dinge: Man sehe die-
se niedriger liegen, weil der Kopf eines aufrechtstehenden
Menschens, von derselben aufs weitste entfernt sei (l), es

wären
(c) [Spaltenumbruch] MALPIGH posth. pag. 151.
Jch habe den Versuch gemacht,
und es fällt freilich das Bild einer
kleinen Flamme auf die linke Sei-
te, wenn das Licht rechter Hand
vor dem Auge steht. Doch habe
ich niemals ein glänzend Bild sehen
können.
(d) Besiehe PEIRESC. vit. n. 292.
(e) Von der Linse, KEPLER.
prop. 44. S' GRAVEZANDE n.

3047. 2978. von Microscopio. S'
GRAVEZANDE n. 3184. &c.
(f) GAUTIER obss. T. IV. p.
160.
(g) HARTSOEKER dioptriq. p.
82. S' GRAVEZANDE n.
3101.
[Spaltenumbruch] SMITH popul. tracat n. 136. le
CAT p.
117.
(h) HOOKE l. c. p. 502.
(i) PORTERFIELD T. II. pag.
298. 329. 330. Hamburg. Magaz.
T. VIII. p.
426.
(k) SCHEINER. p. 215. ROU-
HAULT T. I. pag. 32. REGIS L.
VIII. c. 28. MOLINEUX ap. DER-
HAM. phys. theol. p. 113. MA-
RIOTTE P. I. Suppos. IV. CON-
DILLAC. des animaux pag. 46.
NOLLET lec. de phys. T. V. p.
104. seqq.
(l) Theory of vision p. 312.

Das Sehen. XVI. Buch.
wie auch der Nachteule (c), das Bild auf der Nezzhaut
verkehrt ab. Es ruͤhrt auch dieſe Umkehrung nicht von
der Cryſtallinſe her (d): Denn ob dieſelbe gleich in der
That wie leicht zu erweiſen iſt, verkehrt mahlt, nach Art
der Vergroͤſſerungsglaͤſer (e), ſo aͤndert ſich doch im Au-
ge, wenn man die Linſe heraus nimmt (f), und den Glaß-
koͤrper allein behaͤlt, nichts in der Laage der Gegenſtaͤn-
de, und es kehren ſich die Objecte eben ſowol um.

Man hat vorlaͤngſt ſchon die Frage aufgeworfen, wie
die Seele in dieſem Falle den in dem Werkzeuge des Koͤr-
pers eingewurzelten Jrrthum verbeſſere. Einige wollen,
daß der Betrug des Auges von dem Verſuche des Fuͤh-
lens verbeſſert werde (g), und gemeiniglich lehrt man die-
ſes heut zu Tage ſo.

Andere wollen lieber, daß man nach einem gegebenen
Geſezze (h), Dinge recht ſehe, weil die Seele die Objecte
nicht auf der Nezzhaut (i), ſondern in derjenigen Stelle
und Laage ſieht, von der die Strahlen herkommen (k).
Jn dieſem Verſtande erklaͤret George Berkley die Sache,
aus einerlei Gruͤnden: Es ſeie die ſichtbare Erde, und
die fuͤhlbare Erde zwei verſchiedene Dinge: Man ſehe die-
ſe niedriger liegen, weil der Kopf eines aufrechtſtehenden
Menſchens, von derſelben aufs weitſte entfernt ſei (l), es

waͤren
(c) [Spaltenumbruch] MALPIGH poſth. pag. 151.
Jch habe den Verſuch gemacht,
und es faͤllt freilich das Bild einer
kleinen Flamme auf die linke Sei-
te, wenn das Licht rechter Hand
vor dem Auge ſteht. Doch habe
ich niemals ein glaͤnzend Bild ſehen
koͤnnen.
(d) Beſiehe PEIRESC. vit. n. 292.
(e) Von der Linſe, KEPLER.
prop. 44. S’ GRAVEZANDE n.

