wären ihr die Füsse am nächsten, sowol an der wirklichen Erde, und wirklichen Menschen, als an der sichtbaren Erde und den sichtbaren Menschen, die sich im Auge ab- mahleten. Es erscheinen die obern Punkte eines Objects in der That auf dem untersten Theile des Auges, abge- mahlt, aber doch deutlich, wenn man das Auge in die Höhe hebt, und die untern Punkte, wenn man herab sieht (m), da dieselben an dem obern Theile des Auges gemahlt sind. Wir nennen aber den Menschen aufrecht, dessen Kopf von der Erde den weitesten Abstand machet, und dessen Füsse der Erde am nächsten sind.
Diesen Säzzen zuwider, glaubt Nicolaus le Cat, es durch einen Versuch zeigen zu können, daß die Seele al- lerdings Sachen verkehrt sieht. Denn wenn man mit einem einzigen Auge ohne alle Aufmerksamkeit und An- strengung einen nichten Punkt betrachtet, und den Fin- ger, welchen man an der rechten Seite des offenen Au- ges hält, gegen die linke Hand bewegt, so scheine alsdann überhaupt der Finger (n), von der linken Seite gegen die rechte zu fahren, und so umgekehrt: und es zeige sich in einem andern Versuche eine kleine Nadel, welche man durch ein kleines Loch sehe (o), wirklich verkehrt, übri- gens sehe die Seele im Auge und nicht an der wahren Stelle, so wie sie es mit den Finger berührt (p).
Es macht diese Sache Schwierigkeiten, weil wir in einigen Exempeln grade sehen, in andern verkehrt: Und weil wir durch eine leichte Verdrehung des Auges, Dinge convex sehen, welche an Siegeln hohl sind, und im Gegen- theil, wenn man grade siehet, so wie gemeiniglich das Vergrösserungsglaß, bauchige Dinge hohl erscheinen läst (q), indem wir die Convexität von der Coneavität, blos durch die Laage des Schattens, auf der linken oder rech-
ten
(m)[Spaltenumbruch]pag. 299.
(n)pag. 419. 420.
(o)p. 507. 508. Besiehe auch SCHEINER p. 146. 147.
(p)[Spaltenumbruch]pag. 429.
(q)Phil. trans. n. 476. n. 50.
P p p 5
IV. Abſchnitt. Das Sehen.
waͤren ihr die Fuͤſſe am naͤchſten, ſowol an der wirklichen Erde, und wirklichen Menſchen, als an der ſichtbaren Erde und den ſichtbaren Menſchen, die ſich im Auge ab- mahleten. Es erſcheinen die obern Punkte eines Objects in der That auf dem unterſten Theile des Auges, abge- mahlt, aber doch deutlich, wenn man das Auge in die Hoͤhe hebt, und die untern Punkte, wenn man herab ſieht (m), da dieſelben an dem obern Theile des Auges gemahlt ſind. Wir nennen aber den Menſchen aufrecht, deſſen Kopf von der Erde den weiteſten Abſtand machet, und deſſen Fuͤſſe der Erde am naͤchſten ſind.
Dieſen Saͤzzen zuwider, glaubt Nicolaus le Cat, es durch einen Verſuch zeigen zu koͤnnen, daß die Seele al- lerdings Sachen verkehrt ſieht. Denn wenn man mit einem einzigen Auge ohne alle Aufmerkſamkeit und An- ſtrengung einen nichten Punkt betrachtet, und den Fin- ger, welchen man an der rechten Seite des offenen Au- ges haͤlt, gegen die linke Hand bewegt, ſo ſcheine alsdann uͤberhaupt der Finger (n), von der linken Seite gegen die rechte zu fahren, und ſo umgekehrt: und es zeige ſich in einem andern Verſuche eine kleine Nadel, welche man durch ein kleines Loch ſehe (o), wirklich verkehrt, uͤbri- gens ſehe die Seele im Auge und nicht an der wahren Stelle, ſo wie ſie es mit den Finger beruͤhrt (p).
Es macht dieſe Sache Schwierigkeiten, weil wir in einigen Exempeln grade ſehen, in andern verkehrt: Und weil wir durch eine leichte Verdrehung des Auges, Dinge convex ſehen, welche an Siegeln hohl ſind, und im Gegen- theil, wenn man grade ſiehet, ſo wie gemeiniglich das Vergroͤſſerungsglaß, bauchige Dinge hohl erſcheinen laͤſt (q), indem wir die Convexitaͤt von der Coneavitaͤt, blos durch die Laage des Schattens, auf der linken oder rech-
ten
(m)[Spaltenumbruch]pag. 299.
(n)pag. 419. 420.
(o)p. 507. 508. Beſiehe auch SCHEINER p. 146. 147.
(p)[Spaltenumbruch]pag. 429.
(q)Phil. tranſ. n. 476. n. 50.
P p p 5
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IV. Abſchnitt. Das Sehen.
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Erde und den ſichtbaren Menſchen, die ſich im Auge ab-
mahleten. Es erſcheinen die obern Punkte eines Objects
in der That auf dem unterſten Theile des Auges, abge-
mahlt, aber doch deutlich, wenn man das Auge in die
Hoͤhe hebt, und die untern Punkte, wenn man herab
ſieht (m), da dieſelben an dem obern Theile des Auges
gemahlt ſind. Wir nennen aber den Menſchen aufrecht,
deſſen Kopf von der Erde den weiteſten Abſtand machet,
und deſſen Fuͤſſe der Erde am naͤchſten ſind.
Dieſen Saͤzzen zuwider, glaubt Nicolaus le Cat, es
durch einen Verſuch zeigen zu koͤnnen, daß die Seele al-
lerdings Sachen verkehrt ſieht. Denn wenn man mit
einem einzigen Auge ohne alle Aufmerkſamkeit und An-
ſtrengung einen nichten Punkt betrachtet, und den Fin-
ger, welchen man an der rechten Seite des offenen Au-
ges haͤlt, gegen die linke Hand bewegt, ſo ſcheine alsdann
uͤberhaupt der Finger (n), von der linken Seite gegen
die rechte zu fahren, und ſo umgekehrt: und es zeige ſich
in einem andern Verſuche eine kleine Nadel, welche man
durch ein kleines Loch ſehe (o), wirklich verkehrt, uͤbri-
gens ſehe die Seele im Auge und nicht an der wahren
Stelle, ſo wie ſie es mit den Finger beruͤhrt (p).
Es macht dieſe Sache Schwierigkeiten, weil wir in
einigen Exempeln grade ſehen, in andern verkehrt: Und
weil wir durch eine leichte Verdrehung des Auges, Dinge
convex ſehen, welche an Siegeln hohl ſind, und im Gegen-
theil, wenn man grade ſiehet, ſo wie gemeiniglich das
Vergroͤſſerungsglaß, bauchige Dinge hohl erſcheinen laͤſt
(q), indem wir die Convexitaͤt von der Coneavitaͤt, blos
durch die Laage des Schattens, auf der linken oder rech-
ten
(m)
pag. 299.
(n) pag. 419. 420.
(o) p. 507. 508. Beſiehe auch
SCHEINER p. 146. 147.
(p)
pag. 429.
(q) Phil. tranſ. n. 476. n. 50.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 969. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/987>, abgerufen am 26.11.2024.
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