3047. 2978. von Microſcopio. S’
GRAVEZANDE n. 3184. &c.
(f) GAUTIER obſſ. T. IV. p.
160.
(g) HARTSOEKER dioptriq. p.
82. S’ GRAVEZANDE n.
3101.
[Spaltenumbruch] SMITH popul. tracat n. 136. le
CAT p.
117.
(h) HOOKE l. c. p. 502.
(i) PORTERFIELD T. II. pag.
298. 329. 330. Hamburg. Magaz.
T. VIII. p.
426.
(k) SCHEINER. p. 215. ROU-
HAULT T. I. pag. 32. REGIS L.
VIII. c. 28. MOLINEUX ap. DER-
HAM. phyſ. theol. p. 113. MA-
RIOTTE P. I. Suppoſ. IV. CON-
DILLAC. des animaux pag. 46.
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[968/0986] Das Sehen. XVI. Buch. wie auch der Nachteule (c), das Bild auf der Nezzhaut verkehrt ab. Es ruͤhrt auch dieſe Umkehrung nicht von der Cryſtallinſe her (d): Denn ob dieſelbe gleich in der That wie leicht zu erweiſen iſt, verkehrt mahlt, nach Art der Vergroͤſſerungsglaͤſer (e), ſo aͤndert ſich doch im Au- ge, wenn man die Linſe heraus nimmt (f), und den Glaß- koͤrper allein behaͤlt, nichts in der Laage der Gegenſtaͤn- de, und es kehren ſich die Objecte eben ſowol um. Man hat vorlaͤngſt ſchon die Frage aufgeworfen, wie die Seele in dieſem Falle den in dem Werkzeuge des Koͤr- pers eingewurzelten Jrrthum verbeſſere. Einige wollen, daß der Betrug des Auges von dem Verſuche des Fuͤh- lens verbeſſert werde (g), und gemeiniglich lehrt man die- ſes heut zu Tage ſo. Andere wollen lieber, daß man nach einem gegebenen Geſezze (h), Dinge recht ſehe, weil die Seele die Objecte nicht auf der Nezzhaut (i), ſondern in derjenigen Stelle und Laage ſieht, von der die Strahlen herkommen (k). Jn dieſem Verſtande erklaͤret George Berkley die Sache, aus einerlei Gruͤnden: Es ſeie die ſichtbare Erde, und die fuͤhlbare Erde zwei verſchiedene Dinge: Man ſehe die- ſe niedriger liegen, weil der Kopf eines aufrechtſtehenden Menſchens, von derſelben aufs weitſte entfernt ſei (l), es waͤren (c) MALPIGH poſth. pag. 151. Jch habe den Verſuch gemacht, und es faͤllt freilich das Bild einer kleinen Flamme auf die linke Sei- te, wenn das Licht rechter Hand vor dem Auge ſteht. Doch habe ich niemals ein glaͤnzend Bild ſehen koͤnnen. (d) Beſiehe PEIRESC. vit. n. 292. (e) Von der Linſe, KEPLER. prop. 44. S’ GRAVEZANDE n. 3047. 2978. von Microſcopio. S’ GRAVEZANDE n. 3184. &c. (f) GAUTIER obſſ. T. IV. p. 160. (g) HARTSOEKER dioptriq. p. 82. S’ GRAVEZANDE n. 3101. SMITH popul. tracat n. 136. le CAT p. 117. (h) HOOKE l. c. p. 502. (i) PORTERFIELD T. II. pag. 298. 329. 330. Hamburg. Magaz. T. VIII. p. 426. (k) SCHEINER. p. 215. ROU- HAULT T. I. pag. 32. REGIS L. VIII. c. 28. MOLINEUX ap. DER- HAM. phyſ. theol. p. 113. MA- RIOTTE P. I. Suppoſ. IV. CON- DILLAC. des animaux pag. 46. NOLLET lec. de phyſ. T. V. p. 104. ſeqq. (l) Theory of viſion p. 312.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 968. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/986>, abgerufen am 22.11.2024